Viele möchten ihrem Job hin und wieder von zuhause aus nachkommen. Doch Home-Office ist nur unter fairen Bedingungen zu empfehlen.
Die Telearbeit boomt. In Zeiten digitaler All-Erreichbarkeit wollen immer mehr Menschen einen Teil ihrer Arbeitsaufgaben von zuhause oder von unterwegs aus erledigen. Viele Firmen fördern diesen Trend, denn durch die gemeinsame Benutzung von Schreibtischen und anderer Büroinfrastruktur werden Personal- und Betriebskosten gespart. Was für die ArbeitnehmerIn auf den ersten Blick bestechend aussieht, birgt beim näheren Hinsehen einige Risiken und Nachteile. Spezielle Regelungen für Telearbeit gibt es nämlich nicht auf gesetzlicher Ebene, wohl aber in vielen Kollektivverträgen. Maßgeschneiderte Vereinbarungen mit dem Dienstgeber können maximale Rechtssicherheit für Betroffene schaffen.
Klar ist, dass die sogenannte „Einrichtung einer außerbetrieblichen Arbeitsstätte“ in der Wohnung von ArbeitnehmerInnen in vielen Fällen sinnvoll sein kann. „Die Beschäftigten sind freier in der Gestaltung ihrer Arbeitszeit und können daher ihren Arbeitsalltag oft leichter organisieren. Fahrtzeiten und verkehrsbedingte Zeitverluste werden geringer. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf kann dadurch einfacher werden“, erklärt Eva Angerler aus der Abteilung Arbeit & Technik in der GPA-djp, warum viele KollegInnen von gelegentlicher Telearbeit profitieren.
Doch auch für die Unternehmen ist Telearbeit interessant, weil dadurch nachweislich eine Steigerung der Produktivität stattfindet. Das ungestörte Arbeiten zu Hause sowie die Möglichkeit, die Arbeitszeiten an die individuellen Leistungsstärken anzupassen, bringen bessere Arbeitsergebnisse.
Austausch ist wichtig
Die reine mobile Telearbeit, in der Arbeit auf den Austausch von Daten reduziert wird, geht Angerler aber zu weit: „Modelle, in denen die MitarbeiterInnen kaum mehr zusammenkommen und in der Früh nicht wissen, auf welchem Schreibtisch sie arbeiten werden, halten wir nicht für sinnvoll.“ Doch genau das passiert in vielen Firmen, in denen die Angestellten nur mehr für Besprechungen oder wichtige Kundentermine ins Büro kommen oder die Telearbeit in Kombination mit Desk-sharing-Konzepten ausschließlich der Kostenreduktion dient. Passt das Telearbeitsmodell nicht zur Arbeitsorganisation und Führungskultur im Betrieb, ist schnell Sand im Getriebe. Das kann sich z.B. darin zeigen, dass viele Beschäftigte nur mehr ungern in den Betrieb kommen, weil sie dort niemanden mehr kennen oder erreichen. Angerler hält dies für eine Fehlentwicklung: „Kreative Lösungen brauchen den menschlichen Austausch und die Kommunikation miteinander. Ohne fachliche Kontakte löst sich ein Betrieb als soziale Organisation immer mehr auf.“
So attraktiv Telearbeit in manchen Lebenssituationen scheinen mag – die gänzlich fehlende Anwesenheit im Betrieb über einen längeren Zeitraum kann auch die Karrierechancen beeinträchtigen und das Abdrängen in arbeitsrechtlich schlecht abgesicherte Arbeitsverhältnisse begünstigen. Häufig fehlt auch die Möglichkeit zur Weiterbildung.
Auch das sogenannte Crowdworking, bei dem Selbständige ihre Arbeitsleistung über eine Internetplattform anbieten, sieht die Gewerkschaft eher kritisch. Hier werden Arbeitsaufgaben vergeben, die von sehr einfachen Tätigkeiten, wie dem Erkennen von Gegenständen auf Fotos bis hin zu komplexen und hochqualifizierten Aufträgen, wie Produktdesign, reichen. „Für einen zeitweisen Zuverdienst mögen diese virtuellen Plattformen zur Arbeitsvergabe geeignet sein. Problematisch wird es, wenn KollegInnen zu TaglöhnerInnen degradiert werden, die sich selbst um ihre soziale Absicherung kümmern müssen und dabei auch noch unter permanenter Überwachung mittels der eingesetzten Software stehen“, sieht Datenschutzexpertin Clara Fritsch diese Entwicklung kritisch.
Vorsicht vor Entgrenzung
Dass Arbeit im Alltag vieler Menschen nicht mehr ortsgebunden an einer Betriebsstätte, sondern unter Verwendung von Informationstechnologie oft im Home-Office, unterwegs oder beim Kunden stattfindet, ist längst zur Selbstverständlichkeit geworden. Das Bewusstsein, selbst für Arbeitspakete und Projektschritte verantwortlich zu sein, bringt zwar Erfolgserlebnisse, fördert aber auch die Bereitschaft über das vereinbarte und abgerechnete Ausmaß hinaus zu arbeiten. Mit den mobilen Kommunikationsmöglichkeiten sind Arbeitsaufgaben rund um die Uhr präsent. Besonders die Erreichbarkeiten und Arbeitszeiten sind in dem Zusammenhang eine Herausforderung. „Abende sowie Wochenenden werden implizit zur Arbeitszeit erklärt. Das kann für mehr individuellen Gestaltungsspielraum sorgen, birgt allerdings auch das Risiko verdeckter Mehrarbeit. Oft fallen in der Freizeit erbrachte Arbeits- und Bereitschaftsleistungen unbezahlt unter den Tisch“, erklärt Claudia Kral-Bast, Leiterin der Abteilung Arbeit & Technik in der GPA-djp.
Geregelte Telearbeit
Die Aufhebung der räumlichen Trennung zwischen Arbeitszeit und freier Zeit erzeugt leider auch Anreize dazu, Risiken des Arbeitslebens in die Sphäre der ArbeitnehmerIn zu verlagern: Urlaubsanspruch, Krankheit und andere Dienstverhinderungen können leicht zu einem strittigen Punkt werden. „Die Rahmenbedingungen für die Telearbeit sollten daher immer in einer schriftlichen Vereinbarung geregelt werden und nicht nur unverbindlich besprochen werden“, rät Kral-Bast. An der arbeitsrechtlichen Stellung ändert der Wechsel auf einen Telearbeitsplatz nämlich nichts.
Die Mehrzahl der von der GPA-djp abgeschlossenen Kollektivverträge enthalten eigene Regelungen zur Telearbeit. Diese legen wichtige Eckpunkte fest und helfen dabei eine maßgeschneiderte Regelung für den jeweiligen Betrieb zu erarbeiten. Die GPA-djp bietet dazu passende Musterbetriebsvereinbarungen an. Dort finden sich etwa Bestimmungen darüber, wer welche Arbeitsmittel zur Verfügung stellt bzw. die Kosten dafür trägt und wie der Telearbeitsplatz ausgestattet ist, wie betriebliche Daten einerseits und die Privatsphäre der (Tele)arbeitnehmerInnen andererseits geschützt werden und wer für Schäden an den Arbeitsmitteln haftet.
Info Telearbeit
Mehr zum Thema Telearbeit und work@home finden Sie auf www.gpa-djp.at