Buchtipp: Jude ist kein Schimpfwort

Über das jüdische Leben in Österreich und den „normalen Umgang“ mit Jüdinnen und Juden

In ihrem neuesten Buch geht die Autorin und Journalistin Alexia Weiss auf Spurensuche und versucht sprachlich und atmosphärisch einzufangen, dass es im Umgang mit Juden und Jüdinnen in Österreich bis heute keine gänzliche Unbefangenheit und Normalität gibt. Das komme dann über Antisemitismus zum Ausdruck, aber auch durch ein hohes Sicherheitsbedürfnis oder durch einen übertrieben vorsichtigen Umgang seitens Nichtjuden. In persönlichen Gesprächen arbeitet Weiss heraus, wie sich Juden und Jüdinnen in ihrem Alltag fühlen und wie sie Antisemitismus erleben. Akzente von Antisemitismus im täglichen Leben und der Arbeit werden spürbar, Strategien im Umgang mit Anfeindungen sichtbar gemacht.

„Juden erleben oft unangenehme Gespräche. Ebenso oft erleben sie ungewünschte oder übertriebene Umarmungen im übertragenen Sinn“, erzählt die 49-Jährige Wienerin. Der Grundtenor ist, dass es selten einen normalen Umgang mit dem Judentum gibt. „Juden werden ständig bewertet oder eingeordnet. Derartiges Verhalten ist leider oft ein Indiz dafür, dass man / frau nicht im Reinen mit der Thematik ist. Eigentlich wollen wir einfach ein normaler Teil der Gesellschaft sein“, befindet die Autorin.

Es geht um die Absicht hinter anti-jüdischen Phrasen aber auch um die Wahrnehmung des Ausgesprochenen. Die Absicht hinter dem Gesagten entspricht nicht immer genau jener Intensität, mit der Antisemitismus empfunden wird. Weiss gelingt die feine Grenzziehung zwischen persönlicher Wahrnehmung, weit verbreiteten Vorurteilen und antisemitischen Einstellungen.

Das Buch ist reich an aktuellen politischen Bezügen und gibt Einblicke in den Umgang der österreichischen Politik mit jüdischen Institutionen. Ganz nebenbei erfährt man Wissenswertes über das in Österreich angewandte Buchstabieralphabet, aus dem die Nazis alle jüdischen Namen entfernt haben, historische Plätze, Kulturelles und Details über die jüdische Gemeinschaft in Wien. Eine anregende Lektüre auf Basis einer profunden aktuellen Situationsanalyse, die exemplarisch und dennoch detailreich tiefe Einblicke in das jüdische Leben gibt.

Das Buch ist eine lehrreiche Reise, die zeigt, wie moderne Juden mit ihrer Kultur und den traditionellen Werten umgehen, wie sie diese auslegen und leben.

Alexia Weiss

Jude ist kein Schimpfwort

Kremayr & Scheriau

92 Seiten, 22,00 € 

ISBN: 978-3-218-01263-8

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