Zwei Hände reichen nicht aus, um die diesjährigen Angriffe auf die österreichische Sozialpartnerschaft und das damit verbundene Kammersystem abzuzählen. Wer greift hier eigentlich was an und warum?
Die Kommentare reichen von der Kürzung der Kammerbeiträge über die Abschaffung der Pflichtmitgliedschaft bis hin zum Totreden der Sozialpartnerschaft. Traditionell werden in Österreich ArbeitnehmerInnnen durch die Arbeiterkammer und ArbeitgeberInnen durch die Wirtschaftskammer vertreten. Die Kammern erfüllen dabei im Interesse ihrer Mitglieder zahlreiche Aufgaben. So führte die Arbeiterkammer im vorigen Jahr zwei Millionen Beratungen zu den Themen Arbeits-, Sozial-, Steuer- und Konsumentenrecht durch. Im Schnitt nahm also jede/r zweite Beschäftigte dieses Service in Anspruch. Gemeinsam mit den Gewerkschaften führen die Kammern für ihre Mitglieder auch politische Verhandlungen. Sie beeinflussen durch Stellungnahmen geplante Gesetze mit Auswirkungen auf Arbeit und Wirtschaft und sorgen für einen fairen Interessenausgleich. ArbeitgebervertreterInnen verhandeln mit den Gewerkschaften ein Kollektivvertragssystem, das geregelte Arbeitsverhältnisse garantiert.
Kennzahlen wie die ausgezeichneten Rankings zur Lebensqualität oder zum Wirtschaftsstandort zeugen davon, dass es vielen Menschen und Unternehmen in Österreich gut geht. Der soziale Frieden ist auch Verdienst dieser jahrzehntelangen Partnerschaft. Der Präsident der Kärntner Wirtschaftskammer meinte im April in einem Gastkommentar in der Presse: „Gäbe es die Wirtschaftskammer und die Pflichtmitgliedschaft nicht – man müsste sie zum Wohl der Unternehmen glatt erfinden.“ Als mittelständischer Unternehmer weiß er, wovon er spricht – die meisten Leistungsangebote erbringt die Wirtschaftskammer nämlich für ihre klein- und mittelständischen Unternehmen.
Welche lauten Stimmen ertönen also, wenn wieder einmal versucht wird, den Ruf des Interessenausgleichs der ArbeitnehmerInnen und ArbeitgeberInnen zu beschädigen? Nicht jene der ArbeitnehmerInnen – sie wissen um den Wert des Rückhalts bei Arbeiterkammer und Gewerkschaft Bescheid. Nicht jene der Klein- und MittelunternehmerInnen – sie schätzen das Leistungsangebot ihrer Kammern und Berufsverbände. Es sind die Stimmen mancher GroßunternehmerInnen und Industrieller. Jener, die sich ihre ganz persönlichen BeraterInnen und Lobbyisten leisten können oder vielleicht ihre Interessen bereits in einer Briefkastenfirma gesichert haben.
Die GPA-djp und die anderen ArbeitnehmervertreterInnen werden sich gemeinsam mit den ArbeitnehmerInnen weiterhin dagegen wehren, dass die Arbeiterkammer zu einem zahnlosen Tiger wird. Weil ArbeitnehmerInnen unabhängig vom Geldbörsl zu ihrem Recht kommen müssen!