Belarus: Regime geht mit voller Härte gegen JournalistInnen vor

Katerina Andreeva Bakhvalova (R) und Daria Chultsova, wurden im November 2020 verhaftet und zu zwei Jahren Haft verurteilt.
Foto: APA, STRINGER / AFP

Zwei belorussische JournalistInnen wurden verhaftet und zu Gefängnisstrafen verurteilt, weil sie live über die gewaltsame Auflösung einer Demonstration von RegierungskritikerInnen berichteten. Die Europäische JournalistInnenföderation protestiert.

Bei den manipulierten Präsidentschaftswahlen im August 2020 wurde der Langzeitherrscher von Belarus Alexander Lukaschenko staatlichen Angaben zufolge erneut in seinem Amt bestätigt. Dieser Wahlbetrug löste landesweite Demonstrationen gegen den Diktator aus, an denen sich mehrere hunderttausende Menschen beteiligten. Machthaber Lukaschenko reagierte mit massiver Gewalt und Repressionen auf die Regimegegner und schaffte es auch, die Demokratiebewegung stark zu schwächen. Die belorussische Exilpolitikerin und Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja hat die Proteste zuletzt als vorerst gescheitert betrachtet. Der Weg zur Demokratie in Belarus wird also noch länger dauern.

Die Behörden nehmen unterdessen die demokratischen Kräfte im Land noch stärker ins Visier und gehen vor allem gegen JournalistInnen und MenschenrechtsaktivistInnen immer repressiver vor.

Zwei Journalistinnen zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt

Die beiden belorussischen Journalistinnen Caterina Andreeva und Darja Chulcova, die für den auf Belarus ausgerichteten polnischen Fernsehsender Belsat arbeiten, wurden am 18. Februar zu je zwei Jahren Gefängnis verurteilt. Sie wurden am 15. November inhaftiert, weil sie live von der gewaltsamen Auflösung einer Demonstration gegen das Regime in Minsk berichtet hatten. Den beiden Frauen wurde vorgeworfen, dadurch die öffentliche Ordnung grob verletzt zu haben.

In ihrer letzten Erklärung im Gerichtssaal wiesen Andreeva und Chulcova die Anklagen gegen sich zurück und bezeichneten sie zurecht als politisch motiviert. Sie forderten die Freilassung von sich sowie aller politischen Gefangenen in Belarus.

„Wir rufen die Europäische Union, den Europarat und die OSZE erneut dazu auf, die Übergriffe des Regimes nicht zu tolerieren“

Mogens Blicher Bjerregard, Präsident der Europäischen JournalistInnenföderation (EFJ)

Diese Verurteilung zielt darauf ab, den gesamten Berufsstand einzuschüchtern und den Journalismus zu kriminalisieren. Das repressive Treiben des Regimes von Lukaschenko erfordert daher eine schnelle und entschlossene Reaktion der internationalen Gemeinschaft. „Wir rufen die Europäische Union, den Europarat und die OSZE erneut dazu auf, die Übergriffe des Regimes nicht zu tolerieren“, sagte der Präsident der Europäischen JournalistInnenföderation (EFJ) Mogens Blicher Bjerregard dazu.

Verhaftungen und Gewalt gegen JournalistInnen in zahlreichen Fällen

Der belorussische JournalistInnenverband (BAJ) weist darauf hin, dass die Behörden im Jahr 2020 477 Mal JournalistInnen verhaftet haben, 62 davon wurde Gewalt angetan. 50 Medienunternehmen wurden geschlossen und JournalistInnen haben insgesamt 1.200 Tage im Gefängnis verbracht.

Seit Wochen wird die verstärkte Unterdrückung der demokratischen Kräfte in Belarus vom Regime vorangetrieben. Im Jahr 2021 wurden bereits elf JournalistInnen und Medienbeschäftigte strafrechtlich verfolgt. Aufgrund politisch motivierter Anklagen drohen ihnen lange Haftstrafen.

Angriffe auf den belorussischen JournalistInnenverband BAJ

Nach Verwaltungs- und Strafverfahren gegen einzelne JournalistInnen greifen die Behörden nun auch die repräsentative Interessenvertretung der Beschäftigten systematisch an. Am 16. Februar wurde der Pressesprecher des BAJ von belorussischen Sicherheitskräften kurzzeitig festgenommen. Auch der Anwalt sowie der Vorsitzende der Organisation Andrei Bastunets wurden als Zeugen der Durchsuchung des BAJ Büros festgenommen. Die Polizei versiegelte die Räumlichkeiten der Organisation und beschlagnahmte eine Liste der Mitglieder der Organisation.

Weitere Razzien fanden daraufhin in den Wohnungen und Büros von mindestens 30 JournalistInnen und MenschenrechtsaktivistInnen in verschiedenen Städten des Landes statt. 90 Redaktionen wurden mit Polizeieinheiten von 3-10 Einsatzkräften durchsucht, dabei wurden auch Arbeitsmittel wie Handys oder Laptops konfisziert.

Diese gezielten Razzien und Festnahmen werden fadenscheinig mit der Grundlage von Artikel 342 des belorussischen Strafgesetzbuches gerechtfertigt, wonach die „Organisation und Verbreitung von Handlungen, die die öffentliche Ordnung schwer verletzen“ verboten sei. Alleiniges Ziel der Razzien ist es, die Finanzierungsquellen für die Massendemonstrationen zu ermitteln.

Europäische JournalistInnen in Solidarität mit den belorussischen KollegInnen

Am 18. Februar organisierten EFJ und BAJ ein virtuelles Solidaritätstreffen, an dem mehr als 41 VertreterInnen aus 29 europäischen Journalistenorganisationen teilnahmen. Gemeinsam wurde dabei die zunehmende Unterdrückung von JournalistInnen durch das Regime in Belarus verurteilt und die sofortige Freilassung der aktuell elf inhaftierten KollegInnen gefordert.

„Unsere KollegInnen sehen sich nun strafrechtlichen Anklagen ausgesetzt, nur weil sie ihren Job ausgeführt haben.“

Andrei Bastunets, Präsident des belorussischen JournalistInnenverbands (BAJ)

„Ich erwarte, dass sich die Repressionen in den kommenden Monaten verschärfen werden“, sagte BAJ-Präsident Andrei Bastunets und bezog sich dabei auf die zweijährigen Haftstrafen der Journalistinnen Catarina Andreeva und Darja Chulcova. „Unsere KollegInnen sehen sich nun strafrechtlichen Anklagen ausgesetzt, nur weil sie ihren Job ausgeführt haben.“

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