Frauen verdienen in Österreich im Schnitt um 20,1 Prozent weniger als Männer. Die Gründe dafür sind vielfältig und oft diskriminierend. Die GPA-djp setzt sich dafür ein, strukturelle Ursachen der Diskriminierung zu beseitigen.
Basis für die Berechnung des Einkommensunterschieds zwischen Männern und Frauen sind die Brutto-Stundenverdienste. Es ist also ein weitverbreiteter Mythos, dass die Einkommensunterschiede zwischen Männern und Frauen daran liegen, dass fast die Hälfte der Frauen teilzeitbeschäftigt ist. Vergleicht man die Bruttojahreseinkommen von Männern und Frauen einschließlich der Teilzeitbeschäftigten so beträgt der Unterschied beinahe 40 Prozent.
Die Unterschiede sind in jedem Fall gravierend: Laut Berechnungen der Arbeiterkammer summieren sich die Einkommensnachteile durch den Gender Pay Gap über ein ganzes Erwerbsleben betrachtet für Frauen auf durchschnittlich 435.000 Euro. Basis für die Berechnung sind die Daten der EU-weiten Verdienststrukturerhebung von 2017. Demnach bekommen Frauen durchschnittlich 900 Euro brutto monatlich weniger bei durchschnittlich 34,5 Erwerbsjahren.
Gründe für ungleiche Bezahlung
Erklärungsmodelle für die Lohnschere gibt es viele. Laut Statistik Austria lässt sich jedoch nur ein Teil der Einkommensunterschiede durch Faktoren wie Alter, Dauer der Unternehmenszugehörigkeit, Art des Arbeitsvertrags, Region und Unternehmensgröße erklären. Werden diese Faktoren herausgerechnet, so beträgt der Lohnunterschied zwischen den Geschlechtern immer noch knapp 15 Prozent. Laut AK-Berechnungen macht dieser „unerklärbare Rest“ pro Monat durchschnittlich 187 Euro brutto aus. Im Laufe des Erwerbslebens summiert er sich auf 90.000 Euro brutto, um die Frauen weniger verdienen – einfach nur, weil sie Frauen sind.
Die Einkommensunterschiede sind besonders ungerecht vor dem Hintergrund, dass Frauen zwar häufig ihre bezahlte Arbeit reduzieren, um Kinder oder pflegebedürftige Verwandte zu betreuen, insgesamt aber mehr arbeiten als Männer, wenn man auch die unbezahlte Arbeit berücksichtigt. Rechnet man bezahlte und unbezahlte Arbeit zusammen, so arbeiten Frauen im Schnitt 65 Stunden pro Woche, während Männer insgesamt nur auf 63 Stunden kommen. Grund dafür sind fehlende oder mangelhafte Kinderbetreuungsmöglichkeiten sowie eine nicht partnerschaftliche Aufteilung der unbezahlten Arbeit.
Gegen Diskriminierung
Die GPA-djp setzt sich dafür ein, dass strukturelle Gründe der Diskriminierung beseitigt werden. „Es braucht ein Bündel von Maßnahmen, um Einkommensnachteile von Frauen zu beseitigen“, erklärt die Frauenvorsitzende der GPA-djp Ilse Fetik. „In den Kollektivverträgen konnte die GPA-djp in den vergangenen Jahren viele Erfolge erzielen – wie bei der Anrechnung von Karenzzeiten und der Erhöhung der kollektivvertraglichen Mindestgehälter. Es braucht aber auch gesetzliche Maßnahmen. Wir werden nicht weitere 100 Jahre warten, um Einkommensgleichheit zu erreichen.“ Auf gesetzlicher Ebene stellen die verpflichtenden Einkommensberichte einen wichtigen Beitrag zur Herstellung von mehr Gerechtigkeit dar. Genau in diesen Bereichen wird die GPA-djp auch weiter Druck machen.
Es gibt sowohl auf betrieblicher als auch auf individueller Ebene Möglichkeiten, um Einkommensgleichheit zu erreichen, wie etwa bei der Gestaltung von Gehaltsverhandlungen.
Licht ins Dunkel der Einkommensunterschiede
Eine von der GPA-djp in Auftrag gegebene IFES-Umfrage unter 800 Angestellten in Österreich bringt Licht ins Dunkel der Einkommensunterschiede und zeigt, dass es bei der individuellen Gestaltung der Gehaltsentwicklung erhebliche Unterschiede zwischen Männern und Frauen gibt.
Mehr als ein Drittel der Männer (36 Prozent), aber nur knapp ein Viertel der Frauen (24 Prozent) konnte bei Berufseintritt über die Höhe ihres Gehalts verhandeln.
Frauen erreichen während ihrer Berufslaufbahn seltener als Männer außerordentliche Gehaltserhöhungen (37 Prozent im Vergleich zu 42 Prozent). Dennoch geschieht das bei Frauen mit 58 Prozent deutlich öfter auf eigene Initiative, bei den Männern mit 50 Prozent jedoch überdurchschnittlich oft seitens der jeweiligen Geschäftsführungen. Ganz offensichtlich sind also Vorgesetzte öfter der Meinung, dass ihre Mitarbeiter eine Gehaltserhöhung verdienen als ihre Mitarbeiterinnen.
Kriterien für Gehaltserhöhungen
Was die Kriterien für Gehaltserhöhungen betrifft, gibt es kaum Unterschiede zwischen Männern und Frauen: Es zählen gleichermaßen fachliche Kompetenzen, der Nutzen für das Unternehmen sowie das persönliche Auftreten. Mann oder Frau zu sein, scheint dabei grundsätzlich keine Rolle zu spielen. Einen geschlechterspezifischen Unterschied ergibt die Umfrage nur, was Teilzeitanteile und familiäre Betreuungsaufgaben betrifft: Es erachten zwar weniger Frauen als Männer eine Vollzeitbeschäftigung als Voraussetzung für Gehaltszuwächse. Umgekehrt nennen Frauen aber deutlich häufiger das Kriterium der ständigen Verfügbarkeit.
Frauen fordern weniger
27 Prozent der Frauen, aber 39 Prozent der Männer haben während ihrer Berufslaufbahn, etwa bei Mitarbeitergesprächen, öfter als zweimal Gehaltsverhandlungen geführt. 43 Prozent der weiblichen Angestellten haben nie über ihr Gehalt verhandelt, aber lediglich ein Drittel der Männer. Als überwiegenden Grund, bisher noch keine Gehaltsverhandlungen geführt zu haben, werden das fixe Gehaltsschema und die „Unüblichkeit“ derartiger individueller Vereinbarungen genannt (von 40 Prozent der Männer und 50 Prozent der Frauen). Mit 20 Prozent begründen doppelt so viele Frauen wie Männer (11 Prozent) ihre nicht geführten Gehaltsverhandlungen mit fehlendem Mut beziehungsweise mangelnder Unterstützung dafür.
Einkommenstransparenz
Eine wesentliche Voraussetzung für erfolgreiche Gehaltsverhandlungen ist die Einkommenstransparenz. So können Frauen besser einschätzen, welchen Spielraum es im jeweiligen Unternehmen gibt, wo sie ihre eigene Qualifikation einordnen können, und welches Gehalt sie realistischerweise verlangen können.
Einkommen offen legen
Die Frauenministerin Bogner-Strauß hat sich zum Jahreswechsel für mehr Einkommenstransparenz ausgesprochen und gemeint, ihrer Ansicht nach fehle es in Österreich an Bewusstsein dafür, dass es o.k. ist, sein Einkommen offenzulegen. Der Vorsitzende der GPA-djp Wolfgang Katzian begrüßte diesen Vorstoß. Jetzt müssten aber den Worten auch Taten folgen: „Ein Lohntransparenzgesetz nach internationalem Vorbild ist in Österreich jedenfalls längst überfällig und würde den Frauen ein wirksames Mittel in die Hand geben, um gestärkt in Lohn- und Gehaltsverhandlungen zu gehen. Dass Unternehmen, die bei der Berichtslegung der Einkommensberichte säumig sind, keine Sanktionen zu befürchten haben, macht dieses Instrument unwirksam. Eine Evaluierung der Einkommensberichte ist längst überfällig“, ergänzt Katzian. Er fordert eine Übermittlung der Einkommensberichte an ÖGB, AK und WKO. Dies würde dazu beitragen, Gleichstellung weiterhin noch zielgerichteter vorantreiben zu können. Wichtig wäre es auch, die Einkommensberichte an alle Betriebsratsmitglieder zu schicken und zugleich für die Beschäftigten zugänglich zu machen. Absurd ist die Regelung der Verschwiegenheitspflicht für ArbeitnehmerInnen. Sie müssen mit Strafen bis zu 360 Euro rechnen, wenn sie Inhalte aus den Einkommensberichten weitergeben. Arbeitgeber, die keine Berichte legen, müssen dagegen nicht mit Sanktionen rechnen. „Das muss sich ändern“, erklärt Katzian.
Wichtig wäre es auch, die Verpflichtung einen Einkommensbericht zu erstellen auf kleinere Unternehmen auszuweiten. Zudem bräuchte es eine Verpflichtung, erkannte Ungleichheiten auch zu beheben. Sinnvoll wäre zudem eine Aufschlüsselung der Gehaltsbestandteile, wie z. B. Grundgehalt, Überzahlung und Zulagen.
Beispiel Schweden
Schweden ist mit seinem Modell der Einkommensberichte deutlich weiter: Dort müssen Betriebe ab 25 MitarbeiterInnen Bericht legen. Die Betriebe müssen Aktionspläne erstellen, in denen sie konkrete Schritte angeben, wie die Einkommensunterschiede abgebaut werden sollen.
Begünstigt wird die Gleichstellung in Schweden auch durch eine vollkommene Einkommens- und Steuertransparenz. Beides wird in Schweden jährlich veröffentlicht und kann auch bei der Behörde erfragt werden. Der bereinigte durchschnittliche Einkommensunterschied existiert noch, ist aber mit sechs Prozent deutlich niedriger als in Österreich. Auch Island geht nochmals in die Offensive. Unternehmen ab 25 MitarbeiterInnen müssen nachweisen, dass Frauen und Männer gleich entlohnt werden.
Beispiel Deutschland
In Deutschland ist mit Jänner 2018 ein neues Lohntransparenzgesetz in Kraft getreten. Es gibt Beschäftigten das Recht zu erfahren, wie viel KollegInnen des jeweils anderen Geschlechts mit ähnlicher Tätigkeit verdienen. Auskunftspflicht besteht in Unternehmen ab 200 Beschäftigten. Ein halbes Jahr haben die Unternehmen Zeit, sich auf die Neuerung vorzubereiten, dann müssen sie Rede und Antwort stehen. Anfragen müssen schriftlich gestellt und innerhalb von drei Monaten beantwortet werden. Erfährt eine Frau auf diesem Weg, dass sie weniger als ein Mann in einer vergleichbaren Position verdient, kann sie den Gehaltsunterschied gerichtlich einklagen.
Handlungsbedarf
„In Österreich bewegen sich Berufseinsteigerinnen auf sehr dünnem Eis, wenn es um die Verhandlung ihres Gehalts geht. Wir schlagen Unternehmen vor, Bewerberinnen eine Liste mit anonymisierten Gehältern aus dem Bereich, für den sie sich bewerben, vorzulegen. So können Frauen besser einschätzen, welchen Spielraum es gibt und was sie fordern können“, erklärt Katzian. Um möglichst vielen berufstätigen Frauen und Berufseinsteigerinnen Mut zu machen, mehr Gehalt einzufordern, hat die GPA-djp Tipps für Gehaltsverhandlungen zusammengestellt. Tipps für erfolgreiche Gehaltsverhandlungen und weitere Informationen zum Thema finden Sie unter: http://www.gpa-djp.at/machdichstark