Wir brauchen keine Pensionskürzungen sondern mehr und bessere Arbeitsplätze für Ältere.
Wir werden immer älter und sterben später. Die Zahl der Menschen über 65, also über dem gesetzlichen Pensionsalter wird bis zum Jahr 2060 deutlich ansteigen. Einen Grund deswegen in Panik zu geraten, gibt es allerdings nicht. Der Anteil der Pensionskosten an der gesamten Wirtschaftsleistung Österreichs (also dem BIP) wird nämlich im selben Zeitraum nur moderat ansteigen, in einem Ausmaß, das wir uns ohne Probleme leisten können – wenn wir das wollen. Und da liegt auch der Hund begraben: Das Problem ist nicht, dass wir uns die Pensionen nicht mehr leisten können, sondern dass bestimmte politische Kräfte das nicht wollen. Österreich wird ja nicht nur älter sondern auch immer produktiver, die Beschäftigungsquote der älteren ArbeitnehmerInnen steigt und auch das faktische Pensionsantrittsalter wird durch die Reformen, die ab nächstem Jahr in Kraft treten, deutlich ansteigen.
Warum lesen wir trotzdem ständig vom „Pensionssystem am Abgrund“ und den „apokalyptischen Reitern“? Nicht weil die Pensionen tatsächlich in Gefahr wären, sondern weil einige ein Interesse daran haben, die Menschen zu verunsichern. Denn wenn die Jungen nicht mehr glauben, dass sie am Ende ihres Arbeitslebens eine sichere staatliche Pension bekommen, kann man ihnen einerseits Pensionskürzungen leichter verkaufen und andererseits werden sie eher bereit sein Eigenvorsorge zu betreiben. Hinter der Verunsicherungspolitik stecken also handfeste politische und auch wirtschaftliche Interessen. Und es wirft Fragen auf, wenn etwa der „Pensionsexperte“ und Prophet des Untergangs unseres Pensionssystems Bernd Marin gleichzeitig im Werbespot eines bekannten Privatversicherers auftritt und zum Abschluss einer Privatpension aufruft.
Anlass der aktuellen Pensionsdebatte war übrigens das Gutachten der sogenannten Pensionskommission. Dieses Gutachten errechnet anhand eines angenommen Szenarios den Anstieg der Pensionskosten bis 2060. Leider haben diese Berechnungen gleich mehrere Schwächen. Sie klammern die Beamtenpensionen aus und damit auch die sinkenden Kosten in dieser ArbeitnehmerInnengruppe. Die Annahmen, die den Berechnungen zugrunde liegen, sind zudem mehr als pessimistisch: Sie gehen davon aus, dass auch langfristig die Arbeitslosigkeit sehr hoch bleibt und Produktivität sowie Beschäftigungsquote kaum steigen. Szenarien, die sich über 50 Jahre erstrecken sind außerdem kaum mehr als Kaffeesudleserei, denn niemand kann Entwicklungen über einen so langen Zeitraum wissenschaftlich vorausberechnen.
Auch wenn kein Grund zu Panik besteht, müssen wir auf das Älterwerden der Gesellschaft reagieren. Die Unternehmen müssen verstärkt ältere ArbeitnehmerInnen einstellen und behalten. Das Beispiel Raiffeisen, wo aktuell 61 hochqualifizierte ältere MitarbeiterInnen gekündigt wurden, bestätigt, dass viele Unternehmen das nicht freiwillig machen. Daher brauchen wir ein Bonus-Malus-System. Wichtig wäre zudem eine Beschäftigungsgarantie für ArbeitnehmerInnen ab 50, die ähnlich der für Jugendliche funktionieren könnte. Handlungsbedarf gibt es außerdem bei der lebensphasengerechten Arbeitsgestaltung und der betrieblichen Gesundheitsförderung. Und nicht zuletzt braucht es den politischen Willen, sich auch bei leicht steigenden Kosten zu einem Pensionssystem zu bekennen, das ein Altern in Würde ermöglicht.