Ronald Freudenthaller gehört sei 1998 dem Betriebsrat des Lebensmittelgroßhändlers Transgourmet an. Heute ist er im Vorsitzteam des Zentralbetriebsrats, der eben mit der Geschäftsführung ein feines Goodie-Paket, zu dem auch die 6. Urlaubswoche gehört, für die österreichweit rund 1.800 Beschäftigten an insgesamt 16 Standorten ausverhandeln konnte.
Eine ausgewogene Work-Life-Balance ist das, was vielen seiner KollegInnen sehr wichtig ist, erzählt Freudenthaller. Seit den Kurzarbeitszeiten während der Corona-Pandemie wüssten MitarbeiterInnen es noch mehr zu schätzen, wenn die Freizeit gut planbar und die Dienste rechtzeitig bekannt seien. Anders als im Lebensmittelhandel üblich, können Beschäftigte bei Transgourmet selbst bestimmten, ob sie geringfügig, Teilzeit oder Vollzeit arbeiten. „Und wenn jemand, von Teilzeit auf Vollzeit umsteigen möchte, ist das auch kein Problem.“ Aktuell sei die Mehrheit der Belegschaft Vollzeit beschäftigt, das Verhältnis zwischen Frauen und Männern sei ausgewogen.
Kürzere Öffnungszeiten
Was dem Unternehmen – Geschäftsführung wie Betriebsrat – allerdings wichtig ist: Dass keine bis wenige Überstunden auflaufen, so Freudenthaller. Günstig seien die hier im Vergleich zu anderen Handelsunternehmen kürzeren Öffnungszeiten. Transgourmet wendet sich an GastronomInnen, für sie ist zum Beispiel der Samstag kein typischer Einkaufstag. „Da geht der Gastronom nur einkaufen, wenn er etwas nachkauft. Daher ist das Geschäft bei uns am Samstag eher ruhig.“ Für die Beschäftigten bedeutet das: Samstags haben die Märkte nur von sieben bis 13 Uhr geöffnet, von Montag bis Freitag von sieben bis 18 Uhr, also auch kürzer als klassische Supermärkte.
Nun konnte der Betriebsrat in Gesprächen mit der Geschäftsführung ein weiteres Stück Freizeit ausverhandeln: Bei Transgourmet gibt es ab sofort eine sechste Urlaubswoche ab sechs Jahren Betriebszugehörigkeit, für Über-50-Jährige bereits ab drei Jahren. Das sei besonders für junge KollegInnen sehr attraktiv. „Wer bei uns Lehrling war und im Anschluss geblieben ist, kann damit bereits mit nur 22 Jahren sechs Wochen im Jahr auf Urlaub gehen.“
„Wer bei uns Lehrling war und im Anschluss geblieben ist, kann damit bereits mit nur 22 Jahren sechs Wochen im Jahr auf Urlaub gehen.“
Ronald Freudenthaller
Und welche Goodies enthält das nun geschnürte Paket noch? Zum einen das Firmenrad. Was man sich darunter vorstellen kann? Das E-Bike werde sowohl für den Weg von und zur Arbeit, als auch für Fahrten in der Freizeit immer beliebter, erzählt Freudenthaller. Nun bietet der Arbeitgeber hier eine Leasingvariante an, die, weil die Abrechnung steuerbegünstigt über die Lohnabrechnung funktioniert, je nach Modell und Laufzeit des Leasingvertrags zwischen 25 und 37 Prozent Ersparnis gegenüber anderen Kaufvarianten biete.
Pendlerzuschuss und Prämien
Ein weiterer Verhandlungserfolg: Ein Pendlerzuschuss von bis zu 200 Euro im Jahr, der auch auf Jahreskarten für öffentliche Verkehrsmittel anwendbar ist. Und für MitarbeiterInnen, die einen neuen Kollegen oder eine neue Kollegin anwerben, der oder die dann mindestens vier Monate im Unternehmen verbleibt, gibt es entweder einen Bonus von 1.000 Euro oder drei zusätzliche Urlaubstage.
Stichwort Arbeitskräftemangel: Obwohl sich hier die Arbeitgeberseite sehr um die Belegschaft bemühe, sei es schwierig, neue MitarbeiterInnen zu finden, so Freudenthaller. Gebraucht werden diese aber dringend, denn das Unternehmen expandiere. Noch diese Jahr eröffne ein neuer Standort in Krems, im kommenden Jahr in Klagenfurt. Der Standort in Salzburg werde gerade baulich erweitert. Dazu kämen substanzielle KundInnenzuwächse in den bestehenden Märkten.
Hast du schon einmal überlegt selbst einen Betriebsrat zu gründen?
Wenn es bei dir im Betrieb mindestens 5 Beschäftigte gibt, kann eine Betriebsratswahl stattfinden. Dein Chef/deine Chefin, darf die Wahl nicht behindern. Als Betriebsrätin/Betriebsrat hast du einen besonderen Kündigungsschutz und du kannst einen Teil deiner Arbeitszeit für die Betriebsratstätigkeit verwenden. Wir unterstützen und begleiten dich und deine KollegInnen bei der Durchführung der Betriebsratswahl.
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Daher bemühe sich die Geschäftsführung sehr, die MitarbeiterInnen zu halten. Dazu tragen auch Prämien bei, die es schon länger für jeden und jede ab fünf Jahren Betriebszugehörigkeit gibt. Das beginne mit einem Einkaufsgutschein in Höhe von 125 Euro im ersten Prämienjahr. Nach zehn Jahren im Unternehmen erhalten MitarbeiterInnen Einkaufsgutscheine für 125 Euro plus 200 Euro auf ihr Konto. „Im Handel sind wir ja generell keine SchwerverdienerInnen, da zählt jeder Euro doppelt.“
Miteinander und Füreinander
Freudenthaller freut sich über all das Erreichte, betont aber auch, dass es hier eine gute Zusammenarbeit mit der Geschäftsführung gebe. „Manches mag den Betrieb zwar jetzt mehr kosten, aber am Ende ist es eine Win-Win-Situation für beide Seiten.“
Was er an der Betriebsratsarbeit schätzt: „Das Miteinander und das füreinander da Sein. Das war für mich immer schon wichtiger als eine Führungsrolle.“ Geholfen haben ihn in seinem Betriebsratsalltag die vielen Weiterbildungen, die er bei Arbeiterkammer und Gewerkschaft gemacht hat. „Es ist schon gut, wenn man die rechtliche Situation kennt und sich damit für die Rechte der MitarbeiterInnen gut einsetzen und das eine oder andere positiv beeinflussen kann.“
„Manches mag den Betrieb zwar jetzt mehr kosten, aber am Ende ist es eine Win-Win-Situation für beide Seiten.“
Ronald Freudenthaller
Den Einsatz für andere lebt Freudenthaller auch in seiner Freizeit. Er und seine Frau sind ehrenamtlich für das Rote Kreuz tätig. Möglich wurde das mit seinem Eintritt in Transgourmet (damals noch C+C Pfeiffer) 1997, zuvor hatte er in der Gastronomie jeweils in der Saison gearbeitet. Heute fährt der Oberösterreicher klassische Einsätze mit dem Rettungswagen, ist darüber hinaus aber auch Krisenkoordinator im Bezirk sowie Mitglied des Trinkwasseraufbereitungsteams für internationale Einsätze. In dieser Funktion war er zum Beispiel nach dem Tsunami 2004 in Indonesien. Fein sei es, dass er diese ehrenamtliche Tätigkeit gut mit seiner Arbeit unter einen Hut bekommen könne, denn: „Bei uns in der Firma gibt es kurzfristige Freistellungen, wenn jemand an Einsätzen der Feuerwehr, des Roten Kreuzes oder der Bergrettung teilnehmen muss. Da ist es selbstverständlich, dass MitarbeiterInnen helfen können.“
Zu Person
Ronald Freudenthaller, geb. 1970 und aufgewachsen in Steyr/Oberösterreich, dort Volks- und Hauptschule sowie Polytechnischer Lehrgang. Danach Gastronomielehre und in diesem Beruf elf Jahre jeweils im Saisonbetrieb – winters wie sommers – tätig. 1997 Wechsel zum damaligen Lebensmittelgroßhändler CC Pfeiffer, heute Transgourmet, zunächst Abteilungsleiter für Wein (Ausbildung zum Barkeeper und Diplomsommelier zuvor in den saisonbedingten Pausen), später Abteilungsleiter Getränke und Diplomsommelier. Betriebsrat seit 1998, in seiner aktuellen Funktion als stellvertretender Vorsitzender des Zentralbetriebsrats seit Herbst 2019 freigestellt. In seiner Freizeit engagiert sich Freudenthaller beim Roten Kreuz. Er lebt bis heute in Steyr, ist verheiratet und Stiefvater eines erwachsenen Sohnes.
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