Für Mario Pichler, den Vorsitzenden der GPA-Jugend Kärnten, ist die Gewerkschaft sein liebstes Hobby. Die Zukunft der Arbeit sieht er in flexibler Zeiteinteilung, der inhaltliche Austausch mit anderen Betriebsrät:innen bereichert ihn enorm.
Die gewerkschaftliche Karriere von Mario Pichler begann 2016 mit einem Vertrauensmandat der GPA-Jugend. Ein grundlegendes Verständnis für Funktion und Wichtigkeit der Sozialpartnerschaft hat der junge Mann, der nach einer Fachschule für Computer und Kommunikationstechnik eine Lehre mit Matura als Bürokaufmann absolvierte und im September 2020 bei dem Energiedienstleister Kelag anheuerte, schon seit Kindheitstagen: „Meine Mutter arbeitet in der Arbeiterkammer, ich habe schon früh erkannt, dass eine gute Vertretung viel für die Menschen bewegen und verändern kann. Mit den solidarischen Prinzipien von Arbeiterkammer und Gewerkschaft habe ich mich seit Kindheitstagen stark identifiziert.“ Als Jugendvertrauensrat begann er „Problemstellungen anderer Lehrlinge aufzugreifen und sie bei der Lösungsfindung zu unterstützen: Viele brauchten Hilfe bei der Vorbereitung auf Dienstprüfungen oder der Bewilligung von Freistellungen.“
Heute fungiert der energiegeladene 26-Jährige als Vorsitzender der GPA-Jugend Kärnten sowie der Österreichischen Gewerkschaftsjugend in Kärnten, als Bundesvorsitzender der sozialistischen Gewerkschaftsjugend und als stellvertretender Bundesvorsitzender der GPA und ÖGB Jugend. In der Kelag ist Pichler einfaches Betriebsratsmitglied, er fokussiert dort auf die Anliegen von Lehrlingen und jungen Beschäftigten.
Solidarische Ziele erzeugen Zusammenhalt
Pichler ist ein politischer Kopf, er denkt vernetzt und bringt dadurch anstehende Probleme auch gleich auf eine Lösungsebene: „Ich bin seit meinem 12. Lebensjahr politisch aktiv, engagiere mich bei der SPÖ-Jugend und helfe in diversen Vereinen mit. Für mich ist es ein guter Weg, sich für andere Arbeitnehmer:innen einzusetzen. Da kann ich etwas bewegen.“
Seit 2020 setzt sich Pichler als Mitglied des Betriebsratsteams in der Kelag neben seiner Tätigkeit im Bereich Kundenmanagement und Marktpartnerkommunikation für die Anliegen der Belegschaft ein: „Die Gewerkschaft ist quasi mein Hobby, ich beschäftige mich sehr gerne neben meiner Arbeit mit den Problemen und Anliegen meiner Kolleg:innen.“ Der Kontakt zu den Menschen macht ihm „einfach Spaß: Ich komme mit den Menschen schnell ins Gespräch, so lerne ich sehr viele neue Leute kennen. Als Betriebsrat redet man auch mit Beschäftigten aus anderen Betrieben und Funktionär:innen aus der Gewerkschaft und kann so Erfahrungen austauschen. Wir kämpfen für dieselben Grundwerte, das erzeugt einen tollen Zusammenhalt.“
„Ich setze mich mit voller Kraft für die Anliegen und Nöte junger Beschäftigter ein.“
Mario Pichler
Im Betrieb sucht Pichler den direkten Kontakt zu den Kolleg:innen um ein Gespür für ihre Bedürfnisse und Problemlagen zu bekommen: „Ich vertrete die Kelag in den Gewerkschaftsgremien, im Betrieb achte ich vor allem auf die Anliegen unserer jungen Beschäftigten und versuche das Beste für sie herauszuholen. Da kann ich viele Verbindungen zu meiner Funktion als Vorsitzender der GPA-Jugend in Kärnten herstellen.“ Das Klima in der Kelag sei speziell für die jungen Mitarbeiter:innen angenehm, Pichler versucht sich einen Überblick über aktuelle Herausforderungen in der Arbeitswelt zu verschaffen um „die Interessen junger Angestellter auch in seiner GPA-Funktion möglichst authentisch zu vertreten: Eine gute Work-Life Balance gehört mittlerweile zu den Standard-Ansprüchen. Wichtig ist auch, dass die Entlohnung pünktlich und in einer angemessenen Höhe kommt – das gibt finanzielle Sicherheit und Unabhängigkeit. Das Leben muss für die junge Generation leistbar bleiben.“
Hast du schon einmal überlegt selbst einen Betriebsrat zu gründen?
Wenn es bei dir im Betrieb mindestens 5 Beschäftigte gibt, kann eine Betriebsratswahl stattfinden. Dein Chef/deine Chefin, darf die Wahl nicht behindern. Als Betriebsrätin/Betriebsrat hast du einen besonderen Kündigungsschutz und du kannst einen Teil deiner Arbeitszeit für die Betriebsratstätigkeit verwenden. Wir unterstützen und begleiten dich und deine KollegInnen bei der Durchführung der Betriebsratswahl.
Du möchtest mit uns darüber reden? Dann wende dich an unsere Beratung in deinem Bundesland. Alle Kontakte findest du hier: https://www.gpa.at/kontakt
Neue Anreize für die 4-Tage Woche sind für Pichler nur ein möglicher Baustein auf dem Weg zur flexiblen Arbeitseinteilung der Zukunft: „Die Beschäftigten sind motiviert und wollen etwas leisten. Sie wollen dabei zeitlich möglichst unabhängig sein und ihre Arbeitsphasen bestmöglich am Privatleben orientieren.“ In den Augen des Funktionärs sollte es daher beispielsweise möglich sein, „morgens eine Bergtour zu machen und später in den Arbeitstag zu starten oder eine längere Mittagspause zu machen, wenn die Verpflichtungen zur Kinderbetreuung das erfordern: Manche wollen ihre Arbeit komprimiert an vier Tagen leisten, andere wollen mehr als einen Tag im Homeoffice arbeiten, manche bevorzugen klassische Achtstunden-Arbeitstage.“ Arbeit und Privatleben müssten flexibel verschmelzen können, je nach den Bedürfnissen der Beschäftigten: „Das erhöht auch die Produktivität.“
Die Triebfeder für die gewerkschaftliche Tätigkeit ist für Pichler „der politische Austausch mit anderen Gewerkschafter:innen: „Ich habe mir einen richtig engen Freundeskreis aufgebaut, bei den Veranstaltungen treffe ich regelmäßig junge Funktionär:innen mit ähnlichen Interessen – wir tauschen uns aus und schärfen gemeinsam unsere Forderungen. Wir wollen gemeinsam etwas bewegen, das erfüllt mich.“
Gewerkschafter:innen können gemeinsam viel bewegen
Erste aktionistische Erfahrungen hat Pichler bereits zu Beginn seiner Karriere als Jugendvertrauensrat gesammelt: Diese Funktion stand damals knapp vor der Abschaffung. Ich war ein Teil einer großen Bewegung, die gegen die Abschaffung rebelliert hat – das war ein Knackpunkt meiner gewerkschaftlichen Karriere. Ich habe gesehen, wie viel wir schaffen können, wenn wir uns zusammenschließen.“
Auf Landesebene sieht Pichler gerade in Kärnten einige spezielle Themenbereiche, die junge Arbeitnehmer:innen stark betreffen: „Die meisten Probleme gibt es aktuell in den Bereichen Gastronomie und Tourismus. Wir kämpfen dafür, dass jede geleistete Überstunde auch ausbezahlt wird und es Unterstützung bei unzumutbaren Arbeitsbedingungen oder anderen Problemen gibt.“
Gerade Berufseinsteiger:innen, die in den vergangenen Jahren massiv unter der Corona-Pandemie gelitten haben, reagieren laut Pichler sehr intensiv auf die wachsenden Belastungen: „Viele sind psychisch ausgebrannt oder überfordert. Es gibt zu wenig Lehrpersonal, dabei bräuchte es gerade beim Berufseinstieg begleitende Coaches oder Mentor:innen.“ Daher dränge die GPA-Jugend auf „den Ausbau der Therapieplätze auf Kassenkosten um die Menschen wieder gesund in den Arbeitsmarkt zu bekommen: Davon profitieren die Dienstnehmer:innen ebenso wie die Wirtschaft insgesamt.“
Pichler möchte, dass die Berufsorientierung bereits in der Pflichtschule noch größere Einblicke in mögliche Berufsbilder gibt: „Man sollte ausprobieren können, was einem Spaß und Erfüllung bringt, bevor man sich auf einen Beruf festlegt, den man dann viele Jahre lang ausübt.“ Klar sei auch, dass die Arbeitsmotivation steige, wenn „das Berufsbild passend ist: Man geht lieber zur Arbeit, wenn man seinen Beruf mag und seine Tätigkeit richtig gerne macht.“
„Ich setze mich dafür ein, dass junge Beschäftigte faire Arbeitsbedingungen vorfinden und ihre Löhne pünktlich ausbezahlt werden.“
Mario Pichler
Der Gewerkschafter wünscht sich „mehr Chancengleichheit für Auszubildende: Praktikant:innen müssen fair entlohnt werden, Arbeitsverträge kann man bei der GPA gegenchecken lassen, um keine bösen Überraschungen zu erleben.“ Für Lehrlinge fordert Pichler Ferien nach dem „5-4-3 Modell“, also gestaffelte Sommerferien je nach dem Erfolg bei der Lehrabschlussprüfung.
Pichlers politische Vision einer besseren Arbeitswelt ist stark durch seine Herkunft aus „einer klassischen Arbeiterfamilie geprägt: Ich möchte die Mittelschicht stärken, damit sich arbeitende Menschen in diesem Land einen angemessenen Wohnraum und einen gewissen Wohlstand für sich und ihre Kinder leisten können.“ Auf die Schwächeren dürfe man „nicht noch weiter schimpfen und hintreten: Wir alle profitieren davon, wenn alle Menschen im Land ein vernünftiges Leben führen können.“
Die Klimakleber:innen will Pichler nicht öffentlich verurteilen, sondern „lieber die Unternehmen in die Pflicht nehmen: Ich verstehe das Anliegen der jungen Leute und bin gegen Strafen, obwohl ich die Art und Weise des Protestes nicht ganz richtig finde. Besser wäre es, von den Betrieben eine Schadstoff-Steuer einzuheben, die nicht an die Endverbraucher:innen weitergegeben werden darf.“
Verbesserungen für die Jugend in Kollektivverträgen verankern
Von der Spitzenpolitik wünscht sich Pichler „einen Hauch mehr Menschlichkeit statt abgedroschener Sprüche zur angeblichen Normalität: Ich erwarte mir arbeitnehmerorientierte Impulse, die uns weiterbringen.“ Auf gewerkschaftlicher Ebene stellt Pichler die Zusammenarbeit über alle Fraktionen hinweg an die erste Stelle: „Es muss ein Miteinander für die Interessen der arbeitenden Menschen geben.“
Für die bevorstehenden Start der Kollektivvertragsverhandlungen im September will Pichler, der heuer als Berufseinstiegs-Beauftragter im Energieversorgungsbereich im Dezember erstmals dabei sein wird, „branchenübergreifende Verbesserungen für die Jugend erzielen: Die jungen Arbeitnehmer:innen müssen die zentralen Parameter ihrer Forderungen auf den Tisch legen und den alten Hasen mitgeben: Das wäre zum Beispiel eine angemessene Lehrlingsentschädigung von der man leben kann bereits im ersten Lehrjahr sowie eine sechste Urlaubswoche für alle Arbeitnehmer:innen. Das wollen wir als GPA-Jugend in allen Kollektivverträgen verankert wissen.“
Zur Person
Privat ist Mario Pichler viel auf den Bergen unterwegs, sein größtes Hobby ist das Eisstockschießen. Er spielte 10 Jahre lang im Nationalteam und krönte seine Liebe zu diesem Sport in der Saison 2019/20 mit dem Vizeweltmeister-Titel.