Durch getrennte Verhandlungen anstelle des traditionellen gemeinsamen Kollektivvertrags setzen die Arbeitgeber die bewährte Sozialpartnerschaft aufs Spiel.
Die Kolllektivvertragsverhandlungen für die rund 180.000 Beschäftigten der Metallindustrie begannen heuer unter völlig geänderten Vorzeichen. Bereits im April dieses Jahres hat der größte Fachverband Maschinen- und Metallwarenindustrie (FMMI) die bisher bewährte Verhandlungsgemeinschaft verlassen. Dieses Vorhaben war für die beiden verhandelnden Gewerkschaften Pro-GE und die GPA-djp von Anfang an eine Kampfansage. Es ist aber nicht gelungen, die verantwortlichen VerhandlerInnen der Arbeitgeberseite zu einer Revision dieses Schrittes zu bewegen.
Nach der gemeinsamen Forderungsübergabe am 19. September starteten am selben Tag die Verhandlungen mit dem FMMI. Ziel der Gewerkschaften bleibt trotz getrennter Verhandlungen ein einheitlicher Kollektivvertrag. Mit der Forderung nach 5 Prozent Lohn und Gehaltserhöhung wurde ein klares Signal gesetzt, dass gerade jetzt eine Kaufkraftstärkung und eine Betetilgung der Beschäftigten an der hervorragenden Ertragslage der Unternehmen der Metallindustrie notwendig seien.
Bewährten Weg fortsetzen
„Wir wollen die Verhandlungsgemeinschaften und einen einheitlichen Kollektivvertrag erhalten, nicht weil wir Anhänger einer Tradition sind, sondern weil wir der Überzeugung sind, dass die bisher bewährten Strukturen für alle Beschäftigten der Metallindustrie, aber auch für alle ArbeitnehmerInnen Österreichs und für die gesamte Volkswirtschaft von großer Bedeutung sind“, ist der stv. Bundesgeschäftsführer und Chefverhandler der GPA-djp, Karl Proyer, überzeugt.
Es sei grob fahrlässig, gerade in einer wirtschaftlich so schwierigen Situation, den über Jahrzehnte bewährten Weg der sozialpartnerschaftlichen Lohn- und Gehaltsfindung aufs Spiel zu setzen, ein Weg, der auch den Unternehmen Berechenbarkeit und große Vorteile gebracht hat. Offenbar wollen einige Hardliner unter den Arbeitgebern die Gunst der Stunde nutzen, um die Verhandlungsmacht der ArbeitnehmerInnen zu schwächen, die Löhne und Gehälter zu drücken oder Forderungen durchzusetzen, an denen sie bislang gescheitert sind (z.B. Stichwort Arbeitszeitflexibilisierung).
„Wer aber glaubt, in einer aufgesplitterten Verhandlungsgemeinschaft steigt unsere Lust, über ‚Rahmenbedingungen’ wie etwa flexible Arbeitszeiten zu reden, der täuscht sich gewaltig“, so Proyer.
Kollektivvertrag soll ausgehebelt werden
Die ersten Verhandlungsrunden brachten auch klar zu Tage, worum es den Arbeitgebern geht. Unter Schlagwörtern wie Beschäftigungssicherung und Flexibilisierung verstecken sich Konzepte, die die Bedeutung des Kollektivvertrages möglichst schmälern und möglichst viel auf der betrieblichen Ebene regeln sollen. Im Klartext würde das etwa bedeuten, dass in den Betrieben wesentlich schlechtere Arbeitszeitregeln vereinbart werden könnten, als sie der Kollektivvertrag vorsieht.
Des weiteren fordert der FMMI Lohn- und Gehaltsabschlüsse, die sich nach der Arbeitsintensität und der wirtschaftlichen Lage des jeweiligen Betriebes richten. Junge Beschäftigte sollen zudem länger arbeiten, während ältere ArbeitnehmerInnen bei geringerer Entlohnung kürzer arbeiten sollen.
„Keineswegs werden wir auch von unserer Forderungen nach einer kräftigen Lohn- und Gehaltserhöhung abrücken“, macht Proyer unmissverständlich klar. Gerade die aktuelle wirtschaftliche Gesamtsituation, in der aufgrund der Finanzkrise öffentliche Haushalte oft zu drastischen Sparmaßnahmen gezwungen sind, erfordert eine Lohn- und Gehaltspolitik, die garantiert, dass die Produktivitätsgewinne bei den Menschen ankommen und die Kaufkraft und Inlandsnachfrage nicht geschwächt wird.
Auch die aktuellen wirtschaftlichen Daten sind kein Anlass, jetzt große Zurückhaltung zu üben. Eine aktuelle Studie der Wiener Arbeiterkammer zeigt, dass von einer Krise der Metallindustrie keine Rede sind kann, im Gegenteil, die Gewinne und die Ausschüttungen an die Aktionäre sind im der jüngsten Vergangenheit enorm gestiegen. Nach den Aktionären seien nun die ArbeitnehmerInnen dran, ihren Anteil am Kuchen abzuholen.
Ab Mitte Oktober werden dann die Verhandlungen mit den weiteren Fachverbänden aufgenommen.
Mobiles KV-Einsatzteam
In den nächsten Wochen werden mobile KV-Einsatzteams Metallbetriebe in ganz Österreich besuchen und Aufklärungsarbeit über die Kollektivvertragsforderungen gemeinsam mit den BetriebsrätInnen vor Ort leisten. Ihr Motto: „Nicht mutwillig zerstören, was für uns alle gut ist.“ Die Verhandlungen mit dem FMMI wurden Ende September und Anfang Oktober fortgesetzt.