Neues Berufsausbildungsgesetz für Lehrlinge

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Die Regierung hat im letzten Ministerrat ihre Pläne für die Zukunft der dualen Berufsausbildung vorgestellt. Hinter schönen Worten verbergen sich eine Reihe von Verschlechterungen.

Im letzten Ministerrat hat Ministerin Schramböck ihre Vorstellungen für die Zukunft der Lehrlingsausbildung in Österreich vorgestellt. Die Lehre soll modernisiert und attraktiviert werden, meint die Ministerin. Wir haben uns genauer angesehen, was die Pläne der Regierung für die Zukunft der dualen Berufsausbildung in Österreich bedeuten.

Neue Überschriften und neue Inhalte alle 5 Jahre

Begriffe wie „Lehrlingsentschädigung“ sollen entstaubt werden, die Ministerin möchte in Zukunft nur mehr vom „Lehrlingseinkommen“ sprechen, „Beschäftigung“ soll „Verwendung“ ersetzen und diese Umbenennungen den „Stellenwert“ der Lehre repräsentieren. Die duale Ausbildung in Betrieb und Berufsschule, muss natürlich immer wieder den wirtschaftlichen Gegebenheiten angepasst werden, es gibt aber auch Berufsgruppen, deren beruflicher Alltag vielfach noch so abläuft wie vor 50 Jahren. Der Vorschlag des Ministeriums sieht vor, dass alle Berufsbilder im 5 Jahrestakt analysiert und gegebenenfalls verändert werden sollen.

Teilzeitlehre

Eine Lehre dauert in Österreich zwischen 3 und 4 Jahren, abhängig vom Lehrberuf. Pro Woche muss der Lehrling sowohl im Betrieb als auch in der Berufsschule im Ausmaß der kollektivvertraglichen Normalarbeitszeit anwesend sein. In bestimmten Fällen, zum Beispiel für Menschen mit Behinderungen, kann die Dauer der Lehre ausgedehnt werden. Die Regierung möchte nun die Möglichkeit schaffen, dass Personen mit Betreuungsaufgaben (Kinder bis zum Eintritt in die Schule, Pflegende Angehörige im selben Haushalt) ihre Lehrzeit um bis zu 2 Jahre ausdehnen können und auch die wöchentlichen Stunden reduzieren können.

Das klingt im ersten Moment sympathisch doch der Teufel steckt im Detail: Erstens bedeutet eine Teilzeitlehre auch ein Teilzeiteinkommen; im Handel würde ein Teilzeitlehrling etwa 325 Euro pro Monat verdienen. Zweitens, die Lehre zählt in vielen Kollektivverträgen nicht als Berufsjahre, besonders Frauen könnten so um einige Lohnerhöhungen umfallen, wenn die Lehrzeiten ausgedehnt wird. Die öffentliche Hand stiehlt sich dabei aus der Verantwortung für die Kinderbetreuung, ebenso wie für zu pflegende Menschen. Dazu kommt, dass die Lehre eine Ausbildung ist: Kommt als nächstes das Teilzeitgymnasium, damit sich die Schüler um die kranke Oma kümmern können?

Die überbetriebliche Lehrausbildung

Angesichts sinkender Lehrstellenplätze, wurde vor über 10 Jahren die überbetriebliche Ausbildung als Provisorium eingeführt um jungen Menschen auch in dieser Situation eine berufliche Ausbildung zu ermöglichen. Besonders die nicht ganz „arbeitsmarktfitten“ Jugendlichen sollten gezielt unterstützt werden, um ihnen einen geregelten Einstieg ins Erwerbsleben zu ermöglichen. Nach Plänen der Ministerin Schramböck soll nun verstärkt daran gearbeitet werden, die Lehrlinge mit einem betrieblichen Lehrplatz zu versorgen. Dies kann positiv wie auch negativ gesehen werden. Einerseits ist eine betriebliche Ausbildung fast immer die beste Möglichkeit für die Jugendlichen. Andererseits kann es sich negativ auswirken, dass versucht wird, Lehrlinge in Berufe zu drängen, in denen es zwar freie Lehrstellen gibt (z.B. Tourismus/Hotellerie), in denen aber angesichts schlechter Arbeitsbedingungen keine Perspektiven gesehen werden. Lehrlinge die nach gescheiterter Vermittlung in einer überbetrieblichen Lehrwerkstätte landen, sollen durch praxisorientierte Praktika beim Finden einer betrieblichen Lehrstelle unterstützt werden.

Eine Ehrenrunde drehen?

Einige Abschlüsse von berufsbildenden Schulen sind der Lehre gleichgestellt. Die SchülerInnen müssen daher im Rahmen ihrer Schulausbildung Praktika absolvieren, damit sie auch die betriebliche Praxis kennen lernen. Die Gleichwertigkeit dieser Schulen zur Lehrausbildung soll nun nach Meinung des Ministeriums abgeschwächt werden. Das bedeutet, dass Anrechnungen um bis zu ein Jahr reduziert werden können. Lehrbetriebe können nun auch junge Menschen zusätzlich für ein Jahr als Lehrlinge ausbilden, die bereits eine berufsbezogene Ausbildung wie eine Handelsschule oder HAK absolviert haben. 

Bedeutet in der Praxis: Derzeit ersetzt die positive Absolvierung der HAK-Matura vollständig den dreijährigen Lehrberuf des Bürokaufmanns bzw. der Bürokaufmann ersetzt ein bis zwei Lehrjahre von anderen Lehrberufen. (Bankkaufmann: zwei  Jahre, Hotelkaufkaufmann: zwei Jahre, Buch und Medienwirtschafter: zwei Jahre, Reisebüroassistenz: ein Jahr). Zukünftig könnte ein HAK-Absolvent, der in einer Buchhandlung zu arbeiten beginnt, bis zu zwei Jahre – statt wie bisher nur ein Jahr – als Buch und Medienwirtschafter in die Lehre gehen. Das klingt im ersten Moment sympathisch, doch der Teufel steckt im Detail: Die BerufseinsteigerInnen bekommen für zwei Jahre – statt wie bisher nur für ein Jahr – die nierigere Lehrlingsentschädigung.  Damit fallen sie im Vergleich zu BerufseinsteigerInnen, die mit einem normalen Gehalt einsteigen, in 10 Arbeitsjahren um mehr als 10.000 Euro um.

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