Im Bankensektor vollzieht sich der Wandel von Arbeit vor unser aller Augen. Heute übernehmen wir als KundInnen per e-banking vieles von dem, was früher von BankmitarbeiterInnen erledigt wurde.
Eine Studie hat sich nun angesehen, wie sich die Digitalisierung des Bankgeschäfts konkret auf die Tätigkeiten der Beschäftigten auswirkt. Vor fünf Jahren waren österreichweit 79.110 Menschen im Bankensektor beschäftigt. Heute sind es laut Daten der Österreichischen Nationalbank 73.712. Nicht immer gelingt der nötige Personalabbau durch Nichtnachbesetzung von Stellen, die zum Beispiel durch einen Pensionsantritt frei wurden. „Inzwischen bietet die Branchenstiftung Finance seit April jenen Bankangestellten, die tatsächlich den Job verlieren, die Möglichkeit, ihre bisherige Qualifizierung zu aktualisieren oder sich für ein ganz neues Betätigungsfeld zu entscheiden“, erklärt Helga Fichtinger, sie ist in der GPA-djp für den Bankenbereich zuständig.
Neue Chancen für Ältere
In der Branchenstiftung können bis zu drei Jahre lang Ausbildungen und Praktika absolviert werden, so wird die Chance auf einen neuen Job erhöht. Wer über 50 Jahre alt ist, kann vier Jahre etwas Neues lernen. Während der gesamten Stiftungsteilnahme bezieht man Stiftungsarbeitslosengeld und ist kranken-, unfall- und pensionsversichert.
Der Digitalisierungsprozess ist im Bankensektor aber längst noch nicht abgeschlossen. Die klassische Filialbank hat sich überlebt, die Bankinstitute müssen sich quasi neu erfinden. Aus Sicht der Beschäftigten heißt das: Manche Tätigkeiten verschwinden, dafür tauchen neue auf. Das Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmen KPMG hat nun zur Frage „Wie wirkt sich die Digitalisierung auf die Beschäftigten aus?“ im Auftrag von GPA-djp und Arbeiterkammer Wien eine Studie erstellt.
Das Ergebnis: Zu einem Rückgang von Beschäftigung dürfte es in den Bereichen Kundenbetreuung in den Filialen, Zahlungsverkehr, Marktfolge aktiv und passiv (also kundenunabhängige bankinterne Aufgaben) sowie Treasury (Disponieren und Anlegen der vorhandenen oder zufließenden finanziellen Mittel) kommen. Bei Kundenbetreuung und Kundenservice wird sich die konkrete Tätigkeit weiter stark verändern. Aber auch andere Segmente wie das Kreditrisikomanagement, die Vertriebssteuerung oder das Omnikanal-Management (das ist das Planen, Steuern und Kontrollieren aller verfügbaren Vertriebskanäle und Kundenkontaktpunkte) sind in Transformation begriffen, teils mit hoher Geschwindigkeit.
Und dann gibt es die Bereiche, in denen neue Arbeitsplätze entstehen werden: Dazu gehören die IT, das Datenmanagement, der Bereich Customer Care (also der Kundendienst), das Produktmanagement. Benötigt werden werden auch Produktspezialisten.
Technologische Trends
Grundsätzlich gilt: technologische Trends beeinflussen den Vertrieb und den Betrieb. Lippner nennt hier vier für den Bankensektor wesentliche Technologien: Künstliche Intelligenz, Biometrie, Blockchain und Cloud. Die Cloud biete beispielsweise die Möglichkeit der zeit- und ortsunabhängigen Arbeit und lasse so neue Arbeitsformen wie Crowd und Remote Working entstehen, so Lippner. Beim Crowd Working kann Arbeit an MitarbeiterInnen in der ganzen Welt vergeben werden (was wiederum aus ArbeitnehmerInnen-Sicht Fragen in Bezug auf das Arbeitsrecht und die soziale Absicherung aufwirft). Remote Working ist auch unter dem Begriff Tele- oder Heimarbeit bekannt. Der Mitarbeiter, die Mitarbeiterin kann seinen, ihren Job von zu Hause mittels Computervernetzung erledigen.
Die auch aus KundInnenperspektive sichtbarste Veränderung wird allerdings den KundInnenkontakt betreffen. Schon jetzt findet Beratung nicht unbedingt in der Filiale statt. KundInnen erwarten zudem Bequemlichkeit, Verfügbarkeit von Services sowie Individualisierbarkeit von Angeboten. Hier kommt die Customer Journey, die Reise der KundInnen über alle Kanäle, zum Tragen: Informationen bekommt der Konsument nun nicht nur von seinem Berater oder seiner Beraterin. Fragen können auch schriftlich oder aber virtuell – in Chats oder per Video – beantwortet werden.
Der persönliche Kontakt wird aber nicht verschwinden, ist Lippner überzeugt. Vielmehr werde die Fähigkeit, digitale Kanäle in Verbindung mit persönlicher Kommunikation zu bedienen, sogar zur Schlüsselkompetenz. Vielleicht werde ein bisheriger Filialmitarbeiter die Kundenbetreuung künftig in einem Callcenter leisten, wobei sich das Callcenter auch mittels Telefon und Computer in sein Zuhause verlagern kann. Die Technik macht es möglich.
Banken reagieren unterschiedlich auf den Wandel
Schon jetzt wird sichtbar, wie sich Banken hier unterschiedliche positionieren. Die Oberbank weitet zum Beispiel als einzige österreichische Bank ihr Filialnetz aus. Eine der Strategien ist es laut KPMG-Studien beispielsweise, die Bankfiliale als Treffpunkt mit Wohlfühlatmosphäre zu etablieren. Andere Konzepte sind die Kombination von physischen und digitalen Leistungen (phygitale Strategie) oder reine Selbstbedienungsfilialen.
Die Digitalisierung hat aber auch Auswirkungen auf die künftige Entwicklung des grundsätzlichen Geschäftsmodells. Die Plattformbank (die Bank entwickelt eine eigene Plattform), die Datentresor-Bank (die Bank verwahrt digital die persönlichen Daten der KundInnen), die Unsichtbare Bank (Finanzdienstleistungen erfolgen mit Hilfe von Technologie automatisch im Hintergrund) und die Ökosystem-Bank (dabei wird die Plattformarbeit zum Beispiel mit Vorteilen aus der Aufbewahrung von Daten verbunden) sind hier mögliche Ausformungen.
Für die GPA-djp-Vorsitzende Barbara Teiber hat angesichts der Umwälzungen in der Branche Qualifizierung oberste Priorität. Die Bankunternehmen sollten hier auf eine vorausschauende Um- und Aufbauqualifikation von MitarbeiterInnen sorgen. Letztere wiederum müssten ein Recht auf Qualifizierung haben, wobei Lernzeit Arbeitszeit zu sein habe. Sie plädiert zudem dafür, bei dem Konzipieren neuer Geschäftsmodelle die bisherigen Stärken der österreichischen Banken – etwa gute, vertrauensvolle KundInnenbeziehungen – zu berücksichtigen und zu integrieren. Aus MitarbeiterInnensicht wichtig ist dabei die Miteinbeziehung der Betriebsräte in den Veränderungsmanagementprozess. Hinsichtlich neuer Formen von Arbeit – Stichwort: mobile Arbeit – brauche es Bewusstseinsschaffung über Vor- und Nachteile.