
Foto: privat
Seit die FPÖ in Salzburg mitregiert, setzt sie im Sozialbereich den Rotstift an. Wer heute im Kinder- und Jugendbereich kürzt, zahlt morgen doppelt drauf, warnen Beschäftigte. 9.000 Salzburger:innen unterzeichneten eine entsprechende Petition.
Zwei oder vier Prozent – das klingt nach einem minimalen Unterschied. Für die Arbeit in der Kinder- und Jugendhilfe ist es ein Gravierender. Denn – im Unterschied zu anderen Bundesländern – will die Salzburger ÖVP-FPÖ-Regierung die Tagessätze in der Kinder- und Jugendhilfe nicht um 4, sondern lediglich um 2 Prozent erhöhen. Die Regierung erhofft sich damit Einsparungen in Höhe von einer Million Euro, Beschäftigte in der Branche fürchten um die Qualität ihrer Arbeit.
„Kinder- und Jugendhilfe ist wirklich die ganz hohe Schule der Sozialen Arbeit. In den Wohngemeinschaften werden Kinder und Jugendliche mit den schwierigsten Lebensgeschichten betreut“, bekräftigt Edith Hanel, Betriebsratsvorsitzende bei „Rettet das Kind Salzburg“. Hanel hat selbst über 20 Jahre in einer Wohngemeinschaft gearbeitet, sie kennt die Herausforderungen: Kinder und Jugendliche brauchen rund um die Uhr Betreuung, an Wochenenden, an Feiertagen, nachts, 365 Tage im Jahr. Dass ausgerechnet in diesem Bereich gekürzt werden soll, kann sie nicht nachvollziehen. Dem Sparkurs könnten Fortbildungen, Supervisionen oder Ausflüge mit Kindern und Jugendlichen zum Opfer fallen, befürchtet Hanel. „Jedenfalls wird die Qualität der Betreuung darunter leiden“.
Rotstift im Sozialbereich
Schon jetzt ist die Finanzierung gemeinnütziger Einrichtungen auf Kante genäht. „Wir haben ohnehin bereits eine enorm hohe Auslastungsnotwendigkeit, damit die Einrichtungen kostendeckend funktionieren können“. Zu 97 Prozent müssen die Einrichtungen von „Rettet das Kind Salzburg“ belegt sein, damit sie am Monatsende keine roten Zahlen schreiben. „Das ist bereits jetzt eine massive Herausforderung“, so Hanel.
Seit die FPÖ das Sozialressort innehat, reiht sich die Kürzung ein in eine ganze Reihe von Einsparungsmaßnahmen im Sozialbereich. Im November wurde bekannt gegeben, dass Community-Nurses, die wohnortnahe Pflegeberatung in den Gemeinden anbieten, nicht mehr im vollen Umfang weiter finanziert werden. Auch die Schaffung einer Langzeitpflegeeinrichtung für psychisch Kranke wurde im November auf Eis gelegt.
„Kinder- und Jugendhilfe ist wirklich die ganz hohe Schule der Sozialen Arbeit. In den Wohngemeinschaften werden Kinder und Jugendliche mit den schwierigsten Lebensgeschichten betreut.“
Edith Hanel, Betriebsratsvorsitzende bei „Rettet das Kind Salzburg
Nun ist offenbar auch die Kinder- und Jugendbereich an der Reihe. Zwar errechnete die Salzburger Landesregierung höchstselbst, dass die Kostensteigerung für Personal und Sachaufwand bei 3,86 Prozent liege, den Einrichtungen gesteht sie jedoch nur zwei Prozent mehr Budget zu – und hofft so, im gesamten Bundesland eine Million zu sparen. Eine „kurzsichtige Rechnung“, wie Betriebsratsvorsitzende Hanel findet. Denn Geld spare sich die Landesregierung damit keines, ist Hanel überzeugt. ÖVP und FPÖ verschieben damit Kosten höchstens in die Zukunft – und zahle dann gleich doppelt. „Jede Einsparung im Kinder- und Jugendhilfebereich bringt Folgekosten mit sich, die in irgendeiner Form die öffentliche Hand belasten“.
Beispielsweise werden Jugendliche in den Einrichtungen auf den Arbeitsmarkt vorbereitet. Fällt diese Hilfe weg, steigt das Risiko für Arbeitslosigkeit – und im schlimmsten Fall für Kriminalität und Gefängnis. Für den Staat allemal teurer als eine ordentlich finanzierte Kinder- und Jugendhilfe.
Über 9.000 Menschen unterzeichnen Petition
Kritik an den Kürzungsplänen gab es unlängst auch von den Oppositionsparteien im Landtag, der Arbeiterkammer und der Gewerkschaft GPA. In einer Petition fordert die GPA, die geplanten Einsparungsmaßnahmen zurückzunehmen. Stattdessen brauche es „eine nachhaltige Finanzierung, die sich an den tatsächlichen Kostensteigerungen orientiert, um die Qualität der Betreuung zu sichern“, wie es im Petitionstext heißt.

Foto: GPA Salzburg
Auch Orhan Dönmez, als Regionalsekretär der GPA Salzburg für den Bereich Kinder- und Jugendhilfe zuständig, kritisiert das Sparprogramm. „Das Fatale ist, dass den Trägerorganisationen die 3,86 Prozent Erhöhung bereits letztes Jahr zugesichert wurde“, so Dönmez. Die einzelnen Einrichtungen seien bereits jetzt „mit minimalen Möglichkeiten“ ausgestattet – und müssen nun eine weitere Million einsparen.
„Langfristig sehe ich auch die Gefahr von Personaleinsparungen.“
Orhan Dönmez, Regionalsekretär der GPA Salzburg
Der Kollektivvertrag der Sozialwirtschaft wurde unlängst um vier Prozent erhöht, hinzu kommen inflationsbedingt höhere Ausgaben für Miete, Betriebskosten und Sachaufwände – mit einer Erhöhung von zwei Prozent ist klar, dass hier andernorts gespart werden muss. „Langfristig sehe ich auch die Gefahr von Personaleinsparungen“, befürchtet Dönmez. Wahrscheinlich nicht beim Betreuungspersonal, denn an den gesetzlichen vorgeschriebenen Betreuungsschlüssel lässt sich nur schwer rütteln, jedoch in der Verwaltung oder beim Reinigungspersonal. Wie Hanel sorgt sich auch Dönmez um die Qualität der Betreuung.

Foto: GPA Salzburg
Optimistisch stimmt ihn die unlängst eingebrachte Petition. Insgesamt wurde diese von 9.511 Menschen unterzeichnet und am Mittwoch, 19. März, in den Salzburger Landtag eingebracht. Von dort wandert sie nun in den dafür zuständigen Petitionsausschuss. „Ich bedanke mich bei allen, die diese Petition unterschrieben haben. Das sind über 9.500 Menschen, die der Meinung sind, dass hier an der falschen Stelle gespart wird“, so Dönmez.