Gender Equality und Diversität sind Grundrechte in unserer Wertegemeinschaft, und ihre Förderung in den audiovisuellen Medien ist ein Langzeitanliegen der EU.
Es geht um Lohngerechtigkeit und Beschäftigungsbedingungen der Medienschaffenden, aber auch um die Qualität von Medieninhalten.
Die gesellschaftliche Realität soll im öffentlich-rechtlichen ebenso wie im privaten Rundfunk so abgebildet werden wie sie ist – das gelingt umso besser, je gendergerechter und der Diversität verpflichtet die Teams aufgestellt sind. Studien wie die der Maria Furtwängler Stiftung belegen, dass Frauen in Kino- und TV-Filmen ebenso wie in Informationssendungen noch immer unterrepräsentiert sind. Wer je die Runden der Chefredakteure gesehen hat, die – rein männlich besetzt – die Welt erklären, weiß, was gemeint ist.
Auf EU Ebene gibt es dazu im Ausschuss für den sektoralen sozialen Dialog im audiovisuellen Sektor seit vielen Jahren Gespräche zwischen Gewerkschaften und Arbeitgebern. Im Oktober 2011 – das Jahr, in dem in Österreich die Einkommensberichte eingeführt wurden – einigte man sich dort auf ein „Framework of actions“, das europaweit zu mehr Gendergerechtigkeit im Audiovisuellen Bereich verhelfen soll. Es soll Interessierten in den Nationalstaaten Handlungsmöglichkeiten für die Umsetzung anbieten.
Der Aktionsrahmen umfasst fünf Schwerpunkte: Darstellung der Geschlechter in den Medien, Gleichheit bei Bezahlung, ausgewogene Repräsentanz in den Entscheidungspositionen, Work-Life-Balance und Geschlechterstereotype am Arbeitsplatz.
Schlechtere Bezahlung für Journalistinnen
Skandale in der Medienbranche, die weltweit diskutiert wurden, wie die #metoo-Debatte, aber auch die im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen eklatant geringere Bezahlung einer weiblichen BBC-Korrespondentin haben die Bedeutung des Themas weiter hervorgehoben.
Im Zuge der Evaluierung des „Framework of actions“ soll nun eine weitere Initiative die bisher gezeitigten Erfolge aufzeigen, konkrete Tools definieren und best practice-Modelle sammeln. Die Leiterin des Projekts, Daphne Tepper, war nun in Österreich, um hier mit Stakeholdern der Filmindustrie, aber auch Vertretern des ORF Rechercheinterviews zu führen.
Die Gleichstellungsinitiative im ORF, die bereits 2010 mit der Implementierung der 45 Prozent Quote im ORF Gesetz einen großen Erfolg feiern konnte, wird als Best Practice ihren Platz im geplanten Handbuch finden. Überrascht und begeistert zeigte sich Tepper im Gespräch mit Zentralbetriebsrätin Christiana Jankovics von den guten Instrumenten, die die Gleichstellungsbemühungen im ORF auch sichtbar machen – ausführliche Statistiken, Personalerhebungen, ein Gender Budgeting Prozess und ein ambitionierter Gleichstellungsplan, den die sechs Gleichstellungsbeauftragten in Abstimmung mit der Gleichstellungskommission erarbeiten. Die Basis dafür sind das ORF Gesetz und eine Betriebsvereinbarung, die mit Unterstützung der GPA-DJP erarbeitet wurde und den Rahmen definiert.
Best Practice
Für die Bemühungen um mehr Geschlechtergerechtigkeit wurde der ORF von EIGE (European Institute für Gender Equality) bereits als best practice ausgezeichnet. Als größten Erfolg definiert Betriebsratsvorsitzende Christiana Jankovics das Bewusstsein, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für ihre Gleichstellungsrechte entwickelt haben.
Trotz ausgezeichneter Richtlinien ist der Erfolg des Gender Equality-und Diversitäts-Prozesses in der Rundfunkanstalt aber auch weiterhin kein linearer. In Führungspositionen hält der ORF bei einem Frauenanteil von rund 32 Prozent, der Gender Pay Gap liegt bei knapp 14 Prozent. Sparvorgaben, die das Unternehmen erfüllen muss, gehen immer wieder zu Lasten der Genderpolitik. Das Verständnis für die Bedeutung des Prozesses ist im Aufsichtsgremium des Hauses, das die Gleichstellung auch monitoren sollte, kein besonders großes.