In Österreichs Medien herrschen große Ungleichheiten. Die GPA-djp kämpft mit den Onlinern, den freien MitarbeiterInnen und den angestellten JournalistInnen bei Tages- und Wochzenzeitungen für einen neuen Kollektivvertrag.
Im 21. Jahrhundert kennt man auf Papier gedruckte Zeitungen und solche, die via Computer abrufbar sind. Im Gegensatz zu Printzeitungen können Internet-Zeitungen ihre Berichte um Audio- oder Video-Beiträge ergänzen und sie sind das schnellere Medium. Online-Medien sind weltweit abrufbar, ihre Auflage ist unbeschränkt, und die Produktionskosten sind im Vergleich zu Papier-Zeitungen geringer. Bloß wollen die ArbeitgeberInnen diese Pluspunkte in der Online-Medienbranche nur selten an ihre MitarbeiterInnen weitergeben.
Kollektivvertragsflucht
Die Online-RedakteurInnen sind im Gegensatz zu den Print-JournalistInnen meist schlechter gestellt, von der Bezahlung bis hin zu urheberrechtlichen Fragen. Denn für die „Onliner“ gilt in der Regel der Kollektivvertrag (KV) für Werbung und Marktkommunikation (mehr dazu auf Seite 21), für die Print-JournalistInnen aber der adäquate und besser bezahlte Journalisten-KV. Um diesen Kollektivvertrag zu umgehen, haben zahlreiche Medienunternehmen – darunter die „Presse“ und der „Kurier“ – Unternehmen gegründet, in denen der günstigere Werbe-KV gilt. Für die Gewerkschaft ein klarer Fall von Kollektivvertragsflucht und Lohn-Dumping, das die Wirtschaftskammer (WKO) mitträgt.
(Online-)Journalismus ist Journalismus und nicht Werbung. Der JournalistInnen-KV bietet nicht nur angemessene Gehälter – journalistische Recherchen sind oft äußerst zeitaufwändig – sondern vor allem auch Rechtssicherheit.
Große Gehaltsunterschiede
Bei Marie North hat sich „eine gewisse Frustration ob dieser Zustände“ breitgemacht. Sie arbeitet für den „Telekurier“ kurier.at, also ebenfalls ausgelagert aus der Print-Redaktion. Die derzeit großen Gehaltsunterschiede hält sie für bedenklich. Marie North setzt sich seit einem Jahr als Betriebsrätin für bessere Zustände im Online-Bereich ein und ist auch Mitglied im gewerkschaftlichen KV-Verhandlungsteam. „Wir brauchen einen KV, der unserer Arbeitsweise entspricht“, wünscht sie sich nicht nur faire Gehälter, sondern auch mehr Rechtssicherheit für die Onliner.
Die Gewerkschaften und Betriebsräte drängen seit Jahren darauf, die Ungleichbehandlung aufzuheben. Ziel ist ein neuer gemeinsamer Rechtsrahmen für alle JournalistInnen bei Tages- und Wochenzeitungen und deren Onlineausgaben. „Durch Ausgliederungen bzw. Firmenneugründungen und die Beschäftigung ‚Freier’ werden den Betroffenen seit Jahren Leistungen vorenthalten, die für Kolleginnen und Kollegen in bestehenden journalistischen Verträgen selbstverständlich sind“, so Franz C. Bauer, Vorsitzender der Journalistengewerkschaft in der GPA-djp.
Neuer KV für JournalistInnen
In Österreich verhandeln seit drei Jahren die Arbeitgeber- und ArbeitnehmervertreterInnen über einen neuen Gesamt-KV für JournalistInnen, der dem Strukturwandel des Medienbereichs gerecht werden soll. Zum Problem der KV-Flucht kommen nämlich noch die so genannten Umgehungsverträge: Vorwiegend jüngere KollegInnen sind ständig als freie MitarbeiterInnen („PauschalistInnen“) in den alltäglichen Arbeitsablauf eingebunden, die Arbeitgeber ersparen sich die Kosten einer fixen Anstellung. Die „Freien“ sind – wiewohl weisungsgebunden – aus arbeitsrechtlicher Sicht Selbstständige und werden am engen Arbeitsmarkt ausgenutzt, sowohl im Print-, wie auch im Online-Bereich.
Ein neuer Journalisten-KV sollte daher endlich faire Rahmenbedingungen für alle drei betroffenen Gruppen bringen – nicht zuletzt deshalb, damit die Arbeitgeber diese Gruppen nicht weiterhin gegeneinander ausspielen können. „Weder BerufsanfängerInnen noch langgediente JournalistInnen sind verantwortlich für die Zustände in der Branche, auch wenn Arbeitgeber ihnen dies gern suggerieren“, kritisiert Judith Reitstätter, Wirtschaftsbereichssekretärin in der GPA-djp, die Praxis einiger Arbeitgeber.
Schwierige Verhandlungen
Helle Empörung dominierte die Branche zu Sommerbeginn, als auf Seite der ArbeitgeberInnen Hermann Petz vom Verband Österreichischer Zeitungen (VÖZ) die Verhandlungen für den neuen KV vorübergehend abbrach. In zahlreichen Print- und Onlineredaktionen gab es daraufhin Redaktionsversammlungen. Beim ‚Standard’, ‚derStandard.at’, in der ‚Wiener Zeitung’, bei den ‚Oberösterreichischen Nachrichten’ und bei der ‚Tiroler Tageszeitung’ wurden Resolutionen verabschiedet, die den Abschluss der Verhandlungen forderten. Der Appell an die Zeitungsverleger: Sie sollten „endlich Prekariate in Form freier Dienstverhältnisse sowohl in Print- als auch in Online-Redaktionen der Tages- und Wochenzeitungen beenden und faire Bedingungen in journalistischen Anstellungsverhältnissen schaffen, die branchenweite Gültigkeit haben“.
Judith Reitstätter sieht den neuen Verhandlungen im Herbst mit Gelassenheit entgegen: „Wir sind bereits ein großes Stück des Weges mit den Arbeitgebern gegangen. Es gibt zu einzelnen Punkten wie Arbeitszeit oder Aus- und Weiterbildung tragfähige Kompromisse. Es liegt nun am VÖZ, dieses Vorhaben endlich zu finalisieren.“ Das Ziel für die GPA-djp: ein einziger kollektivvertraglicher Rahmen für Onliner und PrintjournalistInnen und damit auch das Ende falscher freier Dienstverhältnisse.
Kollektivverträge (KV) im Medienbereich
Journalisten-KV: gilt für alle fest angestellten JournalistInnen bei Tages- und Wochenzeitungen, auch für Online-RedakteurInnen, wenn sie Teil der Redaktion sind. Die dazugehörigen Gesamtverträgen enthalten Tarif- und Arbeitsrechtsregelungen für Freie MitarbeiterInnen.
KV für journalistische MitarbeiterInnen: bei österreichischen Zeitschriften und Fachmedien, gilt für Print- und OnlinejournalistInnen dieser Branche gleichermaßen.
KV Werbung und Marktkommunikation: gilt durch diverse Firmenkonstruktionen bis dato für die viele Online-Medien der Tages- und Wochenzeitungen. Gemacht wurde er für die Angestellten der Werbung und Marktkommunikation in Wien.
IT-KV: Auch hier sind Online-Medien von Tages- und Wochenzeitungen fälschlicherweise „geparkt“. Der KV gilt Österreich weit für Angestellte von Unternehmen im Bereich Dienstleistungen in der automatischen Datenverarbeitung und Informationstechnik.
ORF-KV: gilt für die Beschäftigten des ORF