Wer im Krankenstand ist, hat nur eine Aufgabe und die heißt, möglichst rasch wieder gesund werden.
Ein Urteil des Obersten Gerichtshofs hat im Februar 2014 eine mediale Diskussion über die Erreichbarkeit im Krankenstand ausgelöst. Im Urteil der Höchstrichter heißt es, dass ArbeitnehmerInnen dann erreichbar sein müssen, wenn es um unbedingt erforderliche Informationen geht, deren Vorenthaltung zu einem wirtschaftlichen Schaden des Arbeitgebers führen würde. Die Erreichbarkeit – etwa telefonisch – muss in einem Ausmaß stattfinden, das den Genesungsprozess nicht beeinträchtigt. Davon sind nur sehr wenige Personen in gehobenen Positionen betroffen. Keinesfalls ist das Urteil ein Freibrief, ArbeitnehmerInnen im Krankenstand zu kontaktieren. Leider wurde das OGH-Urteil in den Medien zum Teil sehr verfälscht dargestellt – so als würde dadurch eine Türe für das Arbeiten im Krankenstand geöffnet.
Entsprechend besorgt waren verständlicherweise viele ArbeitnehmerInnen. So ist dieses Urteil jedoch keinesfalls zu verstehen. Krank bleibt auch weiterhin krank und niemand muss normalerweise im Krankenstand etwas anderes tun, als möglichst rasch wieder gesund zu werden. Arbeitgeber, die ihre Beschäftigten im Krankenstand unter Druck setzen, handeln eindeutig rechtswidrig – daran ändert auch das OGH-Urteil nichts.
Das Missverständnis um das Arbeiten im Krankenstand lässt sich leicht aufklären und die Rechtslage ist klar. Interessant ist allerdings, dass das Thema ganz offensichtlich viele Menschen beschäftigt. Und das ist auch kein Wunder: Aus einer kürzlich erstellten AK-Krankenstands-Befragung wissen wir, dass kranke ArbeitnehmerInnen offenbar auch wegen Banalitäten im Krankenstand behelligt werden. Rund 46 Prozent gaben an, schon einmal von ihrem Arbeitgeber im Krankenstand kontaktiert worden zu sein. Dieses Verhalten des Arbeitgebers ist eigentlich nicht zulässig und trotzdem an der Tagesordnung.
Auch das Erscheinen von Beschäftigten am Arbeitsplatz, obwohl sie krank sind, ist in Österreich gängige Praxis. Bereits 40 Prozent der Beschäftigten gehen krank zur Arbeit – so das Ergebnis des Arbeitsgesundheitsmonitors von AK Oberösterreich und IFES 2012. Die gesundheitlichen Folgen für die ArbeitnehmerInnen einerseits und die betriebs- und volkswirtschaftlichen Auswirkungen andererseits sind in ihrer Dimension noch nicht abschätzbar.
Das Phänomen „Präsentismus“ – so wird die Praxis, krank zur Arbeit zu gehen, in der Wissenschaft genannt – ist noch wenig untersucht. Fakt ist jedoch, dass der Umgang mit kranken Beschäftigten seitens der Arbeitgeber zusehends rauer wird: Gutscheine für Anwesenheit trotz Krankheit, Fehlzeitenbriefe, Kündigungen bzw. vermeintlich „einvernehmliche“ Auflösungen des Arbeitsverhältnisses im Krankenstand. In vielen Betrieben hält sich der Glaube, dass kranke ArbeitnehmerInnen, die sich zu Hause auskurieren, Produktivitätseinbußen und dadurch Kosten für das Unternehmen verursachen. Das ist jedoch ein fataler Trugschluss.
Infos und Beratung bei den regionalen Beratungsstellen der GPA-djp. Kontaktdaten unter: www.gpa-djp.at/kontakt