Südkorea: Haftstrafen für Samsung Manager wegen Sabotage von Gewerkschaftsarbeit

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Gericht verurteilt Vorstandsvorsitzenden und geschäftsführenden Vize-Präsidenten zu mehrmonatigen Gefängnisstrafen.

Lee Sang-hoon, Vorstandsvorsitzender von Samsung Electronics, wurde von einem südkoreanischen Gericht zu einer 18-monatigen Gefängnisstrafe verurteilt. Vorgeworfen wird dem Manager sowie weiteren 25 Angeklagten, gewerkschaftliche Grundrechte im weltgrößten Handy- und Chipproduktionsunternehmen stark eingeschränkt zu haben.

Laut Gericht hat das Unternehmen die Arbeit von betrieblichen Gewerkschaften boykottiert und Repressalien in Form von Lohnkürzungen, Überwachungen, Degradierungen und anderen Diskriminierungen gegenüber Gewerkschaftsmitgliedern ausgeübt. 

Kang Kyung-hoon, geschäftsführender Vizepräsident von Samsung Electronics, wurde kurz davor wegen der Zerschlagung betrieblicher Gewerkschaften in einer Tochterfirma von Samsung zu einer 16-monatigen Gefängnisstrafe verurteilt.

Aggressive Vorgehensweise gegen Gewerkschaften führt zu Haftstrafen

Erklärtes Ziel der Samsung-Führungskräfte war es, gewerkschaftliche Aktivitäten im Unternehmen gänzlich zu unterbinden. Besonders zum Ausdruck kam diese Devise beim Versuch des Konzerns, Beschäftigte der KundInnenservice-Unternehmenseinheit davon abzuhalten, eine Gewerkschaft zu gründen. Die Staatsanwaltschaft erklärte, dass sich das Unternehmen dabei übelster Methoden bediente und erhob Anklage.

So wurde beispielsweise Managern der zweiten Führungsebene befohlen, Löhne von Gewerkschaftsmitgliedern zu kürzen und Einzelheiten ihres Privatlebens, wie Schwangerschaften oder Bankschulden, auszuspionieren. Das sollte dazu führen, dass die Beschäftigten aus der Gewerkschaft austreten. Dem Gericht liegen zahllose Dokumente vor, die gesetzeswidrige Strategien zur systematischen Unterwanderung und Verhinderung gewerkschaftlicher Aktivitäten vorsehen. Diese wurden vom Management erstellt und an zuständige Bereichsverantwortliche weitergeleitet.

Samsung bekämpft seit jeher gewerkschaftliche Aktivitäten

Der Kampf gegen Gewerkschaften hat im Samsung-Konzern lange Tradition. 2013 berichtete beispielsweise der öffentlich-rechtliche südkoreanische TV-Sender MBC über eine eigene Sonderabteilung im Konzern, die sich dem Kampf gegen unliebsame MitarbeiterInnen durch Überwachung und Spionage verschrieben hatte.

Beschäftigte, die sich für höhere Löhne oder bessere Arbeitsbedingungen einsetzten, wurden bisher entweder betriebsintern isoliert oder gekündigt. Jene AktivistInnen, die eine betriebliche Gewerkschaft gründen wollten, wurden umgehend entlassen. Doch der Konzern ging hier sogar noch einen Schritt weiter und nutzte seine politische Macht in Südkorea um GewerkschafterInnen, mit der Begründung einer Beleidigung des Unternehmens, sogar inhaftieren zu lassen.

Kam es bei Tochterunternehmen des Samsung-Konzerns zur Gründung betriebsinterner Gewerkschaften, wurde oftmals deren Schließung angeordnet. War der Konzern dennoch damit konfrontiert, Verhandlungen mit betriebsinternen Gewerkschaften führen zu müssen, wurden diese boykottiert oder unnötig in die Länge gezogen.

Gewerkschaftsfeindlichkeit und schlechte Arbeitsbedingungen gehen Hand in Hand

Beschäftigte und GewerkschaftsaktivistInnen berichten immer wieder von untragbaren Arbeitsbedingungen im Unternehmen. Neben teils 16-stündigen Arbeitstagen sind viele MitarbeiterInnen der Produktion aufgrund fehlender Schutzvorkehrungen krebserregenden Stoffen ausgesetzt. GewerkschafterInnen gehen davon aus, dass wegen der schlechten Arbeitsbedingungen in einigen Unternehmensteilen im Laufe der Jahre etwa 140 Menschen an Krebs- und anderen Krankheiten gelitten haben. 50 von ihnen sind sogar ums Leben gekommen, die meisten davon junge Frauen.

Südkoreanisches Justizsystem orientiert sich nun stärker an internationalen Arbeitsstandards

Im Zuge der Industrialisierung nach dem Korea-Krieg hat Südkorea die Rechte der ArbeitnehmerInnen stark eingeschränkt und damit schlechte Arbeitsbedingungen erzeugt. Laut koreanischem Gesetz müssen unabhängige Gewerkschaften beim Arbeitsministerium und den Kommunen angemeldet werde. Außerdem vertritt eine Betriebsgewerkschaft immer nur einen Standort und kann sich nicht konzernweit organisieren.

Die jüngsten Urteile rund um den Vorstandsvorsitzenden sowie den Vize-Präsidenten von Samsung Electronics, zeigen jedoch, dass sich das südkoreanische Justizsystem verändert und ManagerInnen für gewerkschaftsfeindliche Aktivitäten und Misswirtschaft nun stärker zur Rechenschaft gezogen werden. Dies war in der Vergangenheit nicht der Fall.

Die Gerichte beziehen sich dabei auf die Einhaltung internationaler Arbeitsstandards, die auch vom Management des Samsung Konzerns eingehalten werden müssen. Es zeigt sich also erneut, wie wichtig arbeits- und gewerkschaftsrechtliche Standards auf internationaler Ebene sind. Diese sichern nicht nur Beschäftigten in Entwicklungsländern grundlegende Rechte, sondern im Fall von Samsung in Südkorea auch Beschäftigten der elftgrößten Volkswirtschaft der Welt.

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