Begeistert wieder arbeiten

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Die vorzeitig gestoppte Jobinitiative Aktion 20.000 war letztlich doch erfolgreich, weshalb sie jetzt unter anderen Vorzeichen fortgesetzt wird.

Mit zunehmendem Alter nimmt die Sehkraft ab, Bandscheiben-Beschwerden nehmen oft zu – sprich: gesundheitliche Probleme häufen sich. Ab 50 gibt es auch immer öfter „golden handshakes“ aus betriebswirtschaftlichen Gründen. Wenn ältere ArbeitnehmerInnen aus unterschiedlichen Gründen ihre Anstellung verlieren, werden allerdings viele langzeitarbeitslos. Dann sind sie ein halbes Jahr oder länger beim Arbeitsmarktservice (AMS) als arbeitssuchend gemeldet. Eine alte Erkenntnis.

20.000 Arbeitsplätze

Neu war der Ansatz, durch subventionierte Jobs Langzeitarbeitslose wieder am aktiven Arbeitsleben teilhaben zu lassen und so innerhalb von zwei Jahren 20.000 Arbeitsplätze zu schaffen. Die so genannte Aktion 20.000 ging auf eine Initiative der letzten rot-schwarzen Regierung 2017 zurück. Die darauffolgende türkis-blaue Regierung drehte die erfolgreich angelaufene Wiedereingliederungsmaßnahme für Langzeitarbeitslose – offiziell aus Kostengründen – vorzeitig ab.

Den Endbericht zur Aktion 20.000 hielt das anschließend FPÖ-geführte Sozialministerium lange zurück, erst unter der Übergangsregierung konnte er Ende 2019 das Licht der Öffentlichkeit erblicken. Die wissenschaftliche Evaluierung bestätigt, dass das Projekt relativ erfolgreich war, und gibt Empfehlungen für die Zukunft ab.
Fortsetzung unter neuem Namen

Grund genug, die Aktion 20.000 jetzt fortzusetzen. Das tut die türkis-grüne Regierung allerdings in abgewandelter Form und unter anderem Namen – nachdem ein entsprechender Antrag der SPÖ noch vor der Nationalratswahl 2019 gemeinsam mit ÖVP, FPÖ und Liste Jetzt abgesegnet worden war.
2020 stehen 50 Millionen Euro an zusätzlichen Mitteln für ältere Arbeitslose beziehungsweise für Unternehmen, die diese anstellen, zur Verfügung. Damit sollen nach wie vor bestehende Angebote wie die finanzielle „Eingliederungsbeihilfe“ für Firmen weiterentwickelt werden. Andere Schwerpunkte sind laut Sozialminister Rudolf Anschober von den Grünen Gesundheitsberatung von ArbeitnehmerInnen wie ArbeitgeberInnen im Rahmen des Programms „Fit2work“ sowie – ähnlich wie bei der Aktion 20.000 – Beschäftigung durch Gemeinden und andere gemeinnützige Träger, außerdem innovative Projekte für Kreislaufwirtschaft zur Verbindung von Klimaschutz und Beschäftigung.

Inwieweit künftig das Beratungsangebot so effizient und nachhaltig sein wird, dass Beschäftigte gesünder und länger im Arbeitsprozess bleiben, ist abzuwarten. An der verstärkten „Eingliederungsbeihilfe“ gibt es insofern Kritik, als dadurch die Wirtschaft mit großzügigen Förderungen bedacht werde; Unternehmen und Konzernen würden so noch weniger Steuern und Abgaben zahlen, aber der Bevölkerung werde die Maßnahme als Hilfe für Langzeitarbeitslose „verkauft“.

Eingliederung über qualifizierte Jobs

Dem gegenüber war die Aktion 20.000 primär als Eingliederung in den Arbeitsprozess via Gemeinnützigkeit, aber notwendige Tätigkeiten gedacht. Viele Langzeitarbeitslose, die sich zu dem Projekt bereit erklärten, hatten eine Berufsausbildung und höherwertige schulische Ausbildung. Die wenigsten Stellen waren reine „Hilfsarbeiterjobs“, sondern etliche erforderten das Vorhandensein bestimmter Qualifikationen. Das bestätigt auch die Evaluierung von Prospect, einer in der Arbeitsmarktpolitik spezialisierten Unternehmensberatung.
So waren 3.824 Zielgruppenpersonen, die vor der geförderten Beschäftigung durchschnittlich 2,8 Jahre arbeitslos waren, im Rahmen der Aktion 20.000 rund 1,3 Jahre in Beschäftigung. Davon befand sich knapp ein Drittel (31,7 Prozent) drei Monate nach Förderungsende noch in einem ungeförderten Dienstverhältnis am ersten („echten“) Arbeitsmarkt oder war selbständig erwerbstätig. „Die Dienstverhältnisse waren sowohl hinsichtlich der Aufgabenstellungen als auch hinsichtlich des Anforderungsniveaus sehr breit gestreut und reichten von Hilfstätigkeiten über unterschiedliche soziale Dienstleistungsbereiche bis zu hochqualifizierten Führungsfunktionen“, resümieren die AutorInnen der Abschlussuntersuchung, Trude Hausegger und Tobias Krüse.

Insgesamt weisen die Ergebnisse der Evaluation darauf hin, „dass es mit Hilfe der Förderung der Aktion 20.000 vielfach sehr gut gelungen ist, Startnachteilen von Personen am Arbeitsmarkt, die auf niedrige Qualifikationen, gesundheitliche Einschränkungen und einen Wohnort im Osten Österreichs zurückzuführen sind, entgegenzuwirken“. Mehr als 90 Prozent der befragten TeilnehmerInnen und AbbrecherInnen waren „begeistert, endlich wieder arbeiten zu können“.

4.000 Jobs in 6 Monaten geschaffen

Die ambitionierte Arbeitsmarktinitiative wurde in einem sehr kurzen Zeitraum von sechs Monaten, im zweiten Halbjahr 2017, umgesetzt. Dass es unter diesen Rahmenbedingungen gelang, fast 4.000 Betroffene zu erschließen und für sie geeignete Arbeitsplätze zu akquirieren, sei per se als Erfolg zu bewerten, heißt es im Evaluierungsbericht. Als entscheidende Faktoren werden unter anderem genannt: attraktive Unternehmen, kollektivvertragliche Entlohnung, vollständige Übernahme der Lohn- und Lohnnebenkosten und nicht zuletzt die Expertise des AMS.

Bemerkenswert ist die Feststellung: „Langzeitbeschäftigungslose Personen ab 50 sind – völlig unabhängig von ihren Kompetenzen, Werthaltungen und persönlichen, vor allem gesundheitlichen Rahmenbedingungen – ganz offensichtlich deutlichen Altersdiskriminierungen ausgesetzt. Besonders ausgeprägt dürfte die Nichtberücksichtigung der Potenziale älterer arbeitsloser Personen im Bereich von Großbetrieben und in städtischen Ballungszentren sein. Bei ersteren sind Altersobergrenzen bei Bewerbungsverfahren sehr üblich, in städtischen Kontexten können informelle Netzwerke bestehende Zugangsbarrieren zum Arbeitsmarkt weniger abfedern, weil die Anonymität größer ist.“

Schließlich empfiehlt der Endbericht zur Aktion 20.000 zum einen, den privatwirtschaftlichen Bereich in eine entsprechende Förderungsaktion zu integrieren. Zum anderen sollten die gesammelten Erfahrungen dazu genutzt werden, auch zukünftig Personalengpässen im gemeinnützigen und öffentlichen Bereich sowie beim Bund mit derartigen Programmen zu begegnen.

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