Die Arbeit über Online-Plattformen nimmt zu. Eine neue Studie liefert nun konkrete Zahlen und spannende Erkenntnisse zum Thema „Crowdwork“.
Wer kennt sie nicht, die Online-Plattformen. Ob Airbnb (Vermietung von Wohnungen), Uber (Chaffeurdienstleistungen), Book a Tiger (Reinigungskräfte) oder CheckRobin (Mitnahme von Paketen): Sie sind im Moment omnipräsent und prägen das Einkaufsverhalten der KonsumentInnen. Während über einkaufen mit einem Klick sehr viel gesprochen wird, bleiben die Arbeitsverhältnisse hinter den Plattformen oft im Dunklen.
„Crowdwork“ ist eine neue Form der digitalen Arbeit. Die Arbeitsaufträge werden online über eine Plattform an eine Gruppe von Menschen (Crowd) ausgeschrieben. Diese Gruppe kann mehr oder weniger definiert sein, Auftraggeber sind Einzelpersonen oder auch Firmen.
Amazon Mechanical Turk
Die weltweit wohl bekannteste Plattform für Crowdworker ist Amazon Mechanical Turk, die „ArbeitnehmerInnen“ sind hierbei die Turker. Der Onlinehandelsriese Amazon stand 2005 vor einem Problem. Der weltweite Versand von Waren über Onlinebestellungen benötigt die Präsentation von Waren online. Es fehlt die Technologie, um die Korrektheit der Beschriftung und auch die Altersfreigabe der Bilder bestimmen zu können. Amazon benötigte hierfür menschliche Arbeit, wollte aber keine Arbeitskräfte einstellen. Um das zu schaffen, gründete Amazon eine Plattform: Amazon Mechanical Turk. Hier sind weltweit 500.000 Menschen registriert. Die Turker setzen sich, wann sie wollen und wie lange sie wollen, an ihren Computer und nehmen Microarbeitsaufträge an, die oft mit einem Klick oder ein paar geschriebenen Zeilen erledigt sind. Dann ist die Microarbeit wieder vorbei und sie haben einige Cents verdient. Es gibt Menschen, die so ihren Lebensunterhalt bestreiten, jenseits von Verträgen, Arbeitszeitregelungen und sozialer Sicherheit. In Europa wird die Arbeit für Amazon Mechanical Turk mit Amazon-Gutscheinen bezahlt und dient daher nicht als Einkunftsquelle für den Lebensunterhalt. Diese Form der Arbeit ist aber dennoch im Ansteigen.
Crowdwork in Zahlen
Der europäische Crowdworkbereich ist momentan zahlenmäßig kaum erfasst. Für England wurde als erstes europäisches Land – im Februar 2016 – eine Studie von der in diesem Bereich sehr renommierten Wissenschaftlerin Ursula Huws veröffentlicht. Die Durchführung dieser Studie wurde unter anderem von UNI Global Union Europa (einem europäischen Gewerkschaftsdachverband) ermöglicht.
In einer Online-Befragung mit 2.238 TeilnehmerInnen gaben 21 Prozent an, versucht zu haben, Arbeit über Plattformen zu finden, 11 Prozent waren auch erfolgreich dabei. Das entspricht 4,9 Millionen Menschen in Großbritannien. Ein Viertel dieser CrowdworkerInnen gibt an, dass das ihre Haupteinnahmequelle ist.
Studie im Auftrag der AK
Ursula Huws hat nun auch eine Studie über die österreichische Situation im Auftrag der Arbeiterkammer erstellt. Von 2.003 Befragten, geben 18 Prozent an, einmal im Jahr Crowdwork zu erledigen, 5 Prozent einmal pro Woche. Die Tätigkeiten variieren hierbei: 16 Prozent suchen Arbeit als FahrerInnen, 20 Prozent außer Haus und 33 Prozent arbeiten von zu Hause.
Die Studien zeigen zwar, dass Crowdwork in Europa noch ein kleines Phänomen ist. Dennoch ist es zentral, jetzt die Weichen zu stellen, dass auch CrowdworkerInnen qualitativ hochwertige Arbeitsplätze haben und über soziale Absicherung verfügen. Für die Zukunft dieser Arbeitsverhältnisse stellt sich die Frage, wie diese zu beurteilen sind, und wo die Grenzen zur Selbstständigkeit gezogen werden, genauso wie Sozialversicherungssysteme finanziert und Arbeitszeitregelungen eingehalten werden können.
Organisierung von CrowdworkerInnen
Ebenso zentral wird die Frage der gewerkschaftlichen Organisation und der Kollektivverträge für CrowdworkerInnen. Die Vereinzelung durch die Plattform macht die CrowdworkerInnen sehr leicht verwund- und ausbeutbar. Ein wesentliches Disziplinierungsmittel ist eine Bewertung, ein Rating durch die Auftraggeber. Diese Bewertungen beeinflussen potenzielle neue KundInnen. Allein sind auch die CrowdworkerInnen ausgeliefert. Hierzu gibt es schon sehr spannende Projekte der Selbstorganisation von CrowdworkerInnen. Zur Plattform Amazon Mechanical Turk gibt es zum Beispiel Turkopticon, eine Plattform auf der die Turker die Auftraggeber bewerten. So wird sichergestellt, dass Auftraggeber die nicht zahlen, eben keine Dienstleistungen erhalten.
Das zeigt, dass auch CrowdworkerInnen aufeinander angewiesen sind und gewerkschaftliche Organisation auch im digitalen Zeitalter gefragt ist. Die wesentlichen Verteilungsfragen bleiben auch in der digitalen Arbeitswelt dieselben.