Europäischer Gerichtshof spricht zu Arbeitszeitaufzeichnung

Foto: Adobe Stock, Andrea Obzerova

Wie soll ermittelt werden, ob Überstunden geleistet werden, wenn die tatsächlich geleistete Arbeitszeit gar nicht erfasst wird? Diese Frage stellten sich nicht nur die Beschäftigten der spanischen Niederlassung der Deutsche Bank SAE, sondern unlängst auch der Europäische Gerichtshof. Wie kam es dazu?

Die Deutsche Bank SAE in Spanien hat kein betriebsinternes System zur Erfassung der geleisteten Arbeitszeit. Eine Software erfasst lediglich die ganztägigen Abwesenheiten wie Urlaub oder Krankenstand. Gegen diesen Umstand wollte das spanische Arbeitsinspektorat vorgehen, ist damit bei den spanischen Gerichten jedoch erfolglos geblieben. Die spanische Gewerkschaft wagte einen erneuten Versuch und brachte eine sogenannte Feststellungsklage ein. In dieser argumentierte die Gewerkschaft, dass auch in Spanien die diversen europäischen Regelungen umzusetzen sind. Wie beispielsweise, dass es notwendig ist die „gewöhnlich geleisteten Stunden“ zu kennen, um Überstunden zu ermitteln. Das spanische Gericht zweifelte, wie die europäischen Regelungen nun wirklich zu verstehen sind, und wandte sich damit an den Europäischen Gerichtshof.

Der Europäische Gerichtshof entschied folgendermaßen: Die europäischen Regelungen sehen ein Grundrecht auf Begrenzung der Höchstarbeitszeit vor. Das heißt, ArbeitnehmerInnen in der Europäischen Union dürfen durchschnittlich maximal 48 Stunden in der Woche arbeiten. Wenn die Arbeitszeit nicht regelmäßig durch ein System erfasst wird, kann nicht überprüft werden, ob diese Schutzgrenzen beachtet werden. Auch Behörden können dann ihrer Aufgabe nicht nachkommen und kontrollieren, ob Gesetze eingehalten werden. Darüber hinaus ist es fast unmöglich objektiv festzustellen, ob Überstunden geleistet wurden. Für ArbeitnehmerInnen ist es dann im Streitfall besonders schwer, glaubwürdig zu beweisen, wieviel sie tatsächlich gearbeitet haben und wie hoch ihre Ansprüche sind.

Abschließend stellt der Europäische Gerichtshof fest, dass hier die Mitgliedsstaaten und ihre Gesetzgebung aktiv werden sollen. Sie haben Regelungen einzuführen, wie eine systematische Erfassung der Arbeitszeit auszusehen hat – unter Berücksichtigung des jeweiligen Tätigkeitsbereiches und der Größe des Unternehmens. Ausnahmen darf es, wie auch im österreichischen Recht, für leitende Angestellte geben. Also wenn die Dauer der Arbeitszeit wegen besonderer Merkmale der ausgeübten Tätigkeit nicht bemessen und/oder vorherbestimmt ist oder von den ArbeitnehmerInnen selbst bestimmt werden kann.

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