Maschinensteuer? Wertschöpfungsabgabe? Verschiedene Begriffe schwirren durch die Medien. Wir geben die wichtigsten Antworten.
Warum ist eine Wertschöpfungsabgabe notwendig?
Derzeit wird das Sozialsystem fast ausschließlich über Abgaben auf Löhne und Gehälter finanziert. Entweder direkt, durch ArbeitnehmerInnen- und Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung, zum Familienlastenausgleichsfonds usw. Oder indirekt, denn auch der größte Teil des Steueraufkommens kommt durch die Lohnsteuer herein. Würde man das Sozialsystem erst heute erfinden, würde man wohl kaum auf die Idee kommen, hauptsächlich Beiträge aus Arbeit dafür zu verwenden.
Warum ist jetzt der richtige Zeitpunkt für eine Wertschöpfungsabgabe?
Immer mehr ArbeitnehmerInnen werden durch Maschinen, Roboter und Computer ersetzt. Die Arbeitslosigkeit steigt, immer mehr Menschen arbeiten Teilzeit oder in atypischer Beschäftigung. Der Anteil der Arbeitseinkommen sinkt, derjenige der Kapitaleinkommen steigt. Mit Spekulation lässt sich viel Geld verdienen, ohne dass darauf Sozialabgaben anfallen. Darauf ist das Sozialsystem nicht vorbereitet. Um es zu sichern, müssen wir die Finanzierung verbreitern und auch andere Komponenten als nur Löhne und Gehälter heranziehen.
Müssten auch internationale Konzerne zahlen oder kämen die wieder einmal davon?
Auch internationale Konzerne, die regelmäßig mit ihren Steuervermeidungs-Modellen in den Medien zu finden sind, kämen an einer Wertschöpfungsabgabe nicht vorbei. Denn für die Wertschöpfung, die in Österreich entsteht, müsste die Abgabe auch hierzulande entrichtet werden. Das würde auch das Verschieben des Gewinns in Steuerparadiese, zum Beispiel durch überhöhte Lizenzzahlungen, nicht verhindern.
Abwechselnd ist die Rede von Wertschöpfungsabgabe und Maschinensteuer. Ist das dasselbe?
Bei einer Wertschöpfungsabgabe werden nicht Maschinen besteuert. Das ist eine bewusste Fehldarstellung. Die Wertschöpfungsabgabe setzt an der Wertschöpfung in einem Unternehmen an, also daran was in dem Unternehmen an Werten geschaffen wird. Ob ein Unternehmen eher arbeitsintensiv oder kapitalintensiv produziert, wäre bei gleicher Wertschöpfung egal. Folge ist, wenn man Menschen durch Maschinen ersetzt und gleich viel oder mehr produziert, müsste man trotzdem Wertschöpfungsabgabe bezahlen. Derzeit wird das Sozialsystem über Beiträge finanziert, die nur an der Lohnsumme bemessen werden. Die Wertschöpfungsabgabe wäre breiter: neben Löhnen und Gehältern zählen zur Wertschöpfung auch Abschreibungen, also zum Beispiel für Maschinen, und Gewinne, Zinsen, Mieten und Pachten, …
Welches Modell will die Gewerkschaft?
Es geht jetzt nicht darum, auf einem konkreten Modell zu beharren. Wir müssen aber darüber nachdenken, wie wir das Sozialsystem finanzierbar halten können. Es darf nicht sein, dass durch die Digitalisierung die Gewinne steigen und auf den Konten der Eigentümer landen, und gleichzeitig die Sozialbeiträge sinken. Wir denken über viele Varianten nach und werden uns in die politische Diskussion einbringen. Am Ende der Diskussion können dann auch konkrete Vorschläge stehen, so wie die AK und die Gewerkschaft auch ein Modell für eine Steuerreform vorgelegt haben, das dann größtenteils von der Regierung umgesetzt wurde.
Der Finanzminister sagt: Keine neuen Steuern. Warum dann eine Wertschöpfungsabgabe?
Die Wertschöpfungsabgabe ist keine neue Steuer, sondern eine innovative, aufkommensneutrale Umschichtung von Abgaben. Es geht nicht darum, dass die Unternehmen mehr in den Sozialstaat einzahlen sollen, sondern darum, dass ihr Beitrag in Zukunft nicht weiter sinkt, wenn sie wieder einmal Beschäftigte abbauen.
Wer profitiert, wer zahlt drauf?
Das kommt auf die konkrete Ausgestaltung an. Personalintensive Betriebe würden prinzipiell profitieren. Mehr zum Sozialsystem beitragen müssten Unternehmen, die mit sehr wenigen Beschäftigten sehr hohe Gewinne einfahren.
Sollen alle Sozialbeiträge auf Wertschöpfungsbasis umgestellt werden?
Die Beiträge der ArbeitnehmerInnen durch eine Wertschöpfungsabgabe zu ersetzen, wäre schwierig, weil davon ja auch konkrete Versicherungsleistungen abhängen (Pensionen, Arbeitslosengeld), deren Höhe vom Einkommen abhängt. Umgestellt könnten hingegen die Arbeitgeberbeiträge werden. Als erster Schritt könnten die Beiträge zum Familienlastenausgleichsfonds (FLAF)
umgestellt werden.
Warum soll der FLAF den Anfang machen?
Dafür gibt es nicht nur einen Finanzierungsgrund, sondern auch einen Gerechtigkeitsgrund. Wenn eine Firma einen Angestellten hat, zahlt sie für ihn FLAF-Beiträge. Wenn sie ihn aber auf Werkvertragsbasis beschäftigt, zahlt sie derzeit gar nichts ein. Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld, das aus dem FLAF finanziert wird, hätten aber beide. Wäre nicht Lohn, sondern Wertschöpfung die Beitragsgrundlage, dann wäre für beide Beiträge eingezahlt worden.
In welchen Ländern gibt es eine Wertschöpfungsabgabe?
Innerhalb der EU in Italien auf regionaler Ebene (IRAP) und in Frankreich mit der „Allgemeinen Sozialabgabe“. Sie finanziert Familien- und Pflegeleistungen.