Technikerin mit Softskills

Foto: AK

Chiara-Alena Lintner, angehende Mechatronikerin bei der AUA, liebt ihren abwechslungsreichen Beruf. Als Vorsitzende des Jugendvertrauensrates setzt sie sich mit viel Engagement für die Lehrlinge ein und hat in einer fragilen Branche geholfen, sie gut durch die Pandemie zu bringen.

Chiara-Alena Lintner (23) absolviert ihr drittes Lehrjahr in Mechatronik und Fertigungstechnik bei den Austrian Airlines am Flughafen in Schwechat. Vor Beginn ihrer Lehre hat sie bereits die Matura abgelegt, im nächsten Februar wird sie zur Lehrabschlussprüfung antreten.

Begonnen hatte Lintner eine Lehre als Flugzeugtechnikerin, dann kam Corona und plötzlich stand alles still. Mittels staatlicher Unterstützung und Kurzarbeit rettete man die Arbeitsplätze, aber würden junge FlugzeugtechnikerInnen weiterhin Jobs finden? „Mit dieser Ausbildung hast du außerhalb der AUA in Österreich keinen Arbeitsmarkt. Daher schien es uns allen sinnvoll, die Lehrlingsausbildung neu aufzustellen“, erzählt Lintner.

Die AUA-Lehrlinge folgen nun der Berufsschulausbildung für Mechatronik und Fertigungstechnik. Im Betrieb werden die Module für die Wartungslizenz durchgenommen. MechatronikerInnen haben in vielen Branchen beste Jobaussichten, und die Ausbildung als solche konnte auf diesem Weg inhaltlich optimiert werden.

„Mit dieser Ausbildung hast du außerhalb der AUA in Österreich keinen Arbeitsmarkt. Daher schien es uns allen sinnvoll, die Lehrlingsausbildung neu aufzustellen.“

Chiara-Alena Lintner

„Im Jugendvertrauensrat war das natürlich ein wichtiges Thema“, erinnert sich Lintner. „Anfangs waren viele Lehrlinge verunsichert, weil sie befürchteten, womöglich nicht die Ausbildung zu bekommen, für die sie sich beworben hatten. Aber am Ende war der Beschluss einstimmig – es war die richtige Entscheidung.“

Ausbildung bei der AUA

Als Jugendvertrauensrat bei der AUA, beschreibt Lintner, ist man bestens aufgehoben: „Freistellungen für Kurse sind nie ein Problem und wir haben ein hervorragendes Verhältnis zu den Vorgesetzten.“ Das mag auch daran liegen, dass im Unternehmen ein starker Betriebsrat fest verankert ist, der den Jugendvertrauensrat unterstützt. „Trotzdem ist es wichtig, dass es auch einen eigenen Jugendvertrauensrat gibt, der die spezifischen Probleme der Lehrlinge und jungen MitarbeiterInnen versteht und ihre Anliegen vertritt.“

Lehrstellen bei der AUA waren immer heiß begehrt – Flugzeugtechnik ist eben doch ein Beruf mit einem gewissen Etwas. Vor Corona bewarben sich jährlich rund 300 KandidatInnen, seit der Pandemie sind es etwas weniger. Zehn bis zwölf Lehrlinge werden jedes Jahr mittels eines Assessmentcenters ausgewählt. Insgesamt sind derzeit rund 30 Lehrlinge in Ausbildung, üblicherweise werden alle Lehrlinge, sobald sie die Lehrabschlussprüfung abgelegt haben, vom Betrieb übernommen.

„Die Lehre war während Corona natürlich nicht das gleiche. Als die Flugzeuge am Boden waren, gab es einfach zu wenig zu tun, sowohl bei der Wartung, als auch in den Werkstätten. Seither hat sich alles zum Glück wieder normalisiert“, beschreibt Lintner die vergangenen Monate.

Wie geht es weiter nach der Lehre? „Flugzeugwartung“, sagt Lintner, „ist ein Beruf, bei dem man ständig weiterlernen muss. Schon allein weil immer wieder neue Flugzeugtypen auf den Markt kommen.“ Während der Lehre belegt man Kurse für die sog. ‚Cat-A-Lizenz’, einem Zertifikat, das zu bestimmten Wartungsarbeiten berechtigt. Dafür sind etliche Module in Fächern wie Mathematik, Physik und Elektrotechnik notwendig, ebenso wie Praxisnachweise nach der Lehrzeit u.a.m. Danach kann man sich mittels weiteren Lizenzen spezialisieren. „Das dauert alles zehn Jahre und mehr“, erklärt Lintner, „Flugzeugtechnik ist anspruchsvoll, aber auch sehr abwechslungsreich.“

„Die Lehre war während Corona natürlich nicht das gleiche. Als die Flugzeuge am Boden waren, gab es einfach zu wenig zu tun, sowohl bei der Wartung, als auch in den Werkstätten. Seither hat sich alles zum Glück wieder normalisiert.“

Chiara-Alena Lintner

Eine Besonderheit ist, dass alle Lehrlinge neben ihrer Lehre auch die Matura ablegen. Die Maturakurse finden während der Arbeitszeit statt, die LehrerInnen kommen sogar in den Betrieb, z.T. finden auch Maturaprüfungen im Betrieb statt. Das alles ist für die Lehrlinge kostenlos. „Mathematik ist bei uns ein zentrales Fach, und auch Englisch müssen wir ohnehin alle lernen, in unserer Branche ist gutes Englisch einfach ein Muss“, erklärt Lintner. Daher lernen alle zusätzlich noch für die Matura. Wer gute Noten hat, kann sich überdies auch für Erasmus für Lehrlinge bewerben und für eine Zeitlang ins Ausland gehen.

Frauen in der Flugzeugtechnik

In Lintners Lehrjahr sind drei Mädchen, insgesamt sind sie unter den Lehrlingen zu fünft. „Wir werden als Frauen vom Unternehmen sehr gut unterstützt. Mobbing oder sexuelle Übergriffe können z.B. gemeldet werden, die Fälle werden geprüft und gelöst“, lobt Lintner den Umgang mit etwaigen Problemen. „Dass es hier gute Vorkehrungen bzw. Maßnahmen gibt liegt wohl auch daran, dass wir generell im Betrieb eine gute Fehlerkultur haben. Wir gehen offen damit um. Es ist nicht schlimm, wenn Fehler passieren – schlimm wäre es nur, sie zu vertuschen.“

Mehr Mädchen in technische Lehrberufe zu bringen, wie funktioniert das? Das Unternehmen geht auf junge Frauen zu, indem es z.B. auf Berufsmessen aktiv um Mädchen wirbt. Insgesamt besteht im technischen Bereich allerdings noch Nachholbedarf, die Mehrheit der Beschäftigten in der Technik sind nach wie vor Männer. „Es werden übrigens keine ‚Quotenmädchen’ aufgenommen!“, fügt Lintner hinzu, „Alle Lehrlinge müssen durchs Assessmentcenter, wo überprüft wird, ob ein Lehrlinge für den Beruf geeignet ist.“

Dass weibliche Techniker mittlerweile normal sind, bemerkt man auch an Kleinigkeiten wie neuer Arbeitskleidung. „Unsere Polos sind unisex, aber die Hosen gibt es nun mit Damenschnitt. Nur die Jacken sind noch ein wenig zu groß“, beschreibt Lintner.

Das vorgestrige Argument, Frauen hätten zu wenig Kraft für technische Berufe, widerlegt die junge Frau mit links: „Ja, für manche Tätigkeiten braucht es Kraft. Aber für andere muss man klein und flexibel sein, z.B. wenn wir zum Arbeiten in enge Räume klettern müssen, das kommt bei der Flugzeugwartung öfter vor. Und da bin ich als eher zierliche Frau dann im Vorteil! Die Mischung macht’s aus – in einem guten Team brauchen wir Leute mit verschiedenen Fähigkeiten, und eben auch mit unterschiedlicher Größe und Kraft.“

Jugendvertrauensrätin

Die Kandidatur für den Jugendvertrauensrat war eine eher spontane Entscheidung. „Da ich sehr kommunikativ bin, war ich oft der Kummerkasten und habe bei Konflikten vermittelt“, erinnert sich Lintner. Als dann im zweiten Lehrjahr die JVR-Wahlen anstanden, machte sie aus ihrem Talent einen offiziellen Auftrag. Und seit der diesjährigen Neuwahl ist sie nun auch die frisch gebackene Vorsitzende des Jugendvertrauensrates! Mit mittlerweile 23 geht sich altersmäßig genau noch eine Periode aus, und so bleibt genug Zeit für eine geordnete Übergabe.

Der Großteil der Probleme, die es zu lösen gilt, beschreibt Lintner eher als Mediationsarbeit, nicht als offene Konflikte mit Vorgesetzten oder dem Unternehmen. So stellte sich bei einem Lehrling nach plötzlicher Erkrankung die Frage, wie und ob dieser seine Lehre abschließen könne. Bei einem anderen Fall war es notwendig das Verhalten der Lehrlinge untereinander zu verbessern. „Solche Probleme zu lösen ist knifflig, zeitintensiv und verlangt viel Fingerspitzengefühl“, umreißt Lintner ihre Arbeit. „In den JVR-Schulungen lernen wir viel Arbeitsrecht, aber ich brauche eigentlich mehr Softskills, da ich vor allem lernen muss, mit Menschen gut umzugehen. Das wichtigste ist, ein offenes Ohr für alle zu haben!“

Verdienst

Eins steht fest: Wer als Technik-Lehrling bei der AUA arbeitet, der tut es nicht der hohen Bezahlung wegen. Denn die Lehrlingsentschädigung, kritisiert Lintner, ist leider doch ein Wermutstropfen in der ansonsten hervorragenden Ausbildung. „Wer diese Lehre absolviert und in dieser Branche arbeitet, der macht es aus Leidenschaft und Überzeugung.“ Derzeit muss man nach der Lehre nicht auf Plätze im Betrieb warten. Aufgrund einer Pensionierungswelle werden Stellen für junge ArbeitnehmerInnen frei. Man hat daher gute Chancen auf ein rasches Vorankommen auf der Karriereleiter.

Corona brachte ein Krisenpaket und einen Gehaltsverzicht mit sich. Bis 2024 wird auf jeden Fall noch gespart. „Aber danach werden wir bei den KV-Verhandlungen ordentlich Druck machen, denn so kann es nicht bleiben“, verspricht Lintner.

Gewerkschaft

Die Gewerkschaft ist im Unternehmen fest verankert. Fast alle Lehrlinge sind Gewerkschaftsmitglieder – das gehört bei uns einfach dazu“, findet Lintner. „Wir haben einen sehr starken Betriebsrat, und zwischen Betriebsrat und Jugendvertrauensrat herrscht Einigkeit. Von der Gewerkschaft bekommen wir jederzeit Hilfe und Unterstützung. Lehrlinge, die neu zu uns kommen, verstehen bei Problemen immer sofort, warum das so wichtig ist!“

Was auf ihrer Agenda steht für ihre nächste Periode als Jugendvertrauensrätin: „Wenn wieder eine Krise kommt, so wie Corona, und der Betrieb aus welchem Grund auch immer stillsteht: Wir brauchen einen besseren Notfallplan für die Lehrlinge! Natürlich war der Stillstand eine Katastrophe für die Airline. Jeder Tag, an dem die Flugzeuge am Boden bleiben, bedeutet enorme Kosten.“ Doch aus solchen Situationen, argumentiert Lintner, lernt man auch. „Jugendliche müssen aufgefangen werden, die Ausbildung muss weiterlaufen. Es gab während der Pandemie zu große Defizite, das hatte auch psychische Folgen, gerade für junge Menschen. Daher brauchen wir einen besseren Plan für den Ernstfall, für eine schnellere und effektivere Zusammenarbeit.“

Zur Person:
Chiara-Alena Lintner wohnt im Burgenland und legt täglich einen ziemlich weiten Weg an ihren Arbeitsplatz zurück. Das lässt ihr im Alltag wenig Freizeit. An den Wochenenden genießt sie die Natur direkt vor der Haustür, die Weinwanderwege, und auch die Sportmöglichkeiten als Ausgleich zur Arbeit. Ihr liebstes Hobby sind ihre Tiere: Nach und nach haben sich eine Cockerspaniel-Hündin, zwei Katzen, zwei Meerschweinchen und kürzlich auch zwei Welpen eingefunden. Mit viel Begeisterung betreut sie zu Hause ihren kleinen Zoo.

Wozu JugendvertrauensrätInnen?

Für Lehrlinge und jugendliche ArbeitnehmerInnen sind JugendvertrauensrätInnen die ersten AnsprechpartnerInnen für alle Fragen rund um die Themen Arbeiten und Ausbildung.
So wie BetriebsrätInnen die Interessen aller ArbeitnehmerInnen des Betriebes vertreten, sind JugendvertrauensrätInnen speziell für die Anliegen der Lehrlinge und der jugendlichen ArbeitnehmerInnen da. Sie kümmern sich darum, dass du gehört wirst und sind deine betriebliche Interessenvertretung mit Biss.

Wichtig: Jugendliche ArbeitnehmerInnen und Lehrlinge dürfen auch während ihrer Arbeitsszeit mit Problemen und Anregungen zum/zur JugendvertrauensrätIn gehen.

JugendvertrauensrätInnen sind meist selbst mitten in der Ausbildung oder haben diese gerade erst abgeschlossen. Genau darum Wissen sie auch wo der Schuh drückt und können deine Interessen bestens vertreten.

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