Mama arbeitet halbtags

Viele junge Frauen arbeiten Teilzeit, damit mehr Zeit für Kinder und Familie bleibt.© Nurith Wagner-Strauu
Viele junge Frauen arbeiten Teilzeit, damit mehr Zeit für Kinder und Familie bleibt.© Nurith Wagner-Strauu

Männer machen Überstunden, Frauen arbeiten Teilzeit und kümmern sich um die Kinder. Ein beliebtes Modell, das Frauen jedoch langfristig oft benachteiligt. 

Zwölf Uhr, mit dem Läuten der Schulglocke laufen die Kinder aus der Volksschule und auf die davor wartenden Mütter zu. Während für die Kinder die Freizeit beginnt, beginnt für die Mütter der zweite Teil des Arbeitstages. Sylvia F., Marketingassistentin in Teilzeit, macht sich mit ihrem Sohn Kilian auf den Weg zum Kindergarten, um dort seine kleine Schwester Emma abzuholen. Mit beiden Kindern im Schlepptau kauft sie noch rasch ein paar Sachen im Supermarkt ein und bereitet zu Hause den Kindern ein Mittagessen zu. Nach einer Runde mit den Rollern im Park hilft sie Kilian mit den Hausaufgaben. Danach erledigt sie die Wäsche und anfallende Arbeiten im Haushalt.

So wie Sylvia F. arbeiten viele junge Frauen in Teilzeit, damit ihnen nachmittags Zeit für Kinder und Haushalt bleibt. Vor allem mit mehr als einem Kind stößt man bei der Organisation des Tagesablaufs sonst schnell an seine logistischen Grenzen: Nicht alle Kindergärten haben auch nachmittags off en, Schulhorte sind oft überfüllt, und zusätzlich gilt es, die Kinder zu ihren Freizeitbeschäftigungen zu bringen. Auch Kilian besucht eine Judogruppe und lernt Gitarre spielen. Der Vater der beiden kommt abends meist erst gegen 19 Uhr heim – Georg F. hängt meist noch die eine oder andere Überstunde an seinen Arbeitstag, damit es sich finanziell ausgeht. Denn da seine Frau nur halbtags arbeitet, wäre es sonst um die Finanzen der Familie nicht so gut bestellt.

Vereinbarkeit
Statistisch gesehen ist dies das beliebteste Arrangement für junge Eltern, um Beruf und Familie vereinbaren zu können. Während einerseits die Beschäftigungsquote von Frauen mit Kindern über die vergangenen Jahre nach oben kletterte – von 65 auf fast 80 Prozent –, nahm gleichzeitig der Anteil der Teilzeit dieser Frauen deutlich zu. Über 70 Prozent der Frauen mit Kindern unter 15 arbeiten auf Teilzeitbasis! „Frauen – und das ist der positive Trend – bleiben also nach der Karenz mehrheitlich nicht mehr ganz zu Hause, sondern sind wieder berufstätig“, meint Barbara Marx, Bundesfrauensekretärin in der GPA-djp.

Allerdings sind es meist 20 Stunden oder weniger. Damit lässt sich später oft keine Pension finanzieren, von der man leben kann, oft ist Altersarmut die Folge. Teilzeitbeschäftigte verdienen außerdem nicht nur weniger, weil sie kürzer arbeiten, ihr Stundenlohn ist durchschnittlich um etwa ein Viertel niedriger als der von Vollzeitbeschäftigten. „Das dicke Ende kommt leider oft dann, wenn Frauen nach jahrelanger Teilzeit keinen Vollzeitjob mehr finden können und außerdem beruflich hinter ihren Möglichkeiten zurückgeblieben sind“, sagt Marx. Das größte Risiko ist hier die Scheidung. „Sobald der Ehemann als Familienerhalter ausfällt, sieht es finanziell für die Frauen oft düster aus“, betont Barbara Marx.

Unbezahlte Familienarbeit
Traditionell sind es die Frauen, die Babykarenz nehmen, auch aus ökonomischen Gründen, weil ihre Männer meist besser verdienen als sie selbst. Obwohl die neue Karenzregelung und der Papamonat hier langsam Veränderungen bewirken, sind die Effekte vorerst noch bescheiden. Im Laufe der Karenz wandert die unbezahlte Haus- und Familienarbeit zu den Frauen. „Während die Väter mehr arbeiten als bisher und beruflich vorankommen, ist für die Frauen nach der Karenz zunächst meist Teilzeit angesagt, um die Doppelbelastung abzumildern“, erklärt Marx die Gründe für die Beliebtheit dieses Modells. Allerdings bleibt es dabei dann oft für die nächsten Jahre, wenn nicht sogar bis zum Schulabschluss des jüngsten Kindes.

Auch die Väter sind mit dem Modell nicht immer zufrieden, weil sie erkannt haben, wie wertvoll es ist, Zeit mit den Kindern verbringen zu können. Georg F. wäre gern mehr als nur der „Wochenendpapa“. Denn wenn er manchmal erst spät nach der Arbeit heimkommt, ist es für seine Kinder schon Zeit fürs Bett, mehr als eine Gutenachtgeschichte ist dann nicht mehr drin.

Neuverteilung der Arbeit
Ließe sich die Aufteilung von Arbeit, Familienarbeit und Freizeit nicht anders lösen? Ein empfehlenswertes Modell wäre, wenn beide Eltern ihre Arbeitszeit nur um wenig reduzieren, auf 30 Stunden zum Beispiel. Marx sieht hier großes Potenzial: „Wenn beide Eltern gleich viel arbeiten, könnten sie entsprechend auch Haushalt und Kinderbetreuung fair aufteilen. Die Väter wären nicht überarbeitet und müde und ständig außer Haus, die Mütter müssten ihre beruflichen Ambitionen nicht gänzlich zurückstecken.“ Darüber hinaus würde das auch die Benachteiligung junger Frauen am Arbeitsmarkt verringern: „Für den Arbeitgeber ist es leichter, eine gut qualifizierte Mitarbeiterin in langer Teilzeit zu engagieren als nur für wenige Stunden. Und außerdem würden junge Väter ja dann auch ihre Arbeitszeit reduzieren“, zählt Marx die Vorteile des Modells auf.

Neue Arbeitszeitmodelle
Alles Utopie? Erfolgsstorys wie das dänische Modell von Elternurlaub und Teilzeit klingen vielversprechend: In Dänemark ist das System des gesetzlich geregelten Elternurlaubs so gestaltet, dass sich wirklich beide Elternteile ums Kind kümmern können. Fast alle Väter nehmen Vaterschaftsurlaub in Anspruch, und über 15 Prozent der Männer sind teilzeitbeschäftigt – in Österreich sind es nur 6,5 Prozent. Die dänischen Frauen arbeiten dafür weniger oft Teilzeit als die Österreicherinnen. Diese bessere Verteilung der Arbeitszeit und der Elternurlaube haben in Dänemark auch das Lohngefälle verringert. Ähnlich gut ist die Lage auch für junge Eltern in Schweden. „Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf führen immer auch zu mehr Gleichstellung und zu einer geringeren Einkommensschere“, ist Marx überzeugt.

„Die klare Trennung in vollzeitbeschäftigte Männer und teilzeitbeschäftigte Frauen muss überwunden werden“, fordert Marx daher. Eine Gesellschaft, die Menschen und vor allem Frauen vor die Alternative Kinder oder Karriere stellt, vergibt sich Chancen. Entweder sie verzichtet auf Eltern oder auf das Potenzial ihrer Beschäftigten. „Dafür gibt es keinen Grund, wenn man die Rahmenbedingungen so gestaltet, dass beide Geschlechter Beruf und Familie vereinbaren können und sowohl bezahlte als auch unbezahlte Arbeit gerechter verteilt.“

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