Nach der Corona-Krise spürt der Handel nun die massiv steigende Inflation. Für das Verkaufspersonal bedeutet das auch, das Sortiment immer wieder neu bepreisen zu müssen. André Brunner vertritt in dieser schwierigen Lage die Interessen von Lehrlingen bei Kastner & Öhler.
Eigentlich hatte André Brunner ja vor, eine Lehre in einem Büro zu absolvieren. In der Polytechnischen Schule bekam er allerdings die Möglichkeit, in einem Ausbildungsbetrieb zu schnuppern „und da habe ich gemerkt, dass mir das gar nicht gefällt“. Stattdessen zog es ihn in den Handel und 2018 begann er seine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann im Stammhaus von Kastner & Öhler in Graz. Die Handelskette beschäftigt österreichweit an verschiedenen Standorten rund 1.800 MitarbeiterInnen. 28 von ihnen sind Lehrlinge.
Lehre im Textilhandel
Seine Lehrzeit verbrachte Brunner in verschiedenen Textilabteilungen des Kaufhauses: Gut hat es ihm dabei in der Premium Herrenabteilung und besonders gut in der Hemdenabteilung gefallen. „Da braucht es Sachwissen und viel Beratung, Kunden brauchen Hilfe und man redet sehr viel. Und das tue ich sehr gerne.“ Weniger angetan war er dagegen von der Damenabteilung. Da frage kaum jemand um Rat. Im September 2021 schloss Brunner seine Lehre ab.
Seitdem er in der Home Abteilung des Kaufhauses aushelfen musste und merkte, wie gut es ihm auch dort gefiel, bestimmen Pfannen, Küchenmaschinen & Co seinen Alltag. „Da geht es auch ganz stark um Beratung. Welches Gerät kann ich wofür verwenden? Wie funktioniert der Motor, wieviel Leistung hat er, was kann man damit zubereiten, was sollte man vermeiden?“ Viel habe er hier von KollegInnen gelernt. Und wenn neue Produkte ins Sortiment aufgenommen werden, dann informiere sich das ganze Team einerseits über die Herstellerseiten im Internet, andererseits könne man auch beim Vertreter oder der Vertreterin der Waren anrufen und sich Fragen beantworten lassen.
Verkäufer mit Herz und Seele
Brunner ist aber nicht nur Verkäufer mit Herz und Seele, er setzt sich auch gerne für andere ein. Als 2020, kurz vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie, Betriebsrat und GewerkschaftsvertreterInnen über die Möglichkeit erzählten, einen Jugendvertrauensrat einzusetzen, „habe ich das sehr spannend gefunden und war sofort dabei“. Er stellte sich also der Wahl und ist seitdem Vorsitzender des Jugendvertrauensrats bei Kastner & Öhler.
Inzwischen hat er auch den Basiskurs der Gewerkschaft absolviert, kommendes Jahr wolle er das nächste Modul besuchen. Es sei wichtig, zu wissen, was ein Kollektivvertrag ist und wie dieser ausverhandelt wird, sagt er. Aber auch über ArbeitnehmerInnenrechte Bescheid zu wissen, helfe ihm in seiner nun zusätzlichen Funktion.
Was ihm als Jugendvertrauensrat wichtig ist? Immer wieder durchs Haus zu gehen und mit den Lehrlingen zu sprechen, zu fragen, ob etwas Neues, aber auch, ob es Probleme gibt. Ab und zu organisiert er auch gemeinsame Unternehmungen, „damit man ein bisschen Leben in die Firma bringt“. Einmal sei das ein Eistag gewesen, ein anderes Mal ein Action Weekend, dann wieder ein „Exit the room“- Event, ein Escape-Game, bei dem es einem durch das Lösen von Rätseln gelingen muss, einen Raum zu verlassen.
Wo aber drückt bei seinen jungen KollegInnen der Schuh, mit welchen Sorgen kommen sie zu ihm? Da gebe es die individuellen Anliegen und jene, die viele betreffen. In einem Fall gab es in einer Abteilung einfach physisch zu wenig Platz, um die Arbeit zu verrichten, es ging dabei darum, Ware, die nicht abgeholt worden war, wieder entsprechend zusammenzulegen und an den richtigen Platz im Kaufhaus zu bringen. „Da haben wir dann gemeinsam mit der Abteilungsleitung einen Tisch organisiert.“ In anderen Fällen fühlen sich Lehrlinge von einem oder einer Vorgesetzten unfair behandelt. Hier versuche er dann zu vermitteln.
„Die Berufsschule in der Corona-Zeit war schon ein hartes Pflaster. Anfangs musste alles von daheim gemacht werden, aber es herrschte Chaos und die Aufgaben kamen nur über Email.
André Brunner
Bei strukturellen Problemen sei es dagegen schwerer, sofort etwas zu erreichen. Brunner nennt hier die Berufsschule in der Pandemiezeit. „Die Berufsschule in der Corona-Zeit war schon ein hartes Pflaster. Anfangs musste alles von daheim gemacht werden, aber es herrschte Chaos und die Aufgaben kamen nur über Email. Erst später wurde das über Microsoft Teams organisiert. Und wir haben zwar unsere Aufgaben zurückgeschickt und hatten einmal in der Woche Kontakt mit den LehrerInnen, aber da ist inhaltlich schon viel auf der Strecke geblieben.“
Teuerung trifft Lehrlinge besonders
Was im Moment sehr stark zu spüren sei, sei die Inflation, erzählt Brunner zudem. Dabei gehe es weniger um finanzielle Sorgen der Lehrlinge. „Sie leben ja alle noch zu Hause und bei Kastner & Öhler ist es außerdem so, dass fleißige Lehrlinge mehr bezahlt bekommen. Mit einem guten Erfolg in der Berufsschule sind es zehn Prozent, bei einem ausgezeichneten Erfolg 20 Prozent.“ Er selbst habe in allen drei Jahren mit einem ausgezeichneten Erfolg abgeschlossen.
Nein, die Inflation bestimme derzeit den Arbeitsalltag massiv. „Fast täglich bekommen wir Preiserhöhungen von den Herstellern herein. Griller wurden zunächst um zehn Prozent teuer, kurz darauf nochmals um zehn Prozent. Und bei manchen Dingen ist es wirklich extrem: Für Kochschürzen ist der Preis um 50 Prozent gestiegen und ein Messerset kostete 250 Euro und nun kostet es 399 Euro.“ Die Kundschaft sei eigentlich recht verständnisvoll, sagt Brunner, aber da jedes Produkt einzeln bepreist werde, habe das Verkaufsteam alle Hände voll zu tun. „Wir kommen mit dem Umschreiben kaum mehr nach und manchmal passiert es dann auch, dass KundInnen an der Kassa stehen und dort dann ein höherer Preis zu bezahlen ist, als noch am Pickerl steht.“
Zur Person:
André Brunner, geb. 2003 in Bruck an der Mur, aufgewachsen in Frohnleiten. Nach Haupt- und Polytechnischer Schule Lehre bei Kastner & Öhler in Graz im Bereich Verkauf, Lehrabschluss zum Einzelhandelskaufmann 2021. Seit 2020 Vorsitzender des Jugendvertrauensrats. In seiner Freizeit ist Brunner gerne mit Freunden unterwegs. Im Sommer ist er oft am Tiebersee anzutreffen. Er wohnt bis heute in Frohnleiten, inzwischen aber seit diesem Frühjahr in seiner eigenen Wohnung.
Wozu JugendvertrauensrätInnen?
Für Lehrlinge und jugendliche ArbeitnehmerInnen sind JugendvertrauensrätInnen die ersten AnsprechpartnerInnen für alle Fragen rund um die Themen Arbeiten und Ausbildung.
So wie BetriebsrätInnen die Interessen aller ArbeitnehmerInnen des Betriebes vertreten, sind JugendvertrauensrätInnen speziell für die Anliegen der Lehrlinge und der jugendlichen ArbeitnehmerInnen da. Sie kümmern sich darum, dass du gehört wirst und sind deine betriebliche Interessenvertretung mit Biss.
Wichtig: Jugendliche ArbeitnehmerInnen und Lehrlinge dürfen auch während ihrer Arbeitsszeit mit Problemen und Anregungen zum/zur JugendvertrauensrätIn gehen.
JugendvertrauensrätInnen sind meist selbst mitten in der Ausbildung oder haben diese gerade erst abgeschlossen. Genau darum Wissen sie auch wo der Schuh drückt und können deine Interessen bestens vertreten.