Mit einem dreitägigen Streik erreichte die Belegschaft des Papiermaschinenherstellers KBA-Mödling, dass die Konzernführung die ursprünglichen Pläne für einen radikalen Personalabbau revidierte.
Die Hiobsbotschaft kam am 17. Dezember. An diesem Tag wurde die Belegschaft der KBA über den geplanten Abbau von 460 Arbeitsplätzen informiert. Bei einer Anfang Jänner einberufenen Betriebsversammlung in Mödling war sofort klar, dass die Beschäftigten diese Pläne nicht widerstandslos hinnehmen werden. In einer einstimmig beschlossenen Resolution wurden Verhandlungen über ein Unternehmenskonzept eingefordert, das dem Standort NÖ eine Zukunftsperspektive bietet. Unmissverständlich wurde klargestellt, dass man, wenn nötig, Kampfmaßnahmen ergreifen werde.
Welle der Solidarität
Besonders empörend fanden die Beschäftigten die Tatsache, dass der personelle Kahlschlag in Mödling erfolgen sollte obwohl dort jahrelang ein positiver Beitrag zum Gesamtkonzernergebnis geliefert wurde. „Das alles soll von einem Tag auf den anderen nichts mehr wert sein? Wir werden vor vollendete Tatsachen gestellt. So eine Vorgangsweise können wir uns nicht gefallen lassen“, bringt es ein Kundgebungsteilnehmer auf den Punkt.
Hautnah zu spüren bekamen die Vorstände des Unternehmens die Stimmung aus Zorn und Enttäuschung bei der Aufsichtsratssitzung am 24. Jänner. Neben den Arbeitern und Angestellten der Unternehmen aus Mödling und Ternitz fanden sich auch Hunderte Angehörige und EinwohnerInnen der Region vor dem Firmengelände ein, um ihren Protest zum Ausdruck zu bringen. Volle Unterstützung kam von den Gewerkschaften PRO-GE und der GPA-djp sowie von der AK-NÖ. Auch viele Betriebsratskörperschaften anderer Betriebe bekundeten ihre Solidarität.
Signal über die KBA hinausNachdem auch die Gespräche im Anschluss an die Aufsichtsratssitzung kein akzeptables Ergebnis brachten, trat die Belegschaft der KBA-Mödling am 6. Februar in einen unbefristeten Streik. Obwohl die Konzernleitung einen unglaublichen Druck auf die Streikenden ausübte und auch eine persönliche Haftung für entstandene Kosten ins Spiel brachte, geriet die Streikfront niemals ins Wanken. „Es war sehr beeindruckend, wie diszipliniert und gut organisiert die Beschäftigten diesen Arbeitskampf führten. Das war ein gewaltiges Zeichen von Stärke und Solidarität“, betonte der Vorsitzende der GPA-djp, Wolfgang Katzian, der vor der versammelten streikenden Belegschaft die Solidarität der Gewerkschaftsbewegung versicherte.
Der Arbeitskampf brachte letztendlich das Ergebnis, dass die Zahl der angekündigten Kündigungen reduziert wurde, sodass zumindest 365 Arbeitsplätze gesichert werden konnten. Die im Rahmen der Restrukturierung geplanten Kündigungen werden nicht vor 1. Juli 2014 ausgesprochen, und der Vorstand stimmt einem Sozialplan mit einer Laufzeit von fünf Jahren zu. Der Sozialplan wurde zwischenzeitlich ausverhandelt, ein Erfolg der großen Geschlossenheit und der Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften und der AK Niederösterreich. „Jeder Arbeitsplatz, der verloren geht, ist einer zu viel. Das Ergebnis hat aber doch eines gezeigt, dass sich solidarisches gemeinsames Kämpfen für ein Ziel gerade heute lohnt. Das Zeichen der Stärke, das die Beschäftigten damit gesetzt haben, ist ein Signal, das weit über das Unternehmen KBA Mödling hinaus wirkt“, so der stv. Bundesgeschäftsführer der GPA-djp Karl Proyer.
Interview mit dem Angestellten-Betriebsrat der KBA-Mödling, Manfred Prokop Interview mit dem Angestellten-Betriebsrat der KBA-Mödling, Manfred Prokop Klare Antwort der Belegschaft
KOMPETENZ: Streiks gegen Personalabbaupläne eines Konzerns stehen in Österreich nicht unbedingt auf der Tagesordnung. Was hat euch die Kraft gegeben, diesen mutigen Weg einzuschlagen?
Prokop: Es war die Entscheidung und die Antwort der Belegschaft gegen die rigorosen Verlagerungspläne und somit Personalanpassungspläne des Konzerns. Niemand am Standort versteht die Entscheidung, dass eine gewinnbringende Firma so derartig zur Kassa gebeten wird.
KOMPETENZ: Gab es auch Situationen, wo Zweifel aufkamen?
Prokop: Es gibt sehr wohl kritische Stimmen, die behaupten, dass wir zu früh aufgehört haben zu streiken. Wir Betriebsräte sehen es aber so, dass das Kapital, das für Pönalzahlungen bzw. Lieferausfälle aufgewendet hätte werden müssen, lieber in einen guten Sozialplan investiert werden soll.
KOMPETENZ: Wie ist es gelungen, dass sich auch Angestellte der Führungsebene beteiligten?
Prokop: Es ist jedem bewusst, dass die Situation eine geschlossene Solidarität verlangt, um nicht der Nächste zu sein, der seinen Job verliert, weil sein Arbeitsplatz nach Deutschland verlagert wird.
KOMPETENZ: Welche Herausforderungen siehst du jetzt aktuell nach der Einigung und der Beendigung des Streiks?
Prokop: Die größte Herausforderung wird sein, die 75 Arbeitsplätze, die wir zusätzlich ausverhandelt haben, zu erhalten und zu kontrollieren, in welchen Abteilungen diese verbleiben werden. Wir wollen so viele Maschinen wie möglich am Standort halten. Maschinen bedeuten zugleich Arbeitskräfte und somit Know-how am Standort. Know-how und Erfahrung ist unsere Stärke. Eine weitere Herausforderung ist, dass für die KollegInnen, die trotz allem ihren Arbeitsplatz verlieren werden, ein guter Sozialplan und eine Arbeitsstiftung gegründet werden müssen. Beides soll eine Unterstützung darstellen, um die Zeit finanziell zu überbrücken und durch Fortbildung die Wiedereingliederung in den Arbeitsprozess zu erleichtern. Das sind die Themen, die uns in den zurzeit stattfindenden Verhandlungen beschäftigen.