Geduld als Schlüssel zum Erfolg

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Seit einem halben Jahr ist Marianne Schiel-Koren Betriebsratsvorsitzende. Sie will die Lage in den sozialen Berufen verbessern. Die überzeugte Floridsdorferin engagiert sich auch in der Bezirks-Politik.

Das Eintreten für gerechte Verhältnisse war Marianne Schiel-Koren schon als Teenagerin wichtig. „Ich war Klassensprecherin, da will man dann auch im weiteren Leben Verantwortung übernehmen“ sagt sie. Seit Dezember 2022 ist sie Betriebsratsvorsitzende der Angestellten der Wiener Sozialdienste Förderung & Begleitung. Sie vertritt mehr als 400 Menschen, eine vielseitige Belegschaft: TherapeutInnen (Logo, Physio, Ergo, Musik), SozialarbeiterInnen und -pädagogInnen, diplomierte FrühförderInnen, BehindertenpädagogInnen, ÄrztInnen und die „neuen“ Fach- und SozialbetreuerInnen. Schiel-Koren selber war bis letztes Jahr als diplomierte Behindertenpädagogin tätig.

Geduld ist wichtig

Die Arbeit im Behindertenbereich ist sehr facettenreich. Von schwerst beeinträchtigten Menschen, die Unterstützung beim Essen und der Hygiene benötigen bis zu Menschen, die sehr autonom leben und etwa Hilfe bei Amtswegen erhalten, reicht die Bandbreite. Schiel-Koren war 15 Jahre lang in Basalen Förderklassen tätig mit schwerst mehrfach behinderten Kindern. „Ich habe in Kleingruppen mit vier bis fünf Kindern gearbeitet und konnte auf jedes Einzelne eingehen“, erzählt die Betriebsratsvorsitzende. Erfolge stellen sich oft erst nach langer Zeit ein. „Es ist schon ein tolles Gefühl, wenn ein betreutes Kind nach rund einem Jahr das erste Mal anzeigt, dass es Durst hat – damit hat das Kind einen Weg gefunden, mit seiner Umwelt zu kommunizieren.“

„Leider wird der Sozialbereich gerne mit einem Ehrenamt verwechselt“

Marianne Schiel-Koren

Die Arbeit mit Menschen wird von der Öffentlichkeit unterschätzt. Es braucht ein hohes Maß an Belastbarkeit, Geduld und Ausdauer, um auf andere Menschen eingehen zu können und empfänglich für ihre Stimmungen zu sein. Die Betriebsratsvorsitzende: „Leider wird der Sozialbereich gerne mit einem Ehrenamt verwechselt“. Das Argument, so viel zurück zu bekommen, würde immer gerne benutzt. „Einige nehmen zwar viel Kraft und Energie aus dem Beruf, doch die Bezahlung bietet derzeit kaum Absicherung für Mietanstiege und höhere Lebenskosten.“

Den Leuten zuhören

Die Betriebsratsarbeit besteht oft aus vielen kleinen Dingen. So schaut Marianne Schiel-Koren darauf, dass Betriebsvereinbarungen umgesetzt werden und hört den Menschen zu: „Oft hilft es, sich ein bisschen zurückzunehmen damit die Menschen einfach reden können“. Die Arbeit belastet viele MitarbeiterInnen und die sind froh einmal alles aussprechen zu können. „Danke, dass du mich siehst“, ist ein Satz, den die Betriebsratsvorsitzende bisweilen von KollegInnen hört und der sie erfreut.

Zweckzuschuss nicht für alle

Ein Problem, dass derzeit viele beschäftigt, ist der Zweckzuschuss. Das ist eine staatliche Einmalzahlung für Beschäftigte im Pflege- und Betreuungsbereich. Doch viele ArbeitnehmerInnen im Behindertenbereich sind davon ausgeschlossen. Um dieses Geld zu erhalten, müssen die MitarbeiterInnen eine bestimmte Ausbildung abgeschlossen haben. Es wird aber dabei nicht berücksichtigt, welche Arbeit tatsächlich geleistet wird. So kann es vorkommen, dass in einem Team MitarbeiterInnen die gleiche Arbeit verrichten, aber nur ein Teil davon den Zuschuss erhält. Der andere Teil ist zwar auch qualifiziert, hat aber die im Gesetz beschriebene Ausbildung nicht absolviert. BetriebsrätInnen aus den betroffenen sozialen Organisationen haben eine Petition dagegen initiiert und fordern die Politik auf, diese Ungerechtigkeit zu beenden.

Hast du schon einmal überlegt selbst einen Betriebsrat zu gründen?

Wenn es bei dir im Betrieb mindestens 5 Beschäftigte gibt, kann eine Betriebsratswahl stattfinden. Dein Chef/deine Chefin, darf die Wahl nicht behindern. Als Betriebsrätin/Betriebsrat hast du einen besonderen Kündigungsschutz und du kannst einen Teil deiner Arbeitszeit für die Betriebsratstätigkeit verwenden. Wir unterstützen und begleiten dich und deine KollegInnen bei der Durchführung der Betriebsratswahl.
Du möchtest mit uns darüber reden? Dann wende dich an unsere Beratung in deinem Bundesland. Alle Kontakte findest du hier: https://www.gpa.at/kontakt

Aufgaben gemeinsam erledigen

Auf ihr Amt hat sich Marianne Schiel-Koren längere Zeit vorbereitet und besuchte dafür die Wiener Betriebräts:innen Akademie, das dabei erlernte Wissen, kann sie heute gut gebrauchen. „Der konzentrierte Austausch mit anderen BetriebsrätInnen hat viele Erkenntnisse gebracht“. Derzeit beginnt ihr Arbeitstag um 8 Uhr – in der Straßenbahn: „Hier bearbeite ich meine Mails und mache Termine“, erklärt Schiel-Koren, die bis 19 Uhr für KollegInnen auf dem Handy erreichbar ist. Arbeit und komplexe Probleme gibt es reichlich. Mittlerweile hat die gebürtige Wienerin auch gelernt, Aufgaben zu delegieren.

„Der konzentrierte Austausch mit anderen BetriebsrätInnen hat viele Erkenntnisse gebracht.“

Marianne Schiel-Koren

Als sie kürzlich erkrankte, ist ihr Team eingesprungen und es hat „wunderbar funktioniert, obwohl es viele Neue im Betriebsratsgremium gibt“. Die bald 39-Jährige war es gewohnt 20 Jahre mit Menschen zu arbeiten, nun hat sie das erste Mal einen Bürojob. Das Zimmer teilt sie sich aber mit ihrer Administrations-Kraft Jevgenija Selmanovic. „Sie nimmt mir viele Aufgaben ab und ich bin froh nicht alleine arbeiten zu müssen“.

Loblied auf den 21. Bezirk

Marianne Schiel-Koren ist mit Leib und Seele Floridsdorferin und engagiert sich auch in der Bezirks-Politik. Die Mischung aus urban und ländlich hat es ihr angetan: Schiel-Koren hebt Öffi-Anbindung wie moderne Infrastruktur hervor und kann trotzdem Weinberge samt regionalem Anbau genießen: „Ein Viertel des Wiener Weins soll aus Floridsdorf kommen“. Die Begeisterung passt auch zur Berufung als Lokalpolitikerin. „Ich war eine Periode Jugendbezirksrätin, und habe da vor allem mit den Jugendzentren kommuniziert“ Dabei betreute sie auch das Jugendparlament „Word up!21″. Junge FloridsdorferInnen konnten dabei ihre Wünsche an den Bezirk artikulieren und einen Teil davon umsetzen. „Das war ein ganz feines basisdemokratisches Projekt.“

Marianne Schiel-Koren (Mitte) beim Kochen im Suppentopf
Foto: privat

Nun ist sie Mitglied der Sozial- und Zivilschutzkommission. Im aktuellen Projekt „Suppentopf“ kocht sie gemeinsam mit anderen BezirkspolitikerInnen für bedürftige Menschen. Denn auch in Floridsdorf leiden genug Menschen unter den aktuellen Erhöhungen bei Mieten, Heizung und Strom. Nicht alles läuft in der Bezirkspolitik harmonisch ab, es kann durchaus auch zu Konflikten kommen. Im Jahr 2015 etwa, hat Floridsdorf innerhalb kürzester Zeit viele geflüchtete Menschen aufgenommen, auch damals war Schiel-Koren bereits Bezirksrätin. „Wir hatten dann mehrere Bürgerveranstaltungen, dabei sind einige AnrainerInnen hochemotional und sehr verängstigt auf uns zugekommen“, erinnert sich die Betriebsratsvorsitzende und Bezirksrätin. „Diese Emotionen muss man aushalten, denn die Leute sehen dich als Politikerin – für sie bist du derjenige, der das so entschieden hat.“ Wer solche Aggressionen ertragen kann, muss gute Nerven haben, besonders Politikerinnen haben es dann schwer, denn sie werden härter kritisiert als Männer. „Viele denken in Mustern“, glaubt Marianne Schiel-Koren. „Frauen, die offen und vehement ihre Meinung vertreten, werden oft als unangenehm empfunden – Männer hingegen gelten als Macher.“

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