Die „10 Gebote der Ökologie“ des deutschen Öko-Pioniers Friedrich Schmidt-Bleek empfehlen sich gerade in Zeiten wie diesen als Pflichtlektüre.
Die junge Greta Thunberg hat dem Kampf gegen den Klimawandel einen ungeahnten Schub verliehen. 2016 war die damals 13-Jährige erstmals auf das Thema gestoßen. Im selben Jahr veröffentlichte der deutsche Chemiker und Umweltforscher Friedrich Schmidt-Bleek „Die 10 Gebote der Ökologie“. Beide Ereignisse haben nichts miteinander zu tun und dennoch Berührungsflächen. Wobei die heißer werdenden Sommer und schneller schmelzenden Gletscher sind „nur“ ein Teil der globalen Umweltproblematik.
„Die 10 Gebote der Ökologie“ gehen denn auch weit über die meteorologische Klimaänderung hinaus. Aufgrund es Titels lässt sich erahnen, dass der Autor von christlicher Sozialisation geprägt worden ist. Inhaltlich richtet sich aber sein Appell an alle LeserInnen welcher Religion auch immer, ob mit atheistischer oder agnostischer Überzeugung. Friedrich Schmidt-Bleek, der dieser Tage 87 Jahre alt wird, gilt in Deutschland als Öko-Pionier. In den 1990er Jahren war er u.a. Gründungsvizepräsident des renommierten Wuppertal-Instituts für Klima, Umwelt, Energie.
Wenn es heute mehr denn je Bücher wie dieses braucht, dann deshalb, weil endlich „mit entscheidend weniger Naturverbrauch mehr Wohlstand für eine wachsende Zahl von Menschen“ geschaffen werden soll. Interessant sind die Informationen und Zusammenhänge, die Schmidt-Bleek liefert. Etwa dass viele technische Erfindungen Wohlfahrt, Gesundheit und Sicherheit von Milliarden Menschen entscheidend verbessert haben, dass aber „dieses Leben für jeden von uns in Europa die Vernutzung von 70 Tonnen Natur pro Jahr und mehr als zehnmal so viel Wasser kostet“.
Ressourcenverbrauch beschränken
Wir gehen achtlos um mit den Ressourcen der Erde (Wasser, Sand, Holz, seltene Erden etc.), als ob sie endlos vorrätig wären und keinerlei Preis hätten, so Schmidt-Bleeks Befund. „Im Augenblick verhalten wir uns so, als hätten wir – gemessen an unserem Rohstoffverbrauch – drei weitere Erden in Reserve.“ Umdenken ist erforderlich. Angefangen bei uns selbst. Müssen wir das Smartphone wirklich drei Jahren gegen die neueste Generation eintauschen? Jedes Produkt, das auf den Markt kommt, schleppt bereits einen ökologischen Rucksack (Kosten für Strom, Rohstoffe u.a.) mit sich. Stattdessen wären weniger Produkte mit kleinerem materiellem Fußabdruck notwendig und dass wir sie länger nutzen.
Vieles liegt wie so oft an den dominierenden Wirtschaftskräften. „Durch allgegenwärtige Verbrauchswerbung, die ja immer auf unsere Rechnung geht, werden wir zum Konsum gedrängt und für die daraus resultierenden Schäden an den Dienstleistungen und Funktionen der Ökosphäre hinterher noch einmal zur Kasse gebeten“, schreibt Schmidt-Bleek. Und geht nicht nur mit dem – vermeintlichen – Niedrigpreissektor hart ins Gericht, der uns ja langfristig wesentlich mehr kostet als unmittelbar an der Kassa. Vor allem erinnert er an jahrzehntealte Schätzungen, wonach die Wirtschaft verschlankt werden müsste in den reichen Industrienationen. Er spart nicht mit Kritik am nachsorgenden „Luxus-Umweltschutz“ und bezeichnet fragwürdige Umwelt-Maßnahmen, die per se wieder einen breiten ökologischen Fußabdruck haben (Katalysatoren in Diesel-Autos etc.) als „Greenwashing“. Für ihn gilt: „Wer am Eingang der Wohlstandsmaschinerie weniger natürliche Ressourcen hineingibt, hat an ihrem Ausgang auch weniger Probleme.“ Wie bei der Gesundheit eines Menschenkörpers ist hier Vorsorge besser als Nachsorge.
Dass Friedrich Schmidt-Bleek für eine Reform des Steuersystems plädiert, wonach Arbeit geringer und natürliche Ressourcen stärker besteuert werden sollten, ist naheliegend. Gut, dass er am Ende seines – locker geschriebenen und gut zu lesenden – Plädoyers weiterführende Links und ein Glossar der wichtigsten Fachbegriffe angefügt hat.
Eigentlich Pflichtlektüre. Einfach zum Nachdenken.
Friedrich Schmid-Bleek
Ludwig Buchverlag
Originalausgabe (24. Oktober 2016)
20,60 Euro
ISBN-10: 3453280865
ISBN-13: 978-3453280861