Gerade einmal seit Jahresbeginn 2020 in Kraft, wird die Abschlagsfreiheit bei der Langzeitversichertenpension ab Beginn 2022 wieder abgeschafft.
Mit den Stimmen der Regierungsparteien und der NEOS wurde in der Nationalratssitzung am 20.November 2020 die Wiedereinführung von Abschlägen bei dieser Pensionsart beschlossen. Statt dessen wird ein sogenannter Frühstarterbonuseingeführt. Dieser wird zwar mehr Versicherten zugutekommen, ist aber so gering, dass entstehende Pensionsverluste dadurch aber nicht ansatzweise kompensiert werden. Hier die Auswirkungen im Detail:
Die Langzeitversichertenregelung – vielfach auch „Hacklerregelung“ genannt – ermöglicht einen Pensionsantritt vor dem Regelpensionsalter. Männer können diese Pension ab Vollendung des 62. Lebensjahres in Anspruch nehmen, wenn sie mindestens 540 Beitragsmonate (45 Jahre) erworben haben. Für Frauen gelten bis zur vollzogenen Angleichung ihres Pensionsalters an jenes der Männer, je nach Geburtsjahrgang unterschiedliche Zugangsvoraussetzungen (mehr dazu im letzten Absatz).
Grundsätzlich gilt, dass es bei Pensionsantritten vor dem Regelpensionsalter (65 Männer, noch 60 Frauen) Abschläge gibt. Eine Ausnahme war bzw. ist dabei die Langzeitversichertenregelung, die man nach 45 Beitragsjahren (im wesentlichen Arbeitsjahre) abschlagsfrei ab 62 in Anspruch nehmen kann. Am 1. Jänner des heurigen Jahres ist bei der Langzeitversicherung die Befreiung von Abschlägen wirksam geworden. Diese Abschlagsfreiheit wurde nun wieder abgeschafft. Ab 2022 müssen Versicherte Abschläge in der Höhe von 4,2 Prozent pro Jahr bzw. 0,35 Prozent pro Monat des Pensionsantritts vor dem Regelpensionsalter in Kauf nehmen. Das führt dazu, dass die Pensionen um 12, 6 Prozent geringer ausfallen, wenn die Pension drei Jahre vor dem Regelpensionsalter in Anspruch genommen wird.
Abschläge bei Schwerarbeitspension und krankheitsbedingten Pensionen
Die nun fixierte Streichung der Abschlagsfreiheit betrifft nicht nur die Langzeitversichertenpension. Auch bei der Schwerarbeitspension sowie bei der Berufsunfähigkeitspension/Invaliditätspension gilt derzeit noch die Befreiung von Abschlägen, wenn 45 Arbeitsjahre vorliegen. Ab 2022 gelten auch hier wieder generell Abschläge. Im Fall der Berufsunfähigkeits-/Invaliditätspension machen diese pro Jahr des Pensionsantritts vor dem Regelpensionsalter 4,2 Prozent und maximal 13,8 Prozent aus. Bei der Schwerarbeitspension betragen die Abschläge 1,8 Prozent pro Jahr und maximal 9 Prozent, wenn der Pensionsantritt 5 Jahre vor dem Regelpensionsalter liegt und bei der Korridorpension machen die Abschläge sogar 5,1 Prozent jährlich aus.
2019 fielen etwas mehr als 10 Prozent der Pensionsantritte auf die Langzeitversichertenregelung. Heuer wird der Anteil höher ausfallen, weil Versicherte wegen der Abschlagsfreiheit bei dieser Pensionsart ihren Pensionsantritt auf 2020 verschoben haben, wo das möglich war.
Frühstartbonus statt Abschlagsbefreiung
Als Ausgleich für die Wiedereinführung der Abschläge wird es ab 2022 den sogenannten Frühstarterbonus geben. Er bringt für jeden Beitragsmonat, der vor dem 20. Lebensjahr erworben wurde, einen Zuschlag von einem Euro. Maximal kann damit ein Bonus von 60 Euro erreicht werden. Bei Miteinrechnung der Sonderzahlungen bringt der Frühstarterbonus damit maximal 840 Euro pro Jahr. Voraussetzung ist, dass bei Pensionsantritt mindestens 25 Arbeitsjahre (300 Beitragsmonate auf Grund einer Erwerbstätigkeit) vorliegen und dass mindestens 12 Monate davon vor dem 20. Lebensjahr erworben wurden. Die Beträge sollen regelmäßig aufgewertet werden.
Bringt der Frühstarterbonus mehr Fairness bei den Pensionen?
Seitens der Regierung wird die abschlagsfreien Langzeitversichertenregelung und der an ihre Stelle tretende Frühstarterbonus als Schritt zu mehr Gerechtigkeit im Pensionssystem bezeichnet, da von der derzeitigen Regelung in erster Linie Männer mit höheren Pensionen profitieren würden. Der Frühstarterbonus würde künftig Männer und Frauen gleichermaßen und unabhängig von der Pensionshöhe einen Vorteil bringen. Der Umstand, dass bislang fast ausschließlich Männer die Langzeitversichertenregelung in Anspruch nehmen können, hängt auch mit dem noch niedrigeren Regelpensionsalter von Frauen zusammen. Künftig hätten sehr wohl auch Frauen von der Regelung „nach 45 Arbeitsjahren abschlagsfrei“ etwas gehabt und zwar je nachdem, wie weitgehend sie von der Angleichung des Frauenpensionsalters schon betroffen sind. Jene Frauen, die ab dem 2.6.1968 geboren sind, haben bereits das gleiches Regelpensionsalter von 65 Jahren wie Männer. Diese Frauen hätten von der Abschlagsfreiheit nach 45 Arbeitsjahren im gleichen Ausmaß wie Männer ab 2020 profitiert und für sie wird sich der Frühstarterbonus wohl kaum als gerechter Reformschritt darstellen lassen.