Kika/Leiner: Der große Ausverkauf

Foto: Daniel Novotny

Wie René Benko ein gutes Geschäft macht, während hunderte Kika/Leiner-Beschäftigte ihre Jobs verlieren und Steuerzahler:innen zur Kasse geben werden.

„Österreichische Lösung zur Weiterführung von Kika/Leiner sichert 5.000 Arbeitsplätze“. So titelt eine Presseaussendung des damaligen Bundeskanzlers Sebastian Kurz und seines Vizekanzlers Heinz-Christian Strache im Juni 2018. Hintergrund der Jubelmeldung: Die SIGNA-Gruppe des österreichischen Milliardärs René Benko hatte gerade die Kika/Leiner Gruppe gekauft. Kurz und Strache sprechen davon, dass sie „in den Verhandlungen einen Beitrag zum Weiterbestand“ leisten konnten. Es klingt wie im Märchen. Nur ohne Happy End.

Tatsächlich sind bereits Anfang des Jahres 2023 von den ursprünglich 5.000 Jobs nur noch 3.900 übrig. Das Möbelgeschäft ist gesellschaftsrechtlich von den hochprofitablen Immobilien getrennt, Benko verkauft beides separat. Die Immobilien, die durch die Mieteinnahmen Millionen vom geschäftlichen Unternehmensteil erhalten haben, gehen an Frank Albert, einen Immobilienmogul aus Deutschland, der 2017 an die Kurz-ÖVP gespendet hatte. Das Möbelgeschäft geht an den Manager Hermann Wieser – inklusive der Arbeitsplätze. Wieser meldet Insolvenz an und kündigt an, 1.900 Mitarbeiter:innen zu kündigen. „Einfach Wahnsinn“, wie GPA-Vorsitzende Barbara Teiber im KOMPETENZ-Gespräch sagt: „Was da passiert ist, geht auf keine Kuhhaut: Benko kauft Kika/Leiner, wirtschaftet schlecht, profitiert vom Staat, verkauft Immobilien und Geschäft getrennt, macht Profit und lässt Beschäftigte und Steuerzahler:innen draufzahlen. Albert kauft die wertvollen Immobilien und hat kein Problem mit dem Unternehmen, das auf unser aller Kosten saniert werden soll.“

„Was da passiert ist, geht auf keine Kuhhaut: Benko kauft Kika/Leiner, wirtschaftet schlecht, profitiert vom Staat, verkauft Immobilien und Geschäft getrennt, macht Profit und lässt Beschäftigte und Steuerzahler:innen draufzahlen.“

Barbara Teiber

Die Gewerkschafterin spielt damit auf Millionen an Steuerschulden an, die Kika/Leiner während der Corona-Pandemie gestundet wurden und die aufgrund des Insolvenzverfahrens wohl nicht mehr an die Republik gezahlt werden. „Was da passiert ist, stinkt zum Himmel“, sagt Teiber, die die Untersuchung des Falles durch eine unabhängige Kommission fordert. Die Wochenzeitung FALTER hatte unlängst einen Steuerdeal mit dem Finanzamt im Zusammenhang mit Benkos Kauf der kika/Leiner-Gruppe öffentlich gemacht, man erinnert sich an den „Beitrag zum Weiterbestand“, den Kurz und Strache laut Eigenaussage geleistet hätten.

Die Gewerkschaft GPA ist indes damit beschäftigt, sich um die Anliegen der Beschäftigten zu kümmern. „Gemeinsam mit der Arbeiterkammer führen wir in allen vierzig Filialen des Unternehmens Betriebsversammlungen durch und beraten die Kolleginnen und Kollegen. Das Wichtigste ist jetzt, nichts zu unterschreiben, das nicht vorher durch unsere Expertinnen und Experten geprüft wurde“, sagt Teiber. Beschäftigte könnten um viele Ansprüche umfallen, wenn sie sich mit dem Unternehmen auf eine einvernehmliche Lösung einigten oder vorzeitig das Unternehmen verlassen würden. Was den Beschäftigten durch die Insolvenz verwehrt bleibt, ist, dass die Gewerkschaft GPA mit den Betriebsrät:innen einen Sozialplan verhandeln kann.

„Der Fall Kika/Leiner ist nicht nur für die direkt Betroffenen dramatisch und ein Desaster für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. Er zeigt auch auf, dass es massive Gesetzeslücken gibt“, ist die GPA-Vorsitzende überzeugt: „Wir brauchen dringend Änderungen im Insolvenzrecht. Dass reiche Investoren Unternehmen ausnehmen wie einen Gebrauchtwagen und fette Profite machen, während der Steuerzahler die Kosten auffängt, ist ein Skandal. Das Gesetz muss jetzt so angepasst werden, dass ein solches Vorgehen künftig nicht nur moralisch verwerflich, sondern auch rechtlich fassbar ist. Außerdem muss das Finanzministerium eine Rückabwicklung des Benko-Deals prüfen.“

Rechtsberatung:
Du arbeitest bei KIKA oder Leiner und hast eine Frage oder brauchst Unterstützung? Betroffene können sich jederzeit bei der Gewerkschaft GPA für eine Beratung melden: 05/0301 oder service@gpa.at

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