Der österreichische Ratsvorsitz lieferte kaum Resultate und wurde nicht einmal den eigenen Ansprüchen gerecht.
Von 1. Juli bis 31. Dezember 2018 hatte Österreich die EU-Ratspräsidentschaft inne. Dabei kam der Regierung nicht nur eine wichtige Rolle bei der Bewältigung aktueller europapolitischer Herausforderungen zu, sie hatte auch die Chance, eigene Schwerpunkte zu setzen und aus ihrer Sicht wichtige Themen und Projekte voranzutreiben.
Schutz und Subsidiarität als Leitmotive
Unter dem Motto „Ein Europa das schützt“ hat die österreichische Bundesregierung vor allem die Themen Außengrenzschutz sowie die Sicherheits- und Migrationsfrage in den Vordergrund gestellt und dabei teils hohe Erwartungen geschürt. Erfüllt wurden diese jedoch nicht, es konnten kaum Beschlüsse gefasst oder tatsächliche Veränderungen herbeigeführt werden.
Geprägt war die österreichische EU-Ratspräsidentschaft auch vom Subsidiaritäts-Gedanken, der zum politischen Leitbegriff für die Bundesregierung wurde (Damit ist die Abschaffung sozialer EU-Mindeststandards im Sinne einer Deregulierungsagenda gemeint). Abgesehen von einer Konferenz dazu konnten auch hier keine nennenswerten Ergebnisse erzielt werden.
Keine Fortschritte bei der Besteuerung von Finanzmärkten und Digitalkonzernen
Vor allem bei den Steuerfragen hat Finanzminister Löger bis zum Schluss den Anspruch gestellt, eine europäische Lösung herbeizuführen. Konkrete Ergebnisse konnte er jedoch nicht liefern, ganz im Gegenteil. Einer europäischen Finanztransaktionssteuer wurde unter der Federführung von Finanzminister Löger eine endgültige Absage erteilt. Die Digitalsteuer für globale Internetkonzerne wurde ebenfalls abgelehnt und wird daher auf europäischer Ebene keine einheitliche Umsetzung finden.
Die Nebelgranaten in der Sicherheits- und Migrationspolitik
Obwohl die Anzahl der Flüchtlinge, die nach Europa kommen, schon vor der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft stark zurückgegangen ist, hat die Bundesregierung dennoch den Schutz der Außengrenzen zu ihrem Hauptthema gemacht. Liefern konnte sie in diesem Bereich jedoch kaum Ergebnisse, nicht einmal die eigenen Anforderungen wurden erfüllt. Lediglich mit populistischen Handlungen, wie der Ablehnung des selbst mitverhandelten UN-Migrationspaktes, erregte man negative Aufmerksamkeit und sorgte für internationales Kopfschütteln.
- Die umstrittene Aufstockung der EU-Grenzschutzagentur „FRONTEX“, um 10.000 Personen bis zum Jahr 2020, wurde abgelehnt und ins Jahr 2027 verschoben.
- In Hinblick auf ein gemeinsames europäisches Asylsystem konnten keine Resultate geliefert werden.
- Die umstrittenen „Anlandeplattformen“ in Nordafrika stehen nicht mehr zur Diskussion.
- Keine Fortschritte gab es, was die Reformierung des „Dublin-System“ betrifft.
- Mit den nordafrikanischen Staaten wurde kein einziges der umstrittenen Rückführungsabkommen geschlossen.
- Bei der Verteilung von Flüchtlingen innerhalb Europas kam es zu keiner Einigung.
Enttäuschende Bilanz für die Bundesregierung
Erfolge während der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft, wie die Einigung auf das Verbot von Einwegplastik ab 2021 oder die Verringerung des CO2-Ausstoßes von Fahrzeugen sind einerseits auf die bereits geleistete Vorarbeit zurückzuführen, die im Zuge der Trio-Ratspräsidentschaft von Estland und Bulgarien geleistet wurde. Andererseits haben hier in erster Linie die österreichischen BeamtInnen und DiplomatInnen, die die Verhandlungen in den einzelnen Themenbereichen geführt haben, zum Erfolg beigetragen.
Barbara Teiber, Bundesvorsitzende der GPA-djp, fasst die österreichische Ratspräsidentschaft abschließend zusammen: „Wer in den Geschichtsbüchern nach der Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2018 sucht, wird außer Marketingbildern nichts von Substanz finden. Die Bundesregierung konnte nicht einmal das ohnehin unambitionierte eigene Programm umsetzen“.