Wir beantworten die wichtigsten Fragen rund um die Verteilung von Einkommen und Vermögen.
Wie sind die Einkommen verteilt?
Die (Markt-)Einkommen der ÖsterreicherInnen sind nicht besonders fair verteilt. Berechnungen des WIFO zeigen, dass die Summe der Einkommen im obersten Fünftel fast so hoch ist wie die Gesamtsumme der Einkommen der anderen vier Fünftel. 48 Prozent der Einkommen wandern in die Taschen der bestverdienenden 20 Prozent. Für die am wenigsten verdienenden 20 Prozent bleiben dagegen nur zwei Prozent. Dieses Ungleichgewicht hat sich seit 1995 deutlich verstärkt. Damals betrug der Anteil der Bestverdienenden noch 44 Prozent.
Was haben Steuern und Sozialleistungen mit der Einkommensverteilung zu tun?
Steuern und Sozialleistung verändern die Verteilung der Einkommen dramatisch. Nach Abzug von Steuern und Abgaben und inklusive Sozialleistungen steigt der Anteil der 20 Prozent mit den niedrigsten Einkommen auf immerhin acht Prozent. Der Anteil der 20 Prozent mit den höchsten Einkommen sinkt dagegen auf 37 Prozent. Ohne Steuern und Sozialleistungen wäre das Einkommen pro Person im obersten Einkommensfünftel 20-mal so hoch wie im untersten Fünftel. Das Resultat dieser Umverteilung durch den Staat ist, dass die verfügbaren Einkommen in Österreich relativ gleichmäßig verteilt sind, das reale verfügbare Einkommen in der Mitte der Gesellschaft relativ hoch ist. Laut EUROSTAT liegt Österreich hier im EU-Vergleich hinter Luxemburg an 2. Stelle.
Umgekehrt bedeutet das, dass Kürzungen von Sozialleistungen zum Anwachsen der Ungleichverteilung in der Gesellschaft führen.
Welche Faktoren spielen bei der Einkommenshöhe eine Rolle?
Die Höhe des Einkommens hängt ganz wesentlich von der Branche ab, in der man beschäftigt ist, aber auch vom Alter, vom Geschlecht und vom Stundenausmaß. Der Energiesektor etwa liegt um 50 Prozent über dem Durchschnittseinkommen, der Tourismus um 46 Prozent darunter. Unter dem Durchschnitt liegen auch der Handel und die Baubranche und „sonstige Dienstleistungen“. Überdurchschnittlich viel verdienen auch Beschäftigte in Industrie und Finanzbranche.
Wie stark sich das Alter auf das Einkommen auswirkt hängt davon ab, ob man als Arbeiter/in, Angestellte/r oder Beamter/Beamtin beschäftigt ist. Während es bei ArbeiterInnen kaum altersbedingte Unterschiede beim Einkommen gibt, verdienen 60-jährige Angestellte und Beamte im Durchschnitt etwa das Doppelte ihrer um 30 Jahre jüngeren KollegInnen. Überdurchschnittlich groß sind in Österreich die Einkommensunterschiede nach Geschlecht: Frauen verdienen in Österreich fast ein Viertel weniger als Männer, laut Eurostat um 22,9 Prozent. Das ist der vorletzte Platz in der EU. Unmittelbar damit in Zusammenhang steht der Einkommensunterschied zwischen Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigten. Um 24,2 Prozent verdienen Teilzeitbeschäftigte pro Stunde weniger als Vollzeitbeschäftigte.
Wie kommt es zu den wachsenden Ungleichheiten bei den Einkommen?
In den letzten 20 Jahren sind die Einkommen in den oberen Einkommensgruppen deutlich stärker gewachsen als die in den unteren, gleichzeitig ist der Niedriglohnbereich größer geworden. (Als Niedriglohnschwelle gelten zwei Drittel des Durchschnittseinkommens.) Das liegt nicht zuletzt daran, dass es immer mehr Teilzeitbeschäftigte und geringfügig Beschäftigte gibt, außerdem immer mehr Leiharbeitskräfte. Je größer der schlechter bezahlte Dienstleistungsbereich wird, umso größer wird auch der Niedriglohnbereich. Auch die hohe Arbeitslosigkeit spielt eine Rolle, denn für viele Menschen bedeutet die Wiederbeschäftigung, dass sie mit geringeren Löhnen vorliebnehmen müssen.
Wie sind Vermögen verteilt?
Private Vermögen sind viel ungleicher verteilt als Einkommen. Laut aktuellen Schätzungen der Kepler Universität Linz sind die Vermögen in Österreich sogar noch wesentlich ungleicher verteilt als angenommen: Das reichste Prozent besitzt in Österreich rund 40,5 Prozent des gesamten privaten Vermögens. (Bisher war man von 25 Prozent ausgegangen.) Weitere 15,7 Prozent des gesamten privaten Vermögens in Österreich besitzen die folgenden zwei bis fünf Prozent. Das heißt, die reichsten fünf Prozent halten gemeinsam 56 Prozent des Vermögens. Die „unteren“ 90 Prozent besitzen zusammen nur etwa 34,2 Prozent des Vermögens. Die ärmere Hälfte der Bevölkerung besitzt überhaupt nur 2,5 Prozent des Vermögens.
Wie hoch sind die Vermögen in Österreich?
In absoluten Zahlen heißt das, dass das reichste Prozent der Bevölkerung ein Nettovermögen von durchschnittlich 14 Millionen Euro pro Haushalt besitzt. Insgesamt sind das 534 Milliarden Euro. Wie krass die Ungleichverteilung ist, wird deutlich, wenn man sich im Vergleich dazu die reichsten zwei bis fünf Prozent ansieht: Diese besitzen im Schnitt nur noch ein Zehntel davon.
Insgesamt besitzen privaten Haushalte in Österreich 1.317 Milliarden Euro an Vermögen. Das gesamte Vermögen der Republik Österreich beträgt im Vergleich dazu 396 Milliarden.
Welche Rolle spielt das Geschlecht bei der Vermögensverteilung?
Männer sind in Österreich wesentlich vermögender als Frauen. Eine Studie des Forschungsinstituts Economics of Inequality der WU Wien zeigt, dass Männer um 23 Prozent mehr Nettovermögen besitzen als Frauen. Dieser Gender Wealth Gap, also die Vermögenslücke zwischen Männern und Frauen, beruht vor allem auf einer massiven Ungleichverteilung innerhalb der reichsten Haushalte.
Wie wird man reich?
Die größten Reichtümer werden nicht erarbeitet, sondern geerbt. Nur 35,7 Prozent der österreichischen Haushalte haben überhaupt schon einmal geerbt. Analysiert man, wie die Vermögensungleichheit zustande kommt, wird deutlich, dass die Ungleichheit zu fast 40 Prozent durch Erbschaften und Schenkungen erklärt werden kann. Einkommensunterschiede spielen dagegen nur zu 20 Prozent eine Rolle.