Wer soll für Europas Zukunft zahlen?

Beschäftigte und Gewerkschaften in Österreich kämpfen 2025 um Lohnabschlüsse, die die Inflation abdecken, während das Vermögen von Superreichen um 13% anstieg.

Das Jahr 2025 ist ein Rekordjahr für die Superreichen. Laut einer Studie der Schweizer Großbank UBS und des Beratungsunternehmens PwC erreichten die Vermögen der weltweiten Milliardärinnen und Milliardäre einen neuen Höchststand: 15,8 Billionen Dollar, das ist ein Plus von 13% gegenüber dem Vorjahr.

Vermögenszuwächse von weit über 20% bei Milliardär:innen

Besonders stark gewachsen sind 2025 die Vermögen von Tech-Milliardären wie Mark Zuckerberg (Meta), Larry Ellison (Oracle) oder Jensen Huang (Nvidia) – um 23,8%. Bei Unternehmern aus dem Industriesektor wie Elon Musk oder den Gründern des chinesischen Elektroautoherstellers BYD fiel die Bereicherung mit 27,1% sogar noch höher aus.

In der Europäischen Union leben 537 Milliardär:innen mit einem Gesamtvermögen von 2,4 Billionen Euro. Deutschland hat 156 Milliardär:innen, in Österreich leben laut der Forbes-Liste etwa zehn.

Es gab Jahrzehnte, in denen Regierungen gegen solche übergroße Vermögenskonzentration aktiv vorgingen: Progressive Steuerpolitik sorgte etwa zwischen 1950 und 1980 für einen relativen Ausgleich und ermöglichte es großen Teilen der Bevölkerung, vor allem in Europa, ihren Lebensstandard deutlich zu erhöhen. Die Frage ist heute nicht, ob wir gegensteuern können – sondern wie.

Wer trägt bereits genug bei? Nur fast alle.

Bei einer Besteuerung sehr großer Vermögen geht es…

  • nicht um Häuslbauer:innen und Eigenheimbesitzer:innen,
  • nicht um Menschen, die von der Eltern- oder Großelterngeneration mühsam Erspartes erben
  • und nicht um gut verdienende Arbeitnehmer;innen, denn auch für ihre Löhne kämpfen Gewerkschaften.
  • Es geht auch nicht um erfolgreiche Selbstständige und Eigentümer:innen kleiner und mittlerer Unternehmen, die ihr Vermögen mit Fleiß und Geschick erarbeitet haben.

Lohnabhängige Beschäftigte tragen bereits jetzt den Großteil der Steuerlast: 80 von 100 Euro an Steuereinnahmen in Österreich stammen aus Steuern auf Arbeit und Konsum. Bei einer Mindeststeuer auf sehr große Vermögen geht es um Vermögen ab 100 Millionen oder einer Milliarde Euro. In Österreich würde das unter 0,01% der Bevölkerung, also weniger als 900 Personen betreffen.

Das Ziel ist nicht, die Steuerlast für arbeitende Menschen zu erhöhen, sondern im Gegenteil: dafür zu sorgen, dass die Reichsten einen angemessenen Beitrag leisten.

Millionärssteuer: Ein Modell der Gewerkschaft GPA!

Eine Besteuerung sehr großer Vermögen ist dringend notwendig. Doch wie würde eine Millionärssteuer laut Gewerkschaft GPA aussehen? Und wie würde sich so eine Steuer berechnen?

Hier kannst du alles darüber nachlesen!

Superreiche und die Wegoptimierung der Steuerlast

Die Forschung der EU-Steuerbeobachtungsstelle (EU Tax Observatory) zeigt ein schäbiges Bild: Milliardär:innen haben effektive Steuersätze von nur 0 bis 0,5% ihres Vermögens. Es sind nicht ihre Beiträge, sondern jene von Beschäftigten wie in Österreich, die unsere Gesellschaft am Laufen halten.

Viele Superreiche strukturieren ihr Vermögen so, dass es kaum steuerpflichtiges Einkommen generiert, etwa mit Holdinggesellschaften und anderen Konstruktionen zur Steuervermeidung. Dieses „gebundene“ Vermögen wird dann gerne für die Behauptung genutzt, man könnte die Steuer überhaupt nicht bezahlen. Gabriel Zucman, Leiter der EU-Steuerbeobachtungsstelle, bringt es auf den Punkt: „Wenn Milliardäre behaupten, keine Liquidität zu haben, dann deshalb, weil sie ihre eigene Illiquidität organisieren.“

Wer übernimmt die Rechnung?

Die ungerechte Verteilung der Steuerlast ist nicht nur eine Frage der Fairness. Sie destabilisiert Gesellschaften. Wenn die Reichsten kaum Steuern zahlen, fehlen die Mittel für Bildung, Gesundheitsversorgung, Infrastruktur, aber auch Sicherheit und Verteidigung. Die Folge: Entweder muss der Rest der Bevölkerung mehr zahlen oder an den Leistungen wird gekürzt.

Die aktuellen Herausforderungen erfordern dabei erhebliche Investitionen: Ca. 800 Milliarden Euro jährlich für die Wettbewerbsfähigkeit der EU, ca. 250 Milliarden Euro jährlich für Verteidigung und Sicherheit. Diese Summen sind hoch, sie sind aber auch verfügbar. Schmerzhaft teuer werden die benötigten Beträge nur, wenn man weiterhin versucht, sie den Beschäftigten abzupressen.

Erfolgsbeispiele und Vorschläge für weitere Schritte

Dass internationale Steuerkooperation auch bei lange als unlösbar geltenden Problemen funktionieren kann, zeigen jüngste Erfolge. 2021 einigten sich über 140 Staaten auf eine globale Mindeststeuer von 15% für große multinationale Unternehmen. Seit 2024 wird diese Steuer in etwa 30 Ländern angewendet. Österreich erwartet daraus Einnahmen von rund 100 Millionen Euro.

Auch beim automatischen Informationsaustausch zwischen Banken und Steuerbehörden wurden erhebliche Fortschritte erzielt. Offshore-Steuerhinterziehung durch vermögende Privatpersonen ist seit Einführung des automatischen Informationsaustauschs 2017 um zwei Drittel gesunken.

Diese Erfolge sind keine Selbstverständlichkeit, sondern das Ergebnis politischen Willens und internationaler Zusammenarbeit. Sie zeigen: Was bei multinationalen Konzernen gelungen ist, kann auch bei der Besteuerung sehr großer Vermögen gelingen. Die technischen Instrumente und Erfahrungen aus der Konzernbesteuerung können als Blaupause dienen.

Aktueller Vorschlag: 2% ab einer Milliarde

Gabriel Zucman von der EU-Steuerbeobachtungsstelle hat einen konkreten Vorschlag: eine Mindeststeuer von zwei Prozent auf Vermögen ab einer Milliarde Euro.

Wer bereits zwei Prozent oder mehr seines Vermögens an Einkommensteuer und anderen persönlichen Steuern zahlt, muss nichts zusätzlich zahlen. Nur wer weniger als zwei Prozent zahlt, muss die Differenz aufstocken. Es handelt sich also nicht um eine Mehrfachbesteuerung, sondern um eine Mindeststeuer, die sicherstellt, dass auch die Reichsten einen angemessenen Beitrag leisten.

Es tut sich was: weltweit und in Europa

Auf internationaler Ebene ist bereits einiges in Bewegung. Die G20-Staaten haben im November 2024 vereinbart, bei der effektiven Besteuerung von Personen mit sehr hohem Vermögen zusammenzuarbeiten.

In Frankreich wird bereits gewerkt: Im Februar 2025 stimmte die französische Nationalversammlung für eine Mindeststeuer von zwei Prozent für Personen mit Vermögen über 100 Millionen Euro. Spanien hebt seit drei Jahren eine Solidaritätssteuer auf Vermögen ab drei Millionen Euro ein, die 2023 insgesamt 2,2 Milliarden Euro einbrachte.

Die EU-Kommission hat eine Studie zur Effektivität von vermögensbezogenen Steuern in Auftrag gegeben, deren Ergebnisse in Kürze vorliegen sollen.

Steuergerechtigkeit stärkt Wettbewerbsfähigkeit und stabilisiert Gesellschaften…

In der EU wie auch in Österreich ist klar: Unsere Wirtschaft wird stark von kleinen und mittleren Unternehmen getragen, deren Motor wiederum die Beschäftigten sind. Eine faire Besteuerung großer Konzerne und ihrer superreichen Eigentümer:innen nützt auch den KMU, die im Wettbewerb bisher benachteiligt sind, weil sie die vollen Steuersätze zahlen müssen, während Großkonzerne durch aggressive Steueroptimierung ihre Lasten drücken können.

Ein funktionierendes, als fair empfundenes Steuersystem stärkt das Vertrauen in demokratische Institutionen und den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Wenn Menschen sehen, dass auch die Reichsten ihren Beitrag leisten, steigt die Bereitschaft, selbst Steuern zu zahlen und öffentliche Institutionen zu unterstützen.

…wenn der politische Wille dazu vorhanden ist.

Die Geschichte zeigt, dass dies möglich ist. Nach beiden Weltkriegen finanzierten europäische Länder den Wiederaufbau durch progressive Besteuerung der Vermögenden. Diese Politik ermöglichte nicht nur den wirtschaftlichen Aufschwung, sondern schuf auch die Grundlage für breiten Wohlstand und soziale Sicherheit großer Teile der Bevölkerung. Was damals gelang, kann auch heute gelingen, wenn der politische Wille dazu vorhanden ist.

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