Dass Unternehmen mit Betriebsrat besser durch die Krise kommen, zeigt eine aktuelle Studie des IFES Instituts im Auftrag von ÖGB und AK
Die COVID-19-Krise ist für alle, aber vor allem für die ArbeitnehmerInnen ein deutlicher Einschnitt.
Der Arbeitsalltag von Millionen Beschäftigten in Österreich änderte sich durch den Lockdown oder durch Hygiene- und Abstandsregeln schlagartig. Um einen Einblick in diese Veränderung zu bekommen, wurden 1.800 Betriebsratsvorsitzende österreichweit befragt, wie ihr Unternehmen die Corona-Krise bewältigt. Und es hat sich gezeigt: Betriebe und Unternehmen mit BetriebsrätInnen waren und sind in dieser Krisensituation eindeutig besser aufgestellt. Das ist eine der zentralen Aussagen der Studie.
Die BetriebsrätInnen berichten, was ihre Unternehmen unternommen haben, um der Ausnahmesituation entgegenzuwirken, wie sie die Zukunft ihrer Betriebe einschätzen, und welche Probleme sie auf ihren Betrieb und ihre Tätigkeit als ArbeitnehmerInnenvertretung zukommen sehen.
Nur 9 Prozent der Unternehmen mussten sich von Beschäftigten trennen
Jedes zweite Unternehmen war sehr stark bzw. stark von der Krise betroffen. Eines zeigt sich jedoch ganz klar: Einschneidende Schritte wie Kündigungen konnten größtenteils vermieden werden. Laut den befragten BetriebsrätInnen mussten sich nur neun Prozent der Unternehmen von MitarbeiterInnen trennen. Einsparungsmaßnahmen und organisatorische Veränderungen standen bei rund der Hälfte der Betriebe am Plan. Wo Kündigungen nicht verhindert werden konnten, waren sie in Betrieben mit Betriebsrat von höherer sozialen Verantwortung begleitet.
Je besser die Zusammenarbeit mit den BetriebsrätInnen funktionierte, desto weniger mussten drastische Maßnahmen wie Kündigungen und Einsparungen vorgenommen werden, dennoch sehen die
BetriebsrätInnen trotz der verstärkter Kommunikation Probleme im Betrieb.
Die Krise erwirkte weitere Verschärfung des Arbeitsdrucks. 48 Prozent sahen den Arbeitsdruck auf dem Level vor der Krise. 43 Prozent sahen den Druck in der Krise weiter steigen. Auch das Betriebsklima litt unter der Krise. Home-Office und die dadurch gegebene physische Trennung von den KollegInnen könnte ebenfalls eine Erklärung für das schlechtere Betriebsklima sein.
Die wirtschaftliche Lage der betriebsrätlich organisierten Betriebe ist weiterhin gut, nur 13 Prozent
bescheinigen ihrem Betrieb Liquiditätsprobleme.
Arbeitsplatzretter Kurzarbeit
61 Prozent der betriebsrätlich organisierten Betriebe setzten auf die von den Sozialpartnern rasch und unbürokratisch verhandelte Kurzarbeit: Bei 61 Prozent der Unternehmen kam sie zum Einsatz. Von diesen 61 Prozent waren durchschnittlich ebenfalls 61 Prozent der Beschäftigten von der Kurzarbeit betroffen. Im Großteil der Betriebe waren mindestens drei Viertel der Belegschaft von der Kurzarbeit betroffen. Großbetriebe nutzten zwar häufiger das Kurzarbeitsmodell (68 Prozent), schickten aber nur knapp die Hälfte der Beschäftigten in Kurzarbeit (54 Prozent). Am anderen Ende des Spektrums zeigt sich genau das Gegenteil. 55 Prozent der Betriebe mit unter 50 MitarbeiterInnen nutzen diese Möglichkeit. In diesen Betrieben wurden rund 68 Prozent der Beschäftigten in Kurzarbeit geschickt.
Kaum Lohnkürzungen mit Betriebsrat
Weitere Top-Maßnahmen in der Krise waren Homeoffice und Abbau von Urlaub oder Gutstunden.
Erfreulicherweise konnten dank des Einsatzes der BetriebsrätInnen Lohn- oder Arbeitszeitkürzungen ebenso großflächig vermieden werden (nur bei sieben Prozent gab es Kürzungen). Das Know-how und die Unterstützung der BetriebsrätInnen sind auch in der Krise gefragt: Acht von zehn sagen, dass sie gut in die Entscheidungen zu den COVID19-Maßnahmen eingebunden waren. Die Daten zeigen, dass Unternehmen mit Betriebsrat bisher gut durch die Krise gekommen sind.
Kein Ende der schweren Zeiten in Sicht
Dass die Krise uns noch weiter begleiten wird, steht für die Befragten außer Zweifel: Bei jeweils rund einem Drittel der Umfrage-TeilnehmerInnen werden aktuell Einsparungsprogramme umgesetzt bzw. Umstrukturierungen vorgenommen. Viele rechnen auch damit, dass Weiterbildungen für MitarbeiterInnen oder Nach- und Neubesetzungen auf die lange Bank geschoben werden.
Ein Ergebnis der Befragung ist, dass die Krise rund die Hälfte der betriebsrätlich organisierten Betriebe teilweise stark getroffen hatte. Durch Maßnahmensetzung in guter Kooperation mit dem Betriebsrat blicken aber nur 15 Prozent der Betriebe in eine problematische Zukunft.
Für die Zukunft wird Home-Office weiterhin ein Thema bleiben. Zudem wird erwartet, dass die Beschäftigten künftig mit Kündigungen, Investitionsstopp und Aufnahmestopp konfrontiert sind. Diese
Gefahren sehen rund ein Viertel bis ein Fünftel der BetriebsrätInnen auf sich zukommen.