Nach der Kinderpause begann Sabine Eiblmaier als Kassierin bei Interspar in Braunau. Heute ist sie als Zentralbetriebsratsvorsitzende für 6.000 MitarbeiterInnen zuständig.
Dass Sabine Eiblmaier, seit zwei Jahren Zentralbetriebsratsvorsitzende bei Interspar mit mehr als 6.000 Beschäftigten, im Handel gelandet ist, das ist ein Zufall: 1998, als ihre beiden Kinder aus dem Gröbsten heraus waren, wollte sie wieder arbeiten. In ihrem Beruf fand die gelernte technische Zeichnerin in ihrem Heimatort Braunau keinen Job, „aber der Interspar hat gerade umgebaut, sie haben Leute gesucht, also habe ich mich beworben“, erzählt die 44-Jährige: „Sie haben mich als Kassierin genommen, und es hat mir vom ersten Tag an gefallen: das Schöne daran ist der Kontakt mit den Kundinnen und Kunden.“
Schon nach zwei Jahren Betriebsrätin
Auch der Kontakt mit den Kolleginnen und Kollegen war der Innviertlerin von Beginn an ein großes Anliegen, schon zwei Jahre später war sie Betriebsrätin. Wie es dazu kam? „Das hat mich eigentlich immer schon interessiert, in meiner Familie war die Gewerkschaft schon ein Thema“, erklärt Eiblmaier, die diese Tradition weiterlebt. Als Alleinerzieherin, die mit dem Gehalt einer Handelsangestellten über die Runden kommen musste, sei es ihr eben leicht gefallen, sich in die Lage vieler Kolleginnen und Kollegen hineinzuversetzen. Relativ bald habe sich auch abgezeichnet, dass sie der Betriebsratsvorsitzenden im Markt in Braunau bei deren Pensionierung nachfolge, berichtet Sabine Eiblmaier, die als Betriebsratsvorsitzende dann auch Mitglied des Zentralbetriebsrats wurde. Auch der nächste Schritt zur Vorsitzenden des Zentralbetriebsrats war angedacht: Ihre Vorgängerin Margit Pfatschbacher habe ihr gegenüber schon thematisiert, dass sie darüber nachdenken solle, ob das etwas für sie wäre, schmunzelt Eiblmaier: „Ich habe das für irgendwann später auch nicht ausgeschlossen, aber dann ist es wie aus heiterem Himmel gekommen.“ Im Dezember 2013 läutete das Telefon, Pfatschbacher informierte sie über ihren beruflichen Wechsel und erklärte, dass sie sie gerne als ihre Nachfolgerin vorschlagen würde.
Sprung ins kalte Wasser
Da sei ihr das Lachen erst einmal vergangen, zumal sie nur drei Tage Bedenkzeit hatte, erinnert sich Eiblmaier: „Ich habe das mit meiner Familie besprochen und eine Für-und-Wider-Liste gemacht. Mein Ja zu dieser Herausforderung war wohlüberlegt, ich hatte ja auch eine ernst zu nehmende Konkurrenz.“ Am 14. Jänner 2014 setzte sich Sabine Eiblmaier mit neun zu fünf Stimmen in der Neukonstituierung des Interspar-Zentralbetriebsrats durch und leitet ihn seitdem: „Das war ein Sprung ins eiskalte Wasser.“
Zum Auftakt startete die neue Zentralbetriebsratsvorsitzende eine Tour durch alle 62 Interspar-Märkte in Österreich, dafür nahm sie sich ein halbes Jahr Zeit. „Abgesehen davon, dass die Leute wissen sollen, mit wem sie es zu tun haben, wollte ich ja auch sehen, wie es überall läuft“, erklärt sie sich mit dem Ergebnis dieser Kennenlernrunde durchaus zufrieden. Ein zentrales Problem, von dem alle 6.000 Beschäftigten betroffen wären, gebe es nicht, sehr wohl aber jede Menge regionsbezogene Herausforderungen, wie sie es formuliert, und die sich mit gutem Willen und vielen Gesprächen fast immer bewältigen ließen. „Ich sehe mich als Vermittlerin zwischen den Beschäftigten und den Führungskräften genauso wie als Vermittlerin zwischen der Zentrale und den Führungskräften: Meistens geht es wirklich darum, Missverständnisse auszuräumen und Kompromisse zu erreichen“, bringt sie diplomatisch auf den Punkt, dass es immer an den handelnden Personen liegt, wie ein Problem gelöst wird. Interspar sei grundsätzlich ein guter Arbeitgeber, aber es liege eben an den handelnden Personen vor Ort, wie die Rahmenbedingungen letztendlich gelebt werden. Erst unlängst habe ein Führungswechsel in einem Markt wahre Wunder gewirkt, versucht sie zu erklären: „Natürlich gibt es dort jetzt nicht weniger Arbeit, aber die Kolleginnen und Kollegen sind so
viel zufriedener.“
„Oft sind es nur kleine Schritte, die dann große Zufriedenheit auslösen“, erzählt Eiblmaier auch am Beispiel der zusätzlichen Schulungen für das Arbeitszeit-Programm, die es jetzt für BetriebsrätInnen gibt: „Da gab es immer wieder Unklarheiten, es kann ja auch schon ein unabsichtlich nicht gesetztes Hakerl dafür reichen, dass eine Stunde nicht verrechnet wird, aber das bedeutet gleich weniger Geld.“
90 Prozent Zustimmung
Auf die Frage nach Erfolgserlebnissen erzählt Sabine Eiblmaier, dass sie sich über jeden der vielen Anrufe aus ganz Österreich freue: „Wenn ein Problem thematisiert wird, dann ist der erste Schritt ja schon getan.“ Und natürlich habe ihr das Ergebnis der Betriebsratswahl Mitte März im Interspar-Markt in Braunau, in dem sie immer noch ihre Fixtage verbringt, wenn es der Terminkalender zulässt, sehr gut getan – kein Wunder: 90 Prozent Zustimmung bei einer Wahlbeteiligung von 72 Prozent (der 84 Beschäftigten) können sich sehen lassen, freut sich die Oberösterreicherin, um bei der Gratulation sofort bescheiden zu ergänzen: „Das war ja nicht ich, das ist die Bestätigung dafür, dass das neue Team dort super arbeitet.“
Dass Sabine Eiblmaier eine „Checkerin“ ist, wie man neusprachlich sagen würde, wird auch bei der Antwort auf die Frage nach ihren Hobbys klar. Eigentlich fahre sie gerne Fahrrad, aber die vergangenen Monate habe sie viel Zeit bei der Flüchtlingshilfe verbracht, anfangs in einem Transitlager für Flüchtlinge an der deutschen Grenze, jetzt versorgt sie AsylwerberInnen in Dauerquartieren: „Ich wollte nur Kleider hinbringen, aber mir war sofort klar: da ist mehr notwendig“, berichtet sie von der privaten Spendengruppe, die sie gegründet hat. Weil trotz großen Engagements vieler Menschen noch mehr Unterstützung notwendig war, sei sie an ihren Arbeitgeber herangetreten, der sie nicht enttäuscht habe: „Die Firma hilft. Ich habe ein Budget dafür, wir arbeiten mit der Volkshilfe und mit dem Roten Kreuz zusammen. Wenn sie mich kontaktieren, kann ich Lebensmittel, Hygieneartikel und Babypflegeartikel aus unserer Eigenmarke zur Verfügung stellen.“ Klingt so einfach. „Ist es meistens auch“, sagt Sabine Eiblmaier: „Man muss es nur angehen. Gemeinsam kann man fast immer viel erreichen.“