Der EuGH hat entschieden, dass eine europaweite Sammelklage gegen Facebook nicht zulässig ist. GPA-djp-Datenschutzexpertin Clara Fritsch über die Initiative „Europe vs Facebook“.
Max Schrems, Datenschützer und Betreiber der Initiative „Europe vs Facebook“, klagte gemeinsam mit über 25.000 Personen aus ganz Europa Facebook wegen Datenschutzvergehen vor Gerichten in Österreich.
Nach Auffassung von Schrems handelt es sich bei ihm selbst und auch bei den anderen 25.000 Facebook-Usern um VerbraucherInnen. Von Facebook wurde das bestritten und argumentiert, dass Schrems im Laufe des Verfahrens Bücher veröffentlicht, Vorträge gehalten, Websites betrieben, Spenden gesammelt und sich insbesondere die Ansprüche zahlreicher VerbraucherInnen hatte abtreten lassen, weshalb er eigentlich „beruflich“ gegen Facebook tätig sei.
Der Fall wanderte in Österreich durch die Instanzen, der Oberste Gerichtshof (OGH) bat den Europäischen Gerichtshof (EuGH) um Hilfe bei der Auslegung, wann VerbraucherInnen vor ihrem eigenen Heimatgerichtsstand klagen dürfen. Der EuGH hat diese Anfrage – in der JuristInnen-Sprache „Vorabentscheidungsersuchen“ genannte – des OGH nun beantwortet.
Das Ergebnis ist für Schrems und seine Anliegen nicht nur gut – aber auch nicht nur schlecht
So stellte der Europäische Gerichtshof (Urteil in der Rechtssache C-498/16) in deutlichen Worten klar, dass die NutzerInnen privater Facebook-Kontos ihre Verbrauchereigenschaft nicht verlieren, bloß weil sie Bücher publizieren, Vorträge halten oder Websites einrichten. Sogar das Sammeln von Spenden und das Abtreten-lassen von Ansprüchen Anderer zum Zwecke der gerichtlichen Geltendmachung schadet dem eigenen Status als VerbraucherIn nicht. Diese Tätigkeiten im Zusammenhang mit dem Verfahren sind also nicht als „berufliche Tätigkeiten“ einzustufen.
Andererseits jedoch könne nach Ansicht des EuGH der eigene Gerichtsstand als VerbraucherIn nicht dafür benutzt werden, die Ansprüche anderer VerbraucherInnen geltend zu machen – unabhängig davon, ob diese ihren Wohnsitz im gleichen EU-Mitgliedstaat, in einem anderen Mitgliedstaaten oder in Drittstaaten haben. Schrems‘ Idee, gegen Facebook mithilfe einer „europäischen Sammelklage“ vorzugehen, ist damit vorerst „ad acta“ gelegt.
Im Hinblick auf die Wahrung von Verbraucherinteressen wäre die Möglichkeit einer solchen europäischen Sammelklage in Datenschutzangelegenheiten aber dringend geboten und sollte vom europäischen Gesetzgeber für die Zukunft in Betracht gezogen werden.
Klage in Österreich ist möglich
Die Klarstellungen des EuGH bedeuten aber vor allem : Schrems kann Facebook vor den Gerichten seines Wohnsitzstaates Österreich klagen und muss das Verfahren nicht vor den irischen Gerichten führen. Facebook hatte ja die internationale Zuständigkeit Österreichs bestritten.
Künftig steht es also allen VerbraucherInnen EU-weit offen, Technologiekonzerne wie Facebook wegen deren Datenschutzverletzungen im eigenen Land zu klagen. Das ist für die Einzelpersonen vorteilhaft und für Unternehmen mitunter sehr unangenehm und ist daher keinesfalls in seiner Wirkung zu unterschätzen.
Musterklage statt Sammelklage
Nun kann also der inhaltliche Teil des Verfahrens starten. Max Schrems hat angekündigt, eine „Musterklage gegen Facebook“ führen zu wollen.
Ebenfalls spannend ist die Gründung der Datenschutz-NGO „None of Your Business“ (noyb), zu der die GPA-djp auch ihr Schärflein beigetragen hat. Die NGO will der im Mai in Kraft tretenden EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) bedienen, um internationale Konzerne in ihre datenschutzrechtlichen Schranken zu weisen. Dabei soll auf den strategischen Einsatz von Mahnung, Beschwerden bei den jeweils zuständigen (Datenschutz-)Behörden und Musterprozessen gesetzt werden. NOYB will dabei helfen, „dass der Datenschutz Zähne bekommt und nicht länger ein Papiertiger ist“, so Max Schrems in den Medien.