120 Jahre – und kein bisschen leise

Büroangestellte 1913, Foto, Rennerinstitut

Die Gewerkschaft der Privatangestellten war stets mehr als nur eine Kämpferin für gute Arbeitsbedingungen. Sie hatte immer auch das gesamtgesellschaftliche Wohl im Auge.

Die Beschäftigung als Angestellter hat in der langen Menschheitsgeschichte eine recht kurze Tradition: Angestelltenberufe entstanden erst mit der Entwicklung der kapitalistischen Wirtschaft. Und so begannen sich die Angestellten in der k.und k.-Monarchie auch erst langsam zu organisieren, als es für FabriksarbeiterInnen schon ein paar Schutzgesetze und eine Sozialversicherung gab.

Verein der kaufmännischen Angestellten

VerkäuferInnen, Handelsgehilfen, kaufmännische Bürokräfte waren davon allerdings ausgeschlossen. 1892, also vor 120 Jahren, bildete sich daher die erste Angestellten-Gewerkschaft in genau diesem Berufsfeld: der Verein der kaufmännischen Angestellten. Die Gründer waren Karl Pick, Julius Beermann und Friedrich Austerlitz. In der Folge organisierte Richard Seidel die Industrieangestellten, Josef Petersilka die Sozialversicherungsangestellten, Otto Maresch die Gutsangestellten, Hugo Breitner und Heinrich Allina die Bankangestellten.

Ein Meilenstein war 1907 das erste Pensionsgesetz für ArbeitnehmerInnen. Das „Gesetz über den Dienstvertrag der Handlungsgehilfen und anderer Dienstnehmer in ähnlicher Stellung“ brachte 1910 ein eigenes Dienstrecht für die kaufmännischen Angestellten. Hier wurde der Grundstein für Kündigungsschutz, Krankengeld und Urlaubsregelungen gelegt. 1909 wurde das Betriebsrätegesetz beschlossen. Mit dem Angestelltengesetz 1921 wurden die Entgeltfortzahlung, der Urlaubsanspruch, eine längere Kündigungsfrist und die Abfertigung verankert.

Gewerkschaftspolitische Avantgarde

Schon die Pioniere kämpften aber nicht nur für bessere Löhne, geregelte sowie kürzere Arbeitszeiten und soziale Absicherung, sondern auch für eine bessere Ausbildung. Damit positionierten sich die Vorgängergewerkschaften der GPA bereits früh auch als gewerkschaftspolitische Avantgarde. Heute hat die Gewerkschaft der Privatangestellten beispielsweise die Themen Integration und Pflege auf ihrer Agenda, auch wenn diese auf den ersten Blick nicht viel mit den Rechten von Angestellten zu tun haben.

Was die GPA auch bis heute hochhält, ist der antifaschistische Grundkonsens. Das hat zum einen wohl damit zu tun, dass alle Richtungsgewerkschaften in der Ständestaat-Diktatur ab 1934 verboten und durch den staatlich eingerichteten „Gewerkschaftsbund der österreichischen Arbeiter und Angestellten“ ersetzt wurden. Mit dem „Anschluss“ an Hitler-Deutschland wurden die österreichischen Gewerkschaften schließlich gänzlich verboten. Zum anderen wurden viele leitende FunktionärInnen der Gewerkschaftsbewegung, entweder weil sie Widerstand leisteten oder weil sie Juden waren, vom NS-Regime verfolgt. Heinrich Allina etwa musste wie Alfred Broczyner von den Versicherungsangestellten vor dem NS-Terror fliehen. Der Industrieangestellte Friedrich Hillegeist und die Frauenpionierin Valerie Kittl überlebten die Verfolgung in Österreich.

Sozialsystem und Sozialgesetzgebung

Hillegeist gestaltete später das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz von 1955 entscheidend mit. Auch in den folgenden Jahren gingen aus der GPA regelmäßig Persönlichkeiten hervor, die dem heimischen Sozialsystem und der Sozialgesetzgebung ihre Handschrift verliehen. Alfred Dallinger etwa, der 1948 Jugendsekretär und viele Jahre später, 1974, Vorsitzender der GPA wurde. Dallinger, ab 1980 bis zu seinem frühen Tod bei einem Flugzeugabsturz 1989 Sozialminister, hat sich vor allem als Verfechter der Arbeitszeitverkürzung einen Namen gemacht.

Lore Hostasch stand von 1989 bis 1994 an der Spitze der GPA. Auch sie wurde später Sozialministerin (1997 bis 2000), zuvor aber noch Präsidentin der Arbeiterkammer (1994-1997). Was sie in ihrer Regierungszeit vor allem auszeichnete, war ihre Konsenspolitik, die ganz im Zeichen der Tradition der österreichischen Sozialpartnerschaft stand. Auch Hans Sallmutter, GPA-Vorsitzender von 1994 bis 2005, saß viele Jahre an einer Schaltstelle des heimischen Sozialsystems: von 1997 bis 2001 war er Präsident des Hauptverbands der österreichischen Sozialversicherungsträger.

Antifaschistischer Grundkonsens

Heute steht mit Wolfgang Katzian erstmals ein Gewerkschafter der GPA vor, der 1956 und damit nach dem Zweiten Weltkrieg geboren wurde. Den antifaschistischen Grundkonsens hochzuhalten ist ihm allerdings ebenso ein Anliegen wie seinem Vorgänger Sallmutter, der etwa 2001 festgehalten hatte: „Meine Gewerkschaft, die GPA, hat eine ausgeprägte antifaschistische Tradition. Viele ihrer Gründungsväter und –mütter waren Opfer des faschistischen Terrors, der sich nur deshalb über ganz Europa ausbreiten konnte, weil nicht rechtzeitig und entschieden genug, auch von den Gewerschaften, gehandelt wurde.“

Zusammenschluss mit der djp

Unter Katzian wurde gewerkschaftsintern eine wichtige Weichenstellung vorgenommen: 2006 fusionierten GPA und die Gewerkschaft Druck, Journalismus und Papier (djp). Durch diesen und andere Zusammenschlüsse von Teilgewerkschaften versucht der ÖGB, am Puls der Zeit zu bleiben und seine Mitglieder durch die bestmögliche Organisation optimal zu vertreten.

Eine Gruppe, welcher sich die GPA schon nach Kriegsende angenommen hat, sind die SchülerInnen und Studierenden. Geht es beispielsweise um das Thema Studiengebühren, ist die GPA-djp im Kampf dagegen stets an vorderster Front zu finden. Und auch beim Bildungs- und Schulsystem macht sich die GPA-djp vehement für Reformen stark.

Im neuen Jahrtausend kämpft die GPA-djp mit allen Kräften gegen den Sozialabbau. Auf Grund der schwierigen wirtschaftlichen Lage steht das Sparen an erster Stelle. Daher sind faire Lohnabschlüsse wichtiger denn je, damit der Konsum nicht einbricht. Zugleich mahnt die GPA-djp stets, dass mehr soziale Gerechtigkeit und eine gerechte Gesellschaft mit geringeren Einkommensungleichheiten in jeder Hinsicht besser funktioniert und daher uns allen nutzt.

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