Die Wirtschaftsdaten sind gut, die Metallbranche und der Bergbau haben sich von der Krise gut erholt. Bei den herbstlichen KV-Verhandlungen ist daher ein deutliches Gehaltsplus zu erwarten.
Für die 165.000 Beschäftigten der Metallbranche und des Bergbau startete dieses Jahr am 22. September mit der Forderungsübergabe die gewichtigste der herbstlichen KV-Runden. Die Metallindustrie macht traditionell den Auftakt der so genannten Herbstlohnrunde, ihr Abschluss hat Signalwirkung für die anderen Branchen. Dieses Jahr steht eine offensive „Geldrunde“ im Mittelpunkt der Verhandlungen der Gewerkschaften GPA-djp (Angestellte) und PRO-GE (ArbeiterInnen) – keine Bescheidenheit, heisst die Parole.
Denn: „Der Branche geht es gut, der Konjunkturaufschwung war sogar stärker als erwartet“, berichtet der Chefverhandler der GPA-djp, Karl Proyer, „ein kräftiges Gehaltsplus vn 5,5 Prozent muss daher drin sein.“ Walter Hofstadler, Vorsitzender des Angestelltenbetriebsrates bei der voestalpine Stahl GmbH und ebenfalls im Verhandlungsteam, schliesst sich dem an: „Die Beschäftigten haben Großes geleistet und die Unternehmen durch die Krise durchgetragen, sie haben die Konjunktur wieder hochgefahren.“ Das hat allerdings auch Opfer gefordert: „Während der Krise wurde Personal abgebaut, daher ist nun der Leistungsdruck auf die verbliebene Belegschaft enorm gestiegen.“
Leistungsdruck und Überstunden
Hofstadlers Bericht ist keine Ausnahme, bei den BetriebsrätInnen der Branche hört man aller Orten von massiv steigenden Überstundenzahlen und hohem Leistungsdruck seit der Krise. Auch Alois Schlager, BR-Vorsitzender bei CHN Österreich (Steyr Traktoren), sieht hier den Knackpunkt bei den Verhandlungen: „Die Leistung im Betrieb stimmt, die Beschäftigten arbeiten mit vollem Einsatz für ihre Firma. Es werden sehr viele Arbeitsstunden geleistet, deutlich mehr, als die faktische Arbeitszeit vorsieht. Entsprechend erwarten nun alle ihr Stück vom Kuchen.“ Und Schlager gibt zu bedenken: „Wenn das Ergebnis der Gehaltsverhandlungen hinter den Erwartungen zurückbleibt, wäre das eine zu grosse Enttäuschung und würde wahrscheinlich zu betrieblichen Konflikten führen.“
Gute Wirtschaftsdaten
Die Zahlen der Branchenanalyse beweisen: Der Konjunkturaufschwung im zweiten Jahr nach der schärfsten Rezession der Nachkriegszeit war deutlich stärker als ursprünglich angenommen. Für 2011 wird nach der Juliprognose des WIFO das reale Wachstum des BIP mit drei Prozent prognostiziert. In der Sachgüterproduktion ist der Konjunkturaufschwung stark. Dieser Aufschwung ist in erster Linie vom Export und von den steigenden Ausrüstungsinvestitionen getragen.
„Die Betriebsergebnisse sind extrem gut. Wir wissen aus der jährlichen Bilanzanalyse, dass die Ausschüttungen und die Gewinne hoch sind – wir wissen aber auch, dass die Personalkosten dahinter deutlich zurück geblieben sind“, berichtet Alois Schlager.
Im Vorjahr hatten sich die Sozialpartner nach schwierigen Verhandlungen auf ein Plus bei den KV-Löhnen und Gehältern um 2,5 Prozent (Ist-Erhöhung 2,3 Prozent) geeinigt. Im Rückblick auf die Situation damals fällt auf, dass einerseits die tatsächliche Entwicklung der Konjunktur und der Produktion deutlich besser verlaufen ist als angenommen.
Da aber andererseits die Inflation unerwartet stärker ausfiel, ist die Kaufkraft gesunken. Mit anderen Worten: Trotz sehr guter Konjunktur gab es einen Reallohnverlust, der nun kompensiert werden sollte.
Inflation und Produktivitätszuwachs
Die Lohn- und Gehaltserhöhungen orientieren sich traditionell an zwei Werten: Der Inflation, die heuer drei Prozent beträgt, und dem Produktivitätszuwachs. Auf dieser Basis wird verhandelt. „Über die Laufzeit des Kollektivvertrags von November bis November ergibt sich diesmal eine Inflationsrate von drei Prozent, das ist schon sehr hoch“, erklärt Proyer.
Diese Inflationsbeschleunigung hat zu einer leichten Senkung der Bruttolöhne geführt. Wegen der sinkenden Reallöhne ist der private Konsum (mit nur 0,9 Prozent für 2011) schwach. Ein weiterer wichtiger Grund, bei den Gehältern ordentlich was draufzulegen. Proyer: „Die Kaufkraft ist ein enorm wichtiger Konjunkturmotor, der darf nicht ins Stottern geraten.“
Die Gewerkschaften wollen jedoch – anders als die Arbeitgeber – auf jeden Fall auf Nachhaltigkeit setzen. „Mit Prämien und Einmalzahlungen geben wir uns sicher nicht zufrieden. Eine Einmalzahlung sieht auf den ersten Blick gut aus, aber über die Jahre hinweg verliert sie an Wert. Von solchen Vorschlägen der Arbeitgeber lassen wir uns nicht ködern“, betont Proyer.
Und noch ein anderer Punkt steht dieses Jahr sehr weit oben auf der Prioritätenlisten: Die Fraueneinkommen. „Das nehmen wir sehr ernst, natürlich nicht nur bei der Metallrunde, auch in allen anderen Branchen. Die Einkommensschere wollen wir endlich schließen, es ist hoch an der Zeit“, kündigt Proyer an.
Auch Voest Angestelltenbetriebsrat Hofstadler weiss, was auf dem Spiel steht: „Die Konjunktur ist zur Zeit gut, der Motor brummt, die Inflation ist hoch. Daraus leiten die Kolleginnen und Kollegen ihre Erwartungen für die KV-Runde ab, und das ist heuer unsere Herausforderung!“