Regierungsbilanz aus Beschäftigtensicht

Foto: dewi
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Die schwarz-blaue Koalition tritt nicht als Vertreterin der österreichischen ArbeitnehmerInnen auf, sondern als Erfüllungsgehilfin von Wirtschaft und Industrie.

Als Gewerkschaften bewerten wir jede Regierung danach, was sie für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Österreich leistet. Die Bilanz der schwarzblauen Koalition ist in dieser Hinsicht alles andere als positiv. Im Herbst vergangenen Jahres kündigte etwa ÖVP-Klubobmann Wöginger groß an, dass die Regierung die Anrechnung der Karenzzeiten auf dienstzeitabhängige Ansprüche angehen werde. Dieses Thema ist vor allem für Frauen relevant, die ohne diese Anrechnung um viel Geld umfallen, wenn sie nach der Geburt ihrer Kinder eine Zeit lang zu Hause bleiben. Leider blieb es bei der Ankündigung. Während die Regierung keinen weiteren Schritt in diese Richtung setzte, verhandelten wir die (verbesserte) Anrechnung von Karenzzeiten in viele Kollektivverträge.

Im Handel konnten wir einen Rechtsanspruch auf die Vier-Tage-Woche durchsetzen, die bei der Einführung der 60-Stunden-Arbeitswoche von der Regierung versprochen, aber nie umgesetzt worden war. Das nächste leere Versprechen ist der Papamonat. Groß angekündigt, wartet man bis heute vergeblich auf die Beschlussfassung im Parlament. In der Zwischenzeit haben wir das Recht auf den Papamonat erstmals in der Industrie verankert – konkret in der Elektro- und Elektronikindustrie. Wieder waren wir es, die kollektivvertraglich absichern mussten, was die Bundesregierung trotz Versprechen säumig blieb. Selbstverständlich haben all diese Verhandlungserfolge ihren Preis. Wenn wir die Vier-Tage-Woche, die Karenzzeitanrechnung oder den Papamonat im KV durchsetzen, müssen wir dafür Abstriche bei anderen Punkten machen, das liegt in der Natur von Verhandlungen. Die Regierung kostet also mit dem Bruch ihrer Versprechen den Beschäftigten andere Erfolge
im Kollektivvertrag.

Die schwarzblaue Koalition tritt nicht als Vertreterin der österreichischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf, sondern als Erfüllungsgehilfin von Wirtschaft und Industrie. Das zeigt sich auch, wenn bei der Mindestsicherung gekürzt wird oder über die Rot-Weiß-Rot-Card künftig Kolleginnen und Kollegen von außerhalb der EU wesentlich billiger in Österreich arbeiten dürfen: Am Ende geht es darum, Druck auf Löhne und Gehälter auszuüben. Darum ist es gerade jetzt wichtig, dass sich die Beschäftigten nicht auseinanderdividieren lassen. Der beste Garant dafür ist eine starke Gewerkschaftsbewegung.

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