Teuerungsausgleich für Ordinationshilfen

Weil jede Landesärztekammer für sich beansprucht, selbst kollektivvertragsfähig zu sein, müssen neun unterschiedliche Kollektivverträge ausverhandelt werden.

Christoph Zeiselberger verhandelt die Kollektivverträge für Arzt-Assistent:innen und will die Länderregelungen vereinheitlichen. Das Einstiegsgehalt müsse zukünftig
zumindest 2.000 Euro brutto betragen, es brauche einheitliche Regelungen für Arbeitszeiten, Überstunden und Dienstverhinderungsgründe.

Als Wirtschaftsbereich-Sekretär für den Gesundheits- und Sozialbereich verhandelt Christoph Zeiselberger für die GPA die Kollektivverträge (KV) für mehr als 30.000 Arztassistent:innen, die in Österreich in Ordinationen, Labors oder Primärversorgungseinheiten – meist in Teilzeit – arbeiten.

Weil jede Landes-Ärztekammer das Recht in Anspruch nimmt, selbst kollektivvertragsfähig zu sein, müssen Zeiselberger und seine Kolleg:innen neun verschiedene KV verhandeln.

Zersplitterung des Kollektivvertrags

Diese Zersplitterung sowie die starke Abhängigkeit vom Arbeitgeber sieht der GPA-Verhandler als spezifische Probleme der Beschäftigtengruppe: „Auf den ersten Blick scheint die Situation oft zufriedenstellend. 80 bis 85 Prozent der Arzt-Assistent:innen werden über dem KV bezahlt, die Überzahlungen liegen zwischen 15 und 25 Prozent. Vor allem in den Labors ist das Gehaltsniveau höher als in den Arztpraxen.“

Bei genauerem Hinsehen offenbaren sich aber zahlreiche Probleme: „Ein Teil der Beschäftigten wird am KV bezahlt. Für jene vielen, die eine Überzahlung haben, gab es seit Jahren keine Gehaltserhöhung. Die Rahmenbedingungen der Beschäftigungsverhältnisse sind selten genau abgesteckt.“

Chistoph Zeiselberger verhandelt für die Gewerkschaft GPA mit den Vertreter:innen der Ärztekammern.
Foto: Daniel Novotny

Die Basisgehälter der größtenteils weiblichen Beschäftigten sieht Zeiselberger in manchen Bundesländern mittlerweile auf „einem herzeigbaren Niveau, das Problem sei die Uneinheitlichkeit der Erhöhungen: Wenn die Ist-Gehälter nicht mit der Inflationsrate steigen, haben die Menschen sofort einen Kaufkraftverlust.“ Es brauche daher einheitliche, verpflichtende und nachvollziehbare Gehalts-Schemata in den KV: „Auch bestehende Überzahlungen müssen entsprechend erhöht werden.“

Jahrelang keine Lohnerhöhung

Harmonisierte Rahmenbedingungen würden die Lage über alle Bundesländer hinweg vergleichbar machen und so die Position der Arbeitnehmer:innen stärken. „Viele Ärzt:innen wollen die Gehälter selbst vereinbaren. In der Praxis gibt es manchmal jahrelang keine Anpassungen für die Assistent:innen.“ Als Beispiel nennt Zeiselberger die beträchtliche Geldentwertung der beiden vergangenen Jahre: „Ohne Lohnerhöhung betrug der Kaufkraftverlust rund 16 Prozent. Niedrige Einkommen spüren dies noch viel stärker, weil sie den Großteil ihres Einkommens für Güter des täglichen Bedarfes ausgeben.“

„Die selbstverhandelten Gehälter halten nicht mit der galoppierenden Teuerung mit – das ist für die vielen teilzeitbeschäftigten Arzt-Assistent:innen ein Problem. Nur ein starker Kollektivvertrag gleicht die Teuerung aus.“

Christoph Zeiselberger


Lohnerhöhungen seien aber „kein Geschenk der Arbeitgeber:innen an die Beschäftigten, sondern stellen die Teilhabe am Wirtschaftswachstum dar: Gehaltssprünge gehören über vereinheitlichte KV institutionalisiert, damit die Assistent:innen nicht vom guten Willen der Ärzt:innen abhängig sind.“

Zeiselberger will bei den Beschäftigten das Bewusstsein dafür schärfen, wie wichtig das Bestehen eines KV für sie persönlich ist: „In Zeiten der Hochinflation sind jährliche Gehaltssteigerungen sehr relevant. Wir haben jetzt die Chance, Ungleichheiten auszubügeln und die Ist-Gehälter österreichweit anzugleichen.“ Richtschnur ist das Gehaltsniveau des Sozialwirtschafts-KV: „Selbst bei bestehenden Überzahlungen liegen Ordinationshilfen meist weit unter diesem Niveau. Das Ziel sind 2.000 Euro brutto monatlich als Einstiegsgehalt für eine Vollzeitstelle. Das haben wir in Salzburg verankert und damit in den letzten drei Jahren eine 33-prozentige Gehaltserhöhung
erreicht.“ Höhere Einstiegsgehälter würden als Anreiz für Qualifizierungen wirken.

Dienstfreistellungen

Zu einem sicheren und stabilen Arbeitsverhältnis gehören für den Gewerkschafter auch „abgesicherte Rahmenbedingungen der Beschäftigung wie Arbeitszeitregelungen und die Abgeltung von Überstunden: Hier bewegen sich Arzt-Assistent:innen vielfach in einem Graubereich, der von einem Naheverhältnis und einer direkten Abhängigkeit vom Dienstgeber geprägt ist.“ Daher müssten die Regelungen zu dienstfreien Tagen ebenso in den KV verankert werden, wie Dienstverhinderungsgründe: „Das bringt den Ordinationshilfen konkrete Vorteile, weil beispielsweise klar festgelegt ist, dass am ersten Schultag des Kindes frei ist und man nicht über die im Angestelltengesetz angeführten ‚wichtigen persönlichen Gründe‘ gesondert verhandeln muss.“

Arbeitszeit

Auch bei den Regelungen für die Abgeltung von Überstunden oder Rand-Dienstzeiten arbeitet Zeiselberger an einheitlichen Modellen: „Der 24. und 31. Dezember sollen – wie in Salzburg bereits verankert – für alle Assistent:innen in den Arztpraxen dienstfrei mit Entgelt werden. Hat eine Ordination am Abend geöffnet, steht den Beschäftigten ab 18 Uhr ein Zuschlag zu.“

Harmonisierte KV würden auch den Beschäftigten in den Primärversorgungszentren Vorteile bringen: „Es braucht ein nach Verwendungsgruppen differenziertes Gehaltsschema für Assistenzberufe, in dem sich auch Physiotherapeut:innen, Masseur:innen, Logopäd:innen oder Ergotherapeut:innen wiederfinden. Für Biomediziner:innen und andere medizin-technische Berufe mit umfassender Grundausbildung gehen wir von einem Grundgehalt von mehr als 3.500 Euro aus.“ Eine Arbeitszeitverkürzung auf die 37 Stunden Normalarbeitszeit des KV Sozialwirtschaft brächte zusätzlich langfristige Lohnsteigerungen.

Eine Übersicht über die geltenden Kollektivverträge, aktuellen Abschlüsse und neuen Verhandlungstermine gibt es hier.

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