Deutsche Bundestagswahl: Programmcheck zum Thema „Arbeit der Zukunft“

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In Deutschland wird demnächst gewählt. Wir haben uns die Positionen von Gewerkschaften und Parteien im Vergleich angesehen.

Am 26. September finden in Deutschland Bundestagswahlen statt. Nach dem Ende der Ära von Bundeskanzlerin Angela Merkel wird es erstmals seit 16 Jahren eine personelle Veränderung an der Regierungsspitze geben. Der CDU/CSU-Spitzenkandidat Armin Laschet, SPD-Vizekanzler Olaf Scholz und die Vorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, Annalena Baerbock, bewerben sich um die Kanzlerschaft.

Die künftige Bundesregierung wird aber vor allem mit einer Reihe von Herausforderungen konfrontiert sein, vor denen Deutschland im Augenblick steht. Dazu zählen insbesondere die Folgen der Corona-Pandemie, des Klimawandels und der Digitalisierung. Aber auch Einschnitte in der Sozial- und Arbeitsmarktpolitik zulasten der Beschäftigten und Versäumnisse bei Investitionen in die öffentliche Infrastruktur in den letzten Jahrzehnten.

Arbeit der Zukunft: Positionen der Gewerkschaften und der einzelnen Parteien

Wir haben uns in einem ersten Themenschwerpunkt die Forderungen des deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) aber auch einzelner Branchengewerkschaften (ver.di, IG-Metall) rund um das Thema „Arbeit der Zukunft“ angesehen und mit den Positionen der einzelnen Bundestagsparteien verglichen.

Tarifverträge und Mindestlohn

Eine hohe und qualitätvolle Abdeckungsrate durch Tarifverträge sind wichtige Erfolgsfaktoren für die Arbeitswelt. Diese ist jedoch seit Jahren rückläufig, nur noch rund 25% der Beschäftigten sind von einem Tarifvertrag abgedeckt. Die Gewerkschaften fordern daher insgesamt eine Stärkung des Tarifvertragssystems. Konkret soll die Allgemeinverbindlichkeit erweitert und auch eine kollektive Nachwirkung von Tarifverträgen verankert werden. Ein neues Bundestariftreuegesetz wird eingefordert, wodurch öffentliche Aufträge, Förderungen und staatliche Finanzierungen an die Anerkennung von Tarifverträgen geknüpft werden sollen. Sogenannte „Ohne-Tarif“-Mitgliedschaften von Unternehmen in Arbeitgeberverbänden soll ebenfalls nicht mehr zulässig sein. Tarifvertraglich vereinbarte Zusatzleistungen sollen zudem steuerbefreit werden.

Plattformbeschäftigte und Soloselbständige sollen darüber hinaus branchenspezifische und angemessene Vergütungen erhalten.

Die Gewerkschaften kämpfen für einen armutsfesten gesetzlichen Mindestlohn, der unverzüglich auf 12 Euro/Stunde angehoben werden soll.

 TarifverträgeMindestlohn
CDU/CSUAllgemeinverbindlichkeit stärkenKeine Angaben zu Erhöhung
SPDUmfangreiche Maßnahmen zur Stärkung der TarifbindungErhöhung auf 12 Euro
FDPKeine AngabenKeine Angaben
Die LinkeUmfangreiche Maßnahmen zur Stärkung der TarifbindungErhöhung auf 13 Euro
Bündnis 90/ Die GrünenUmfangreiche Maßnahmen zur Stärkung der TarifbindungErhöhung auf 12 Euro

Unternehmensmitbestimmung

Es soll einen umfassenden Kündigungsschutz für alle Beschäftigten geben, die erstmals einen Betriebsrat gründen wollen. Die Be- oder Verhinderung von Betriebsräten soll stärker sanktioniert werden. Ver.di fordert hier beispielsweise auch mehr Mitbestimmungsrechte von Betriebsräten insbesondere in den Bereichen Gesundheitsschutz, Weiterbildung, digitale Arbeit und künstliche Intelligenz, Fremdpersonaleinsatz, Personalbemessung und Beschäftigungssicherung. Die Flucht aus der Unternehmensmitbestimmung soll durch nationale und europäische Gesetzesinitiativen verhindert werden. In mitbestimmten Aufsichtsräten soll das Doppelstimmrecht für Aufsichtsratsvorsitzende fallen.

 Weiterentwicklung betrieblicher MitbestimmungFlucht aus der Mitbestimmung
CDU/CSUKeine AngabenKeine Angaben
SPDMitbestimmung für neue Herausforderungen weiterentwickelnMitbestimmung auch in Unternehmen mit ausländischen Rechtsformen
FDPKeine AngabenKeine Angaben
Die LinkeZwingende Mitbestimmung in vielen BereichenSanktionen bei Verhinderung der Mitbestimmung
Bündnis 90/ Die GrünenAusbau der MitbestimmungsrechteEinrichtung von Schlichtungsverfahren

Arbeitsmarktpolitik und Arbeitsbedingungen

Sogenannte „Minijobs“ sind geringfügige Beschäftigungen mit höchstens 450 Euro Monatsgehalt. Diese sichern wegen fehlender Beiträge in die Sozialversicherungen die Beschäftigten sozial nicht ab. Die Gewerkschaften fordern daher die Sozialversicherungspflicht für alle Beschäftigungsverhältnisse, ab der ersten Arbeitsstunde.

Kettenbefristungen aber auch grundlose Befristungen von Arbeitsverträgen sollen abgeschafft werden. Begründet befristete Arbeitsverträge sollen zumindest eine weitgehende Einschränkung erfahren. Werkverträge, die der Unterwanderung von Tarifverträgen dienen, sollen gesetzlich verhindert werden. LeiharbeiterInnen sollen eine gleiche Bezahlung wie das Stammpersonal beziehen, zuzüglich einer 10%igen Flexibilitätszulage.

Der Gender-Pay-Gap soll durch ein Entgeltgleichheitsgesetz, einer Berichtspflicht für Unternehmen und Klagerechten für Gewerkschaften überwunden werden.

Faire Arbeitsbedingungen soll es auch für Beschäftigte der Plattformökonomie geben und Soloselbständige sollen sozial abgesichert werden. Ver.di spricht sich auch klar gegen eine Flexibilisierung und Verlängerung der Ladenöffnungszeiten im Handel aus und für den Sonntagsschutz.

 Befristung von ArbeitsverträgenMinijobs
CDU/CSUKeine Veränderung bei BefristungenVerdienstgrenze anheben (450-550€)
SPDBefristungen abschaffen bzw. kritisch überprüfenin sozialversicherungspflichtige Beschäftigung überführen
FDPKeine Angabenan Mindestlohnanpassungen koppeln
Die LinkeBefristungen abschaffen bzw. eng begrenzenin sozialversicherungspflichtige Beschäftigung überführen
Bündnis 90/ Die GrünenBefristungen ohne Sachgrund abschaffenin sozialversicherungspflichtige Beschäftigung überführen

Qualifizierung und Digitalisierung

Die Gewerkschaften setzen sich besonders für eine Stärkung der aktiven Arbeitsmarktpolitik ein. Staatliche Qualifizierungsoffensive sollen den Statuserhalt von Fachkräften ermöglichen und soziale Aufstiegsmobilität sicherstellen. Die Beschäftigten sollen in einer digitalen Arbeitswelt mehr Zeitsouveränität in unterschiedlichen Lebensphasen haben. Auf den durch Digitalisierung und Ökologisierung hervorgerufenen Wandel in der Arbeitswelt soll mit geförderter Bildungsteilzeit und einem neuen Weiterbildungsgesetz für die Beschäftigten reagiert werden.

Für in strukturelle Schieflagen geratene Branchen sollen Transformationsfonds für Beschäftigte und Unternehmen zur Verfügung gestellt werden.

Die Corona-Pandemie darf zu keiner „lost generation“ führen. Für junge Menschen soll daher eine Ausbildungsgarantie eingeführt werden.

 Qualifizierung und WeiterbildungDigitalisierung am Arbeitsplatz
CDU/CSUOffensive zu Aus- und Weiterbildung für digitale TransformationMobile Arbeit durch Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen regeln
SPDRechtsanspruch auf Qualifizierung, Transformations-KurzarbeitsgeldRecht auf mobiles Arbeiten für Beschäftigte und Mitbestimmungsrecht für Betriebsrat
FDPBildungsauszeit mit jährlich 1000€ staatlicher UnterstützungMobiles Arbeiten erst nach Erörterung mit Arbeitgeber
Die LinkeWeiterbildungsanspruch für alleRecht auf mobiles Arbeiten für Beschäftigte, zwingende Beteiligung von Betriebsrat
Bündnis 90/ Die GrünenRechtsanspruch auf Weiterbildung, Qualifizierungs-KurzarbeitsgeldRecht auf mobiles Arbeiten für Beschäftigte, digitales betriebliches Zugangsrecht für Gewerkschaften

Anmerkung des DGB: „Die DGB-Gewerkschaften stehen für Demokratie, Gleichberechtigung, Weltoffenheit und Toleranz in Deutschland, Europa und der Welt und damit im klaren Widerspruch zur AfD, die eine mit der extremen Rechten eng verwobene Rechtsaußenpartei mit rechtspopulistischer Agitationsweise ist. Der DGB nennt daher die AfD nicht in einem Atemzug mit demokratischen Parteien, um nicht zur Verharmlosung ihrer völkisch-autoritären Positionen und ihrer im Kern demokratiefeindlichen Strategien und Handlungen beizutragen. Mit demokratischer Normalität hat das Wahlprogramm der AfD nichts zu tun.“

Weiter Infos dazu gibt’s hier:
https://www.dgb.de/bundestagswahl-2021/wahlcheck
https://verdi-waehlt.verdi.de/
https://www.igmetall.de/politik-und-gesellschaft/bundestagswahl

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