Die Corona Krise hat alle Beschäftigten in Österreich ebenso hart wie unerwartet getroffen. Besonders schwer haben es allerdings jene, die schon vor der Krise prekär beschäftigt waren.
Die Präventivmaßnahmen gegen die Verbreitung des Virus, haben wesentliche Teile der Wirtschaft zeitweise zum völligen Erliegen gebracht. Während viele der Hilfsinstrumente lange auf sich warten ließen, war das von den SozialpartnerInnen verhandelte neue Kurzarbeitsmodell ein schneller Lichtblick, der bis heute über 1,3 Millionen Beschäftigte vor der Arbeitslosigkeit bewahrt. Und neu ist an diesem Modell auch vor allem eines – die Kurzarbeit gilt erstmals auch für atypisch Beschäftigte wie Zeitarbeitskräfte und Freie DienstnehmerInnen. Andere Unterstützungsangebote wie der Härtefallfonds für Selbstständige entpuppen sich hingegen eher als Enttäuschung.
Dabei waren viele der entstanden Probleme absehbar, denn was die Krisen der Vergangenheit bereits gezeigt haben, hat sich auch bei dieser wieder bewiesen. Unternehmen schützen ihre Kernbelegschaft wesentlich stärker, als die sogenannte „Randbelegschaft“. Für die zugehörigen der Randbelegschaft ist diese Praxis allerdings besonders bedrohlich, da sie durch ihr geringeres Einkommen und in der Regel auch kürzere Zeit im Unternehmen zumeist über geringere Rücklagen und Beiträge in der Arbeitslosenversicherung verfügen. Atypisch Beschäftigte wurden vor Corona im Schnitt um 25 Prozent schlechter entlohnt, von den rund 314.000 Ein-Personen-Unternehmen (EPU) in Österreich, haben überhaupt nur 1147 in ihre freiwillige Arbeitslosenversicherung eingezahlt und vielen der befristet Beschäftigten fehlt es an den nötigen Beitragszeiten um Anspruch zu haben. Geringfügig Beschäftigte dürfen nicht einmal freiwillig in die Arbeitslosenversicherung optieren und können nicht zur Kurzarbeit angemeldet werden. Zusammengefasst lässt sich feststellen: Wer vor der Krise bereits prekär beschäftigt war, ist nun erst recht.
Das zeigt sich auch in den Arbeitsmarktdaten, so waren beispielweise die Beschäftigungseinbußen im Bereich des Arbeitskräfteverleihs besonders hoch. Innerhalb von nur einem Monat, von März auf April, verringerte sich Zahl der Beschäftigten um 25,8 Prozent, das entspricht 25.326 Personen die ihren Job verloren haben. Lautete noch vor wenigen Monaten die Schlagzeilen „Erstmals Hunderttausend Leiharbeitskräfte in Österreich“, sind es jetzt nur noch 72.835 – obwohl sehr viele überlassene Beschäftigte auch zur Kurzarbeit angemeldet wurden. Wie düster es ohne Kurzarbeit aussehen würde, lässt sich daran erahnen, dass ihre Branche auch beim Anteil der Beschäftigten in Kurzarbeit im oberen Drittel rangiert. Und auch in anderen Branchen mit einer traditionell hohen Fluktuation an Beschäftigten, wie der Gastronomie, dem Unterhaltungsbereich oder am Bau kam es zu gewaltigen Einbrüchen, da sich Sätze wie „Wer zuletzt kommt geht zuerst“ dort besonders schnell bewahrheiten.
Kleine Selbstständige, denen von einer Woche auf die andere nahezu sämtliche Aufträge weggebrochen sind und die in der Folge mit leeren Händen und ohne weitere zu erwartende Einnahmequelle dastehen, hatten große Hoffnung auf den Härtefallfonds der Regierung gesetzt. Immerhin hieß es, dass niemand zurückgelassen werden würde „koste es was wolle“. In der ersten Förder-Phase waren die Kriterien allerdings so extrem streng und starr festgelegt, dass die wenigsten einen Antrag stellen konnten und auch in der zweiten Förder-Phase sieht es für breite Gruppen unter den EPU immer noch schlecht aus. Ähnliches gilt leider auch für den Familienfonds der Regierung, der zudem mit nur 13 Millionen Euro dotiert wurde und alle Familien ausschließt, in denen die Eltern bereits vor der Krise in finanzieller Not oder arbeitslos waren.
Doch unsichere und instabil organisierte Beschäftigte haben auch einen wesentlichen Einfluss auf ganze Branchen gezeigt, die jetzt auch zu groben Problemen in unserer Infrastruktur führen. Dass beispielsweise 24-Stunden-BetreuuerInnen – wenn auch durch die Rechtslage legitimiert – strukturell in scheinselbstständigen Verträgen arbeiten müssen, führt nun auch dazu, dass viele Familien ohne Hilfe für ihre älteren Angehörigen dastehen. Dass ErntehelferInnen nicht mehr zu Hungerlöhnen aus dem Ausland angeworben werden können, führt zu Lücken in der Ernte und wo prekär Beschäftigte auch krank zur Arbeit gehen müssen, verbreitet sich das Virus schlagartig. Denn prekäre Arbeit macht krank – jetzt zu Zeiten von Corona stellt das ein hohes Risiko für uns alle dar. Bleibt zu hoffen, dass sich diese Erkenntnis nun so weit durchsetzt, dass sie auch zu einem besseren arbeits- und sozialrechtlichen Schutz für alle Beschäftigten führt, unabhängig davon unter welcher Vertragsform sie arbeiten.
Schließlich biete jede Krise auch die Chance für positive Veränderungen, eine Chance, die wir uns keinesfalls entgehen lassen dürfen. Die Forderungen der GPA-djp dazu lagen schon vor der Krise auf dem Tisch: Die Begrenzung von Zeitarbeitskräften auf maximal 10 Prozent der Belegschaft, ein Verbot von befristeten Verträgen ohne sachliche Rechtfertigung, die arbeitsrechtliche Gleichstellung von Freien DienstnehmerInnen mit allen anderen Beschäftigten, die Aufnahme von PraktikantInnen in das Allgemeine Sozialversicherungsrecht und vieles mehr ist höchst an der Zeit! Wenn die Regierung will, dass wir uns aus der Krise wieder heraus konsumieren und wir die heimische Wirtschaft mit unserem Konsum unterstützen, dann muss sie auch sicher stellen, dass sich diesen Konsum so viele wie möglich von uns leisten können.