Warum wir eine Millionärssteuer brauchen!

Protestaktion der Gewerkschaft GPA am Ballhausplatz: Derzeit beruht die Finanzierung unseres Sozialstaates zu 80 Prozent
auf Steuern auf Arbeit und Konsum.

„Besteuert uns endlich!“, lautet die Forderung einer Initiative von Millionärinnen und Millionären, der unter anderem die österreichische Millionenerbin Marlene Engelhorn angehört. Inzwischen wird die Liste der UnterstützerInnen der Initiative
taxmenow.eu immer länger. Aber offenbar ist der Einfluss jener Vermögenden, die Widerstand gegen eine Steuer leisten, noch groß genug, um sie zu verhindern. Die Mehrheit der ÖsterreicherInnen und Österreicher sieht dagegen längst die
Notwendigkeit einer Vermögenssteuer.

Österreich ist ein Land mit einer extremen Vermögensungleichheit. Das reichste Prozent hält rund 40 Prozent des gesamten Vermögens. Die untere Hälfte hingegen nur 2,8 Prozent. Im internationalen Vergleich ist Österreich Schlusslicht bei den vermögensbezogenen Steuern.

Vermögen ist in Österreich besonders ungleich verteilt.

Die Coronakrise und die Teuerungskrise haben die Ungleichheit noch verschärft: Seit dem Jahr 2020 gingen weltweit 63 Prozent aller Vermögenszuwächse an das oberste Prozent der Reichen.

„Eine überwältigende Mehrheit der Bevölkerung, quer durch alle Schichten und Weltanschauungen, befürwortet inzwischen eine Millionärssteuer.“

Barbara Teiber

Die Einkommensverluste während Corona und die Teuerung haben bei großen Teilen der Bevölkerung zu existentiellen Problemen geführt. Die große Mehrheit sieht die Teuerung inzwischen als das größte Zukunftsproblem. Die Gewerkschaft GPA präsentierte schon zum Jahreswechsel die Ergebnisse einer IFES-Studie zu diesem Thema.

Österreich war bei Hilfen für Unternehmen besonders großzügig. Die Nationalbank hat das analysiert und festgestellt, dass die Betriebe während der Pandemie trotz einbrechender Wirtschaft und rückläufiger Umsätze ihre Finanzpolster deutlich stärken konnten. Mit den Hilfen wurden Unternehmen nicht nur gerettet, sondern sogar überfördert und deren Wert gesteigert.

„Natürlich haben die staatlichen Zuschüsse für Unternehmen Arbeitsplätze gerettet und Arbeitslosigkeit verhindert, wir dürfen aber nicht vergessen, dass mit unserem Steuergeld damit auch die privaten Vermögenswerte vieler Unternehmer gerettet wurden. Eine Besteuerung wäre somit auch eine Rückgabe von Geld an die Allgemeinheit, die Reichtum einzelner ermöglicht und gesichert hat“ sagt der Leiter der GPA-Grundlagenabteilung David Mum. Völlig absurd ist es, dass Unternehmen zuerst mit zig Milliarden unterstützt wurden und als Draufgabe noch die Besteuerung der Gewinne reduziert wurde. Das ist eine massive Umverteilung nach oben.

Gefahr für Demokratie

Hohe Vermögensungleichheit ist ungerecht und ökonomisch schädlich, gefährdet aber zunehmend auch die Demokratie. Die Superreichen haben weltweit massiven Einfluss auf Medien. Eine ganze Beratungsindustrie lebt davon, die Reichen darin zu unterstützen, Steuern zu vermeiden, Gewinne zu verstecken und zu verschieben, während öffentliche Haushalte zunehmend Probleme haben, die notwendige Infrastruktur etwa im Gesundheitswesen, bei den Verkehrswegen oder bei Bildungseinrichtungen sicherzustellen.

Ökologischer Fußabdruck

Die reichsten 10 Prozent erzeugen mehr als viermal so viel CO2 wie die ärmsten 10 Prozent: Reiche „kosten“ der Gesellschaft also zusätzlich durch ihren übermäßigen Konsum und einen verschwenderischen Lebensstil, der die Umwelt stark belastet. Eine Vermögenssteuer wäre somit ein wichtiger Beitrag, um mehr Kostenwahrheit herzustellen.

„Natürlich haben die staatlichen Zuschüsse für Unternehmen Arbeitsplätze gerettet und Arbeitslosigkeit verhindert, wir dürfen aber nicht vergessen, dass mit unserem Steuergeld damit auch die privaten Vermögenswerte vieler Unternehmer gerettet wurden.“

David Mum

Dass MillionärInnen und multinationale Konzerne zu den Profiteuren der Krise gehören, das sehen auch 80 Prozent der ÖsterreicherInnen so: Das geht aus einer Studie hervor, die im Dezember 2022 von IFES durchgeführt wurde. Die Zustimmung zu Millionärssteuern (Vermögens- und Erbschaftssteuer) ist konstant hoch: Zwei Drittel sehen die Notwendigkeit einer höheren Besteuerung. Über 60 Prozent glauben, dass Vermögensaufbau primär durch Erbschaften und nicht durch harte Arbeit möglich ist.

Bemerkenswert dabei sind auch die Detailergebnisse der Befragung. Jüngere Menschen, insbesondere junge Männer unter 29, glauben am häufigsten daran, dass Vermögensaufbau durch harte Arbeit möglich wäre. Bei älteren Menschen sinkt dieser Wert deutlich. Die Zustimmung zu Erbschafts- und Vermögenssteuern ab einer Million Euro ist relativ gleichmäßig über die österreichische Bevölkerung verteilt. In allen Einkommensgruppen gibt es dazu eine hohe Zustimmung. Auch bei unterschiedlichen Parteipräferenzen bleibt die Zustimmung zu einer Millionärssteuer konstant hoch. So sagen etwa auch ÖVP-WählerInnen zu 74 Prozent, dass sie diese Maßnahmen sehr gut bzw. eher gut finden.

Wer zahlt für die Krisenbewältigung?

Um die negativen Folgen der Krisen abzufedern, musste sich der Staat in großem Ausmaß höher verschulden. Dieses Budgetdefizit muss irgendwann wieder verringert werden. Damit das nicht zu Lasten des Sozialstaates geschieht, sind höhere Steuern auf Vermögen unerlässlich. Schon jetzt gibt es Indizien für Pläne, beim öffentlichen Pensionssystem zu kürzen, um die Staatsausgaben zu verringern.

Im internationalen Vergleich ist der Anteil der vermögensbezogenen Steuern am Steueraufkommen in Österreich niedrig.

Derzeit beruht die Finanzierung unseres Sozialstaates zu 80 Prozent auf Steuern auf Arbeit und Konsum. Für künftige Herausforderungen und für eine bessere Zukunft braucht der Staat Spielraum, der durch eine Millionärssteuer geschaffen wird. „Die Befragungsergebnisse zeigen, dass trotz der ständigen Beeinflussung der öffentlichen Meinung, eine überwältigende Mehrheit der Bevölkerung, durch über alle Schichten und Weltanschauungen inzwischen eine Millionärssteuer befürwortet. Wie immer eine künftige Regierung zusammengestellt ist, sie ist gut beraten, diesem Wunsch der großen Mehrheit Rechnung zu tragen. Wir werden sicherlich nicht tatenlos zusehen, wenn versucht wird, an den Grundfesten des Sozialstaates zu rütteln. Wir brauchen dringend mehr Geld für die Bewältigung der großen gesellschaftlichen Herausforderungen der Zukunft. Für eine bessere Zukunft für uns alle!“, betont GPA-Vorsitzende Barbara Teiber.

Das GPA-Modell für eine Millionärssteuer
betrifft Nettovermögen über 1 Million Euro und ist progressiv ausgestaltet. Durch einen hohen Freibetrag sind nur die reichsten 3 bis 4 Prozent der Haushalte betroffen. Mit dem Modell sind jährlich rund 5 Milliarden Euro an Einnahmen möglich. Du willst prüfen, ob du von einer Millionärssteuer betroffen wärst?
Nutze den GPA-Millionärssteuerrechner

Was man mit den Einnahmen einer Millionärssteuer machen kann:

Armutsbekämpfung: Knapp 15 Prozent der ÖsterreicherInnen sind armutsgefährdet – das sind 1,3 Millionen Menschen. Darunter befinden sich 320.000 Kinder. Wir brauchen eine Anhebung aller sozialstaatlichen Leistungen über die Armutsgrenze.

Ausbau der Langzeitpflege: Österreich braucht dringend mehr Personal in den Pflegeheimen, einen Ausbau der häuslichen Betreuung und Pflege, eine psychosoziale Beratung für pflegende Angehörige, eine Verbesserung der Qualität und die Abschaffung der Selbstbehalte in der mobilen Pflege sowie eine Gehaltsangleichung von Pflege an den
Akutbereich.

Elementarpädagogik zukunftsfit machen: Wir brauchen eine flächendeckende Betreuung
für unter 3-jährige in ganz Österreich, mehr Plätze und längere Öffnungszeiten, mehr
PädagogInnen und bessere Arbeitsbedingungen, einen niedrigeren Fachkraft-Kind-Schlüssel und ein kostenloses 2. Kindergartenjahr für alle Kinder.

Ökosoziale Transformation: Bis 2030 benötigt Österreich ca. 60.000 zusätzliche Jobs mit klimarelevanter Qualifikation. Dazu brauchen wir eine Ausbildungsoffensive, zusätzliche Planstellen im Arbeitsmarktservice sowie eine Jobgarantie für Langzeitarbeitslose und
VerliererInnen im Transformationsprozess. Ebenso müssen die Leistungen der Arbeitslosenversicherung existenzsichernd gemacht werden.

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