Erst als Lauda von Bord ging, konnte sich bei der Fluggesellschaft Niki endlich ein Betriebsrat etablieren.
Einfach zum in die Luft gehen: Was scheinbar eine ganz normale Bewerbung bei einem einzigen Unternehmen ist, enttarnt sich als Eintrittskarte ins Lohndumping. Wer sich vor knapp über einem Jahr bei der Fluglinie Niki bewarb, wurde noch von Niki Lauda persönlich begrüßt und erhielt aber danach einen – Überraschung – Arbeitsvertrag von der Firma „Labour Pool“. Bis zu Laudas Ausstieg aus der Fluglinie im November 2011 haben die BewerberInnen erst bei der Ausbildung zum/r FlugbegleiterIn erfahren, dass sie bloß als Leihpersonal arbeiten. „Niki ist in ganz Österreich ein Einzelfall, denn über 90 Prozent der Mitarbeiter sind Leiharbeitskräfte“, erklärt Betriebsratsvorsitzender Sandro Mayer. Rein rechtlich gesehen eine komplizierte Angelegenheit. Dass es nun überhaupt einen Betriebsrat gibt, ist eine höchst erfreuliche Neuigkeit.
Zwei Betriebsräte
Das erste Mal in Österreich wurden im Mai 2012 gleichzeitig zwei Betriebsräte für eine Belegschaft gegründet. Einer steht für die LeiharbeiterInnen, die bei der Personalleasingfirma „Labour Pool“ arbeiten, der zweite für all jene, die direkt bei der Fluglinie Niki arbeiten. Pilot Sandro Mayer ist Vorsitzender beider Betriebsratseinheiten und vertritt insgesamt 830 MitarbeiterInnen. Bei der Fluglinie sind einzig die BüromitarbeiterInnen direkt angestellt. Alle anderen – PilotInnen, FlugbegleiterInnen und TechnikerInnen – werden von der Personalleasingfirma „Labour Pool“ bereitgestellt.
Ein Unterschied, der große Bedeutung und gravierende Auswirkungen für die Betroffenen hat. So wurde z.B. einem Techniker, der seit zwei Jahren für Niki arbeitet, der Kredit für einen Hausbau von seiner Bank verweigert. Der Grund: Eine Anstellung bei einer Leiharbeitsfirma ist nicht ausreichend kreditwürdig.
Schwierige Umstände
Gemeinsam mit dem ÖGB hat die AK Niederösterreich dem neu geschaffenen Betriebsrat einen Preis in der Kategorie „Widerstand/Neugründung“ verliehen. Diese Auszeichnung ergeht speziell an Körperschaften, deren Gründung unter schwierigen Umständen – etwa Widerstand seitens des Unternehmens – stattfindet. Leicht haben es Sandro Mayer und seine MitstreiterInnen wahrlich nicht gehabt: „Wir haben am Anfang nicht gewusst, wie wir das angehen werden und wurden rechtlich auch unterschiedlich beraten. Hätten wir zuerst einen Betriebsrat bei Labour Pool gegründet, wer hätte uns dann garantiert, dass wir als Betriebsräte bei Niki noch beschäftigt werden. Wenn es umgekehrt gelaufen wäre und wir zuerst bei Niki einen Betriebsrat gegründet hätten, dann wäre bei Labour Pool kein Kündigungsschutz gegeben gewesen.“ Somit blieb nur mehr die Gründung zweier Betriebsratsköperschaften zum gleichen Zeitpunkt. Hilfestellung beim schwierigen Unterfangen leistete die Gewerkschaft: „Peter Stattman und Daniel Hubmann von der GPA-djp haben uns sehr unterstützt“, erinnert sich Mayer.
Aktuell ist ein Gesamtbetriebsrat für alle Bereiche – Boden- und Flugpersonal – verantwortlich. Ein gutes Viertel der Belegschaft ist innerhalb von vier Monaten der GPA-djp beigetreten. „Wir sind auf einem guten Weg und können den Organisationsgrad im Unternehmen auf ein ordentliches Niveau bringen“, erklärt Lukas Schauerhuber, stv. Betriebsratsvorsitzender und Co-Pilot.
Zu Beginn der Betriebsratsgründung war die Geschäftsführung doch sehr überrascht, die Stimmung unterkühlt. Sandro Mayer: „Aber in weiterer Folge hat sich die Lage entspannt, weil die Geschäftsführung bald gemerkt hat, dass wir nicht angetreten sind, um das Unternehmen in den Ruin zu treiben. Denn auch unser Fokus ist das wirtschaftliche Überleben der Firma.“
Bedürfnisse der Belegschaft
Vergangenen November hat eine Betriebsversammlung stattgefunden, wo es vor allem darum ging, die Bedürfnisse der Belegschaft zu besprechen: „Dabei haben sich viele ein planbares Privatleben gewünscht und das hängt nun mal mit einer Dienstplan-Stabilität zusammen“, berichtet Schauerhuber. Gerade eine Fluglinie ist ein saisonal abhängiges Unternehmen. In den Sommermonaten herrscht bei Niki Hochbetrieb, es gibt extrem viel Arbeit und da und dort auch einen Personalengpass. Lukas Schauerhuber: „Da geht es auch darum, dass die Freizeit, die im Dienstplan vermerkt ist, auch eingehalten wird. Man fliegt in der Früh nach Frankfurt und zurück. Doch dann heißt es oft, dass eine Crew nicht nach Hause gehen kann, sondern noch nach Kopenhagen fliegen muss. Also muss eine nächste Schicht angehängt werden und die MitarbeiterInnen kommen statt um 12 Uhr erst um 17 Uhr nach Hause.“ Der Betriebsrat arbeitet derzeit an der Lösung dieses Problems: „Der Personalbedarf sollte besser geplant werden.“
Doch das Hauptziel der Gewerkschafter ist gewichtiger: „Wir wollen weg von Labour Pool und hin zur Fixanstellung bei Niki“, macht Betriebsratsvorsitzender Sandro Mayer deutlich. Bei diesem zentralen Vorhaben sind allerdings viele Themen zu klären, denn derzeit gilt bei „Labour Pool“ der Kollektivvertrag für allgemeines Gewerbe. „Der ist, wie man sich vorstellen kann, nicht unbedingt auf ein Flugunternehmen maßgeschneidert.“ Die Herausforderung für den Betriebsrat wird es sein, die Regeln neu aufzustellen und unter Umständen sogar einen eigenen Kollektivvertrag aufsetzen zu lassen. Mayer: „Wir sind generell ein junges Team bei Niki. Der Zusammenhalt bei der Belegschaft ist da und die Initiative kommt von den Jungen.“ Doch auch alltägliche Dinge – wie etwa eine Arbeitszeiterfassung für die MitarbeiterInnen im Büro, die Umsetzung der Gleitzeitregelungen und eine generelle Regelung von Abläufen im Flugbetrieb – müssen erst durchgesetzt werden. Eine langwierige Arbeit, die nun endlich möglich ist.
Internet: www.betriebsratflyniki.at