Weißrussland: Gewerkschaften unterstützen Kampf für Freiheit und Demokratie

Landesweite Demonstrationen und Proteste in Weißrussland, gegen Machthaber Alexander Lukaschenko.

Der letzte Diktator Europas Alexander Lukaschenko hält sich seit Jahrzehnten mit manipulierten Wahlergebnissen an der Spitze Weißrusslands. Staatlichen Angaben zufolge wurde der Machthaber am 9. August erneut mit über 80% Zustimmung zum Präsidenten des Landes gewählt, was landesweit zu Demonstrationen und Protesten geführt hat.

Lukaschenko reagierte darauf mit massiver Gewalt und Masseninhaftierungen. Auch zahlreiche GewerkschafterInnen und JournalistInnen wurden Opfer dieser Repressionen. Neben den andauernden Protesten soll vor allem auch die landesweite Streikbewegung den Machthaber zu Fall bringen. Nach Druck von innen und außen sowie weiteren Sanktionsandrohungen zeigte sich Lukaschenko zuletzt für Zugeständnisse bereit um seinen Machtverlust zumindest aufschieben zu können.

Alexander Lukaschenko: Letzter Diktator Europas

Seit mittlerweile 26 Jahren ist Alexander Lukaschenko der Präsident von Weißrussland. Während seiner Amtszeit hat der Machthaber mit diversen manipulierten Volksabstimmungen das Parlament entmachtet und regiert das Land de facto als Alleinherrscher. Bei den Präsidentschaftswahlen am 9. August 2020 wurde Lukaschenko staatlichen Angaben zufolge erneut mit ca. 80% der Stimmen in seinem Amt als Staatsoberhaupt bestätigt. Eine Manipulation dieser Wahl zugunsten des Präsidenten konnte von unabhängigen WahlbeobachterInnen jedoch bereits nachgewiesen werden.

Schon im Vorfeld des Urnenganges wurden aussichtsreiche GegenkandidatInnen Lukaschenkos festgenommen oder an ihrer Kandidatur gehindert. Die Wahl selbst wurde bereits von anhaltenden Protesten begleitet, die sich nach der Verkündung des Ergebnisses ausweiteten.

Neben dem offensichtlichen Wahlbetrug demonstrieren die Menschen in Weißrussland vor allem auch gegen die verfehlte COVID-19 Krisenpolitik Lukaschenkos, die von einer Verharmlosung des Virus geprägt ist und bisher zu ca. 68 000 Infizierten im Land geführt hat. Aber auch die anhaltende wirtschaftliche Krise in der Weißrussland steckt, veranlasst die Bevölkerung immer mehr zum Protest gegen das Regime.

Präsident reagiert mit massiver Gewalt auf friedliche Proteste

Zu Beginn der Proteste, an denen mehrere hunderttausende Menschen teilnahmen und die sich rasch über das ganze Land ausbreiteten, reagierte Lukaschenko mit massiver Gewalt und Repressionen. Die Polizei ging mit aller Härte gegen die Proteste vor und schoss sogar mit scharfer Munition auf die Demonstrierenden. Bis zum 13. August wurden über 7000 Menschen festgenommen, 150 Personen verletzt und drei DemonstrantInnen sind sogar ums Leben gekommen. Der Internetzugang im Land wurde tagelang unterbrochen, um Koordinierungsmöglichkeiten zu unterbinden und Informationsquellen abzuschneiden.

Erst durch internationale Aufmerksamkeit und Druck von außen lenkte das Regime nach mehreren Tagen zumindest soweit ein, dass ein Teil der Gefangenen wieder frei gelassen wurde, partielle Entschuldigungen für den brutalen Umgang mit den Demonstrierenden ausgesprochen wurden und den friedlichen Protesten nicht mehr ausschließlich mit brutaler Gewalt begegnet wurde.

GewerkschafterInnen unter den Festgenommenen

Unter den Festgenommen befanden sich auch zahlreiche GewerkschafterInnen. Der ehemalige Präsident der Unabhängigen Gewerkschaft von Weißrussland (BNP) Nikalai Zimin wurde zusammen mit mindestens drei weiteren AktivistInnen verhaftet. Zimin wurde zu 25 Tagen Haft verurteilt, als er an friedlichen Protesten in der Stadt Soligorsk teilnahm. Sein Kollege Maxim Serda, Vorsitzender der Gewerkschaft der Bergleute wurde zu 12 Tagen verurteilt. Jan Roman, ein Journalist und Aktivist der Gewerkschaft der Freien Metallarbeiter (SPM), wurde brutal geschlagen und auf dem Polizeirevier festgenommen, nachdem er sich nach dem Schicksal seiner zuvor verhafteten Kollegen erkundigt hatte.

Das Regime von Präsident Lukaschenko beschneidet und verletzt seit jeher gewerkschaftliche Grundrechte wie die Vereinigungsfreiheit aber auch fundamentale ArbeitnehmerInnenrechte.

Mindestens 22 JournalistInnen rund um den Wahltag inhaftiert

Unabhängige weißrussische JournalistInnen sind seit je her ständigem Druck, Verhaftungen und staatlichen Schikanen ausgesetzt. Seit Anfang des Jahres verzeichnete der nationale JournalistInnenverband (BAJ) mehr als 130 Verletzungen gegen die Rechte von JournalistInnen in Weißrussland.

Im Zuge der Präsidentschaftswahlen haben sich die Bedingungen für JournalistInnen im Land noch weiter verschlechtert. Zahlreiche in- und ausländische JournalistInnen wurden während der Berichterstattung über die Präsidentschaftswahlen an ihrer Arbeit gehindert, mindestens 22 wurden nach Angaben von BAJ sogar festgenommen. Oftmals gewaltsam. Die Europäische Journalistenföderation (EJF) kritisierte die Bedingungen scharf, unter denen JournalistInnen ihre Arbeit angesichts von Gewaltausübungen und massiven Einschränkungen in ihrer Tätigkeit verrichten müssen.

Landesweite Streikbewegung soll Lukaschenko zu Fall bringen

Neben den tagelangen Massenprotesten auf offener Straße setzen dem Regime vor allem die Arbeitsniederlegungen und Streiks der Beschäftigten in wichtigen staatlichen Schlüsselindustrien immer mehr zu. Am 13. August wurde beispielsweise ein erfolgreicher landesweiter Generalstreik durchgeführt. Beschäftigte, die durch ihre Beteiligung an Streikhandlungen Angst um ihren Arbeitsplatz und ihre Existenz haben, können auf einen von Seiten der Opposition eingerichteten Solidaritätsfonds zugreifen.

Bei Betriebsbesuchen schlägt Lukaschenko die Welle des Protestes auch immer stärker entgegen. Als der Machthaber Anfang August in einem Traktorenwerk eine Ansprache hielt, entgegneten ihm die Beschäftigten lautstark mit den Worten „Hau ab“ und zwangen ihn, seine Rede abzubrechen. Die landesweiten Arbeitsniederlegungen und Streiks in allen wichtigen Staatsbetrieben sollen Lukaschenkos‘ Machtapparat durch den entstehenden wirtschaftlichen Schaden schwächen und das Regime so zum Aufgeben zwingen. Denn die Machtelite rund um den Präsidenten benötigt die Erträge dieser Betriebe unbedingt, um ihren luxuriösen Lebensstil zu finanzieren und vor allem auch um die Einsatzkräfte zu entlohnen, die für die Aufrechterhaltung des Regimes überlebensnotwendig geworden sind.

EU beschließt weitere Sanktionen gegen Weißrussland

Aufgrund des repressiven Vorgehens des Regimes gegen die Proteste haben die EU-AußenministerInnen bereits letzten Freitag Sanktionen gegen all jene auf den Weg gebracht, die für die Wahlfälschungen und die Niederschlagung der Proteste im Land mitverantwortlich sind. Bei einem weiteren EU-Gipfeltreffen am Mittwoch, dem 19. August einigten sich die Staats- und Regierungschefs in einer Videokonferenz darauf, das Ergebnis der Wahl nicht anzuerkennen.

Lukaschenko plötzlich zu Zugeständnissen bereit

Aufgrund der anhaltenden Proteste und Demonstrationen sowie des steigenden internationalen Drucks kündigte Lukaschenko im Laufe dieser Woche an, Neuwahlen im Land zustimmen zu wollen. Als Voraussetzung dafür nannte er jedoch das Inkrafttreten einer neuen Verfassung, die durch ein positives Referendum der Bevölkerung legitimiert werden müsste.

Der angeschlagene Machthaber versucht also, nach dem offensichtlichen Scheitern seiner repressiven Vorgehensweise gegen die Proteste, durch Zugeständnisse die Lage in den Griff zu bekommen und seinen Machtverlust zumindest aufzuschieben.

Die Opposition zeigte sich von diesem Vorschlag empört und hat einen sogenannten „Koordinierungsrat“ vorgestellt, mit dem das Land vorübergehend regiert und aus der Krise geführt werden soll. Die Oppositionsführerin und Präsidentschaftskandidatin gegen Lukaschenko Swetlana Tichanowskaja ist mittlerweile nach Litauen geflüchtet und kündigte in einer Videobotschaft ihre Bereitschaft an, das Land künftig führen zu wollen.

Lukaschenko versucht unterdessen weiterhin die Proteste im Land mit allen Mitteln zu stoppen. Die Geheimdienste sollen dazu die OrganisatorInnen der jüngsten Demonstrationen ausfindig machen. Der Machthaber hat auch angeordnet, dass in den Streik getretene Staatsbedienstete nicht mehr an ihren bisherigen Arbeitsplatz zurückkehren dürfen.

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