Faktencheck: Pensionssystem

Wir brauchen mehr altersgerechte Arbeitsplätze, damit die Menschen länger im Erwerbsleben bleiben. (Bild: Gina Sanders - Fotolia.com)
Wir brauchen mehr altersgerechte Arbeitsplätze, damit die Menschen länger im Erwerbsleben bleiben. (Bild: Gina Sanders – Fotolia.com)

Trotz wiederkehrender Diskussionen ist die Finanzierung unseres Pensionssystems gesichert. Die Produktivität steigt, der Anteil älterer Erwerbstätiger nimmt zu. Private Versicherer verunsichern um ihre Vorsorgeprodukte zu verkaufen.

Alle Jahre kehrt die Pensionsdiskussion wieder. Selbsternannte Experten posaunen die Unfinanzierbarkeit des staatlichen Pensionssystems in die Welt und versuchen die Menschen Finanzdienstleistern in die Arme zu treiben, die private Zusatzpensionen verkaufen wollen.

Die Befürworter einer radikalen Pensionsreform haben zwei – sich widersprechende – Hauptbotschaften: Erstens, das Pensionssystem ist viel zu teuer. Zweitens, die Pensionen werden künftig zu niedrig sein, um davon den Lebensstandard im Alter aufrechthalten zu können. Nach Meinung der GPA-djp sind beide Behauptungen falsch. Hier die wichtigsten Aussagen zum Pensionssystem und zum Pensionskonto im Faktencheck:

Behauptung: Das Pensionssystem ist zu teuer

Faktencheck: Es ist richtig, dass die Ausgaben für das öffentliche Pensionssystem in den letzten Jahrzehnten gestiegen sind, aber sie sind keineswegs explodiert. Der Anteil des gesamtwirtschaftlichen Einkommens (BIP), den die Gesellschaft für Pensionen ausgibt, hat sich relativ unspektakulär entwickelt. Wenn man die gesamten öffentlichen Pensionsausgaben inklusive BeamtInnenpensionen betrachtet, lagen diese 2010 bei 14,1% des BIP. Davon mussten aber 26% der Bevölkerung leben. Es ist also nicht so, dass die PensionistInnen einen überproportionalen Teil des gesamtwirtschaftlichen Wohlstands bekommen.

Behauptung: Das Pensionssystem muss unfinanzierbar werden, weil der „Altenanteil“ immer mehr zunimmt.

Faktencheck: Die Tatsache, dass die Menschen älter werden, ist keineswegs neu. Die Ausgaben der Pensionsversicherung werden aber wesentlich geringer steigen als der Anteil der Menschen über 65. Das ist u.a. darauf zurückzuführen, dass die Beamtenpensionen mit dem Pensionsrecht der ArbeiterInnen und Angestellten harmonisiert werden und dass das Frauenpensionsalter an das der Männer angeglichen wird. Außerdem trägt die Pensionsberechnung der längeren Lebenserwartung Rechnung: Die Pensionshöhe bemisst sich am Lebensdurchschnittseinkommen, man benötigt für einen bestimmten Prozentsatz des Durchschnittseinkommens mehr Jahre als früher.

Obwohl der Anteil der über 65 Jährigen an der Bevölkerung von 17,9% 2012 auf 24% 2030 stark steigen wird, steigt der Anteil der Pensionsausgaben am BIP wesentlich geringer. Die Pensionsausgaben werden voraussichtlich von 14,1% 2010 auf 15,1% 2020 steigen. Das ist eine maßvolle Entwicklung, die für Horrorszenarien nichts hergibt.

Dass der Anteil der Pensionsausgaben am BIP zunehmen wird, ist nicht problematisch, sondern notwendig und sinnvoll. Es ist aus Gründen der Generationengerechtigkeit richtig, künftig einen höheren Anteil am BIP für Pensionen auszugeben, wenn der Anteil der PensionistInnen an der Bevölkerung steigt.

Behauptung: Das Defizit im Pensionssystem wird immer größer. Ein immer höherer Tewil der Pensionen muss mit Steuermitteln subventioniert werden.

Faktencheck: Neben den zweckgebundenen Pensionsversicherungsbeiträgen der ArbeitnehmerInnen und Arbeitgeber werden die Pensionen zu einem Teil auch aus Steuermitteln, dem sogenannten Bundesbeitrag, finanziert. Der Bundesbeitrag deckt etwa ein Viertel der Pensionsausgaben. Anders gesagt: Die Pensionen sind zu ¾ durch die Pensionsversicherungsbeiträge gedeckt. Am höchsten ist der Eigenfinanzierungsgrad bei den ArbeiterInnen und Angestellten. Deutlich geringere Deckungsquoten haben die Systeme der Bauern und Selbständigen. Dass es einen derartigen Zuschuss aus dem Budget gibt, ist seit Anfang des Pensionssystems vorgesehen. Das ist keine unvorhergesehene oder ungewollte Defizitabdeckung, sondern eine bewusste Finanzierungsquelle zur Absicherung des staatlichen Pensionssystems. Durch die Einbeziehung von Steuermittel erfolgt eine Verbreiterung der Finanzierungsbasis.

Behauptung: Die Erwerbsquote älterer ArbeitnehmerInnen ist viel zu gering, weil die Menschen möglichst früh in Pension gehen wollen.

Faktencheck: Die Erwerbsquote älterer ArbeitnehmerInnen ist ein wichtiger Faktor der Finanzierung unseres Pensionssystems. In Österreich ist sie im internationalen Vergleich noch relativ gering, aber sie ist in den letzten 10 Jahren kontinuierlich und deutlich gestiegen.

Für die Finanzierbarkeit des Sozialsystems kommt es aber letztlich auf die insgesamte Beschäftigungsquote über alle Altersgruppen an. Bei der Gesamtbeschäftigungsquote

liegt Österreich 2012 innerhalb der EU an vierter Stelle: 72,5% waren beschäftigt, was deutlich über dem EU Schnitt von 64,1% liegt.

Die Erwerbsanreize sind mit dem neuen Pensionskontorecht sehr hoch. Nun muss noch der Arbeitsmarkt so reformiert werden, dass es genügend altersgerechte Arbeitsplätze gibt. Mit einem Bonus-Malussystem sollen die Unternehmen dazu gebracht werden, mehr Menschenc über 55 zu beschäftigten. Es muss gelingen, die Beschäftigungsquote der älteren ArbeitnehmerInnen zu erhöhen, ohne dass dadurch die Arbeitslosigkeit ansteigt.

Wenn man später in Pension geht, hat das erhebliche Auswirkungen auf die Pensionshöhe. Die Pensionshöhe steigt pro Jahr des verschobenen Pensionsantritts um ca. 8%. Wer also mit 65 Jahren statt mit 62 in Pension geht, hat eine Pension, die ca. um ein Viertel höher ist.

Behauptung: Mit der Einführung des Pensionskontos werden viele eine böse Überraschung erleben. Die Menschen werden sehen, dass sie nur geringe Pensionen zu erwarten haben.

Faktencheck:  2014 wird für die Versicherten ab Jahrgang 1955 bei der Pensionsversicherung ein Pensionskonto eingerichtet, das den Pensionsanspruch zeigt, den man schon erworben hat.

Auf dem Pensionskonto ist immer der Anspruch auf die Bruttopension angeführt. Der Pensionsanspruch wird aufgrund einer einfachen Formel ermittelt: Pro Versicherungsjahr erwirbt man einen Pensionsanspruch von 1,78% des Einkommens in diesem Jahr.

Beispiel

Wenn man beispielsweise in einem Jahr 2000 EUR monatlich verdient, erwirbt man dadurch in diesem Jahr einen monatlichen Pensionsanspruch von 35,6 EUR (1,78% von 2.000 EUR). Würde man 40 Jahre 2.000 EUR verdienen, erwirbt man einen monatlichen Pensionsanspruch von 1.424 EUR.

Das Pensionskonto wird den Menschen ihren jeweiligen (Brutto)Pensionsanspruch zeigen, der bereits erworben wurde. Wenn jemand erst wenige Versicherungsjahre hat, ist die bereits erworbene Pension logischerweise noch gering. Man muss also bedenken, dass der Anspruch durch jedes zusätzliche Versicherungsjahr weiter anwächst.

Das Pensionskonto stabilisiert das öffentliche System. Künftige Regierungen werden sich hüten, rückwirkend in die erworbenen Ansprüche der Versicherten einzugreifen. Das würden alle durch eine Verschlechterung ihres Pensionsanspruches am Pensionskonto sofort merken.

Langfassung unter: http://bildung.gpa-djp.at/2013/12/09/zur-finanzierbarkeit-des-pensionssystems/

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