Berufseinstieg: erfolgreich durchstarten

Der erste Kontakt mit der Arbeitswelt ist ein entscheidender Moment, in dem junge Menschen die Weichen für ihre berufliche Zukunft stellen. Ob Lehrlinge, Praktikant:innen oder Berufseinsteiger:innen, die GPA Jugend unterstützt sie auf diesem Weg und setzt sich für bessere Arbeitsbedingungen und faire Bezahlung ein.

In vielen Branchen fehlen Fachkräfte. Dennoch machen junge Menschen beim Berufseinstieg oft schlechte Erfahrungen: So mancher Lehrling, Praktikant:in oder Berufseinsteiger:in ist enttäuscht von der Qualität der Ausbildung, unzufrieden mit niedriger Entlohnung oder zu langen Arbeitszeiten und fühlt sich frustriert über fehlende Wertschätzung. „Viele Arbeitgeber:innen nutzen die Unerfahrenheit junger Berufseinsteiger:innen aus, um billige Arbeitskräfte zu rekrutieren“, erklärt Isabella Höferer, Leiterin der Bundesjugendabteilung in der Gewerkschaft GPA. „Die ersten Berufserfahrungen prägen sich tief ein“, betont Höferer. „Wer zu viele negative Erfahrungen sammelt, wechselt den Beruf oder die Branche. Unternehmen sollten sich bewusst sein: Wer junge Berufseinsteiger vergrault, der darf später nicht über Fachkräftemangel klagen!“

Information und Beratung

Um sich von Anfang an besser über Berufsbilder und Branchen informieren zu können, wurden in den letzten Jahren zahlreiche Initiativen ins Leben gerufen. Von der ‚Best‘, der Messe für Beruf, Studium und Weiterbildung, über den ‚Girls Day‘, der Mädchen und junge Frauen für technische und naturwissenschaftliche Berufe motivieren soll, bis hin zu Tagen der offenen Tür in Betrieben – die Möglichkeiten sind vielfältig. Höferer legt allen ans Herz, diese Informations- und Beratungsmöglichkeiten in Anspruch zu nehmen. Denn trotz des breiten Spektrums an Lehrberufen entscheiden sich viele Jugendliche immer noch für eine Handvoll gängiger Berufe wie Einzelhandelskauffrau oder Kraftfahrzeugtechniker. Besonders für Frauen kann die Wahl eines typischen „Frauenberufs“ allerdings zu einem lebenslang niedrigeren Einkommen führen. „Friseurinnen verdienen nun mal weniger als Metalltechnikerinnen, und das leider schon während der Lehre“, sagt Höferer. Sie empfiehlt daher, unbedingt den Kollektivvertrag für den Wunschberuf vorher einzusehen.

Jugendvertrauensrat
Für Lehrlinge und jugendliche Arbeitnehmer:innen sind Jugendvertrauensrät:innen – kurz JVR – die Ansprechpartner:innen für alle Fragen zu Arbeit und Ausbildung. So wie der Betriebsrat die Interessen aller Beschäftigten im Betrieb vertritt, ist der JVR speziell für die Anliegen der Lehrlinge bis 23 und der jungen Arbeitnehmer:innen unter 18 da. JVR sind meist selbst mitten in der Ausbildung oder haben diese gerade erst abgeschlossen. Genau darum wissen sie auch, wo der Schuh drückt und können deine Interessen bestens vertreten. Sie kümmern sich darum, dass du gehört wirst und sind deine betriebliche Interessenvertretung mit Biss!
Wende dich an an die GPA-Jugend, wenn du Fragen zu deinen Rechten hast oder wenn du einen JVR gründen willst. 050301/21510 oder jugend@gpa.at

Schlechter eingestuft

In vielen Fällen werden Frauen mit vergleichbarer Qualifikation bei der Einstellung schlechter eingestuft als Männer. Eine im April dieses Jahres vom WIFO präsentierte Studie ergab, dass Frauen mit Hochschulabschluss eineinhalb Jahre nach dem Berufseinstieg im Durchschnitt elf Prozent weniger verdienen als Männer. Bei Frauen mit Pflichtschulabschluss beträgt der Gehaltsunterschied zu den Männern sogar 36 Prozent.

Eine gute Vorbereitung bei der Bewerbung ist das A und O, um solchen Benachteiligungen entgegenzuwirken, erklärt Höferer: „Je besser ich informiert bin, desto besser kann ich bei der Bewerbung verhandeln.“ Höferer rät außerdem, sehr genau nach der Begründung zur Einstufung zu fragen und dort, wo es einen Betriebsrat gibt, mit ihm Kontakt aufzunehmen.

Berufseinstieg: Lehre

Unter dem Titel ‚Schluss mit der Fachkräftevertreibung‘ haben die Gewerkschaftsjugend, der ÖGB und die AK im März dieses Jahres den 5. Lehrlingsmonitor präsentiert. Für die Studie wurden branchenübergreifend 4.700 Lehrlinge im letzten Lehrjahr befragt. Das Fazit lautet: Die Ausbildungsqualität muss sich dringend verbessern! Denn nur zwei von drei Lehrlingen sind mit ihrer Ausbildung zufrieden, ein Viertel plant nach Abschluss nicht in ihrem erlernten Beruf zu bleiben.

„Als Lehrling musste ich morgens oft Kaffee und belegte Brote für Besprechungen vorbereiten, und auch die Einkäufe dafür erledigen“, berichtet Selin (22), die eine Ausbildung zur Versicherungskauffrau absolvierte. „Ich verbrachte viel Zeit am Kopierer und mit Tätigkeiten, wo ich nichts für meinen zukünftigen Beruf lernte.“ Ihr Bruder machte ähnliche Erfahrungen. Er absolvierte eine Lehre als technischer Zeichner in einem kleinen Bauunternehmen. „Jeden Freitagnachmittag musste er das Auto seines Chefs waschen!“ Nach ihrer Lehrabschlussprüfung wechselte Selin schließlich die Firma. Ihr Bruder hatte mehr Glück: In seinem letzten Lehrjahr übernahm der Juniorchef den Betrieb und stellte solche Praktiken ab.
„Solche Berichte hören wir immer wieder“, bestätigt Stefan Orieschnig, der gemeinsam mit Isabella Höferer in der GPA Bundesjugendabteilung als Jugendsekretär tätig ist. „Leider werden viele Lehrlinge für Aufgaben herangezogen, die nichts mit ihrer Ausbildung zu tun haben.“ Dort, wo die Ausbildungsbedingungen am schlechtesten sind, wollen zwei Drittel nicht im Beruf bleiben. Wo hingegen die Ausbildungsbedingungen am besten sind, will nur eine:r von zehn nach der Lehre etwas Neues anfangen. „Viele Firmen haben immer noch nicht verstanden, wie wichtig es ist, gute Fachkräfte auszubilden“, betont Orieschnig, „Dabei kämpfen wir als Gewerkschaft seit Jahren für eine Aufwertung der Lehre. Wir haben für Lehrlinge viele Verbesserungen erreichen können!“

So konnten nach der großen Teuerung bei den KV-Verhandlungen deutliche Erhöhungen der Lehrlingseinkommen durchgesetzt werden, zählt Orieschnig auf. Er verweist auf Erfolge beim Modell ‚Lehre mit Matura‘: Hier konnten in etlichen Kollektivverträgen die Rahmenbedingungen verbessert werden, wie z.B. durch Freistellungsansprüche. Ein weiterer großer Erfolg ist, dass Lehrlinge nicht mehr für das Internat während des Berufsschulbesuchs bezahlen müssen. Eine umfangreiche Kampagne der Gewerkschaftsjugend hat diese finanzielle Belastung beendet.

Berufseinstieg: Praktika

Praktikant:innen, die eigentlich ein Ausbildungspraktikum absolvieren (siehe Kasten), müssen in vielen Fällen eigenständig und ohne Aufsicht arbeiten, obwohl sie das als Auszubildende noch gar nicht dürften. Der Betrieb plant sie trotzdem als vollwertige Arbeitskraft ein – und das oft ganz ohne Bezahlung. Sowohl Schüler:innen in berufsbildenden Schulen, als auch Studierende an Fachhochschulen sind betroffen

„Ich musste Praktika ableisten, ohne dafür ein Entgelt zu erhalten. Trotzdem musste ich zugleich meinen Lebensunterhalt bestreiten“, erzählt Christina (24), die vor zwei Jahren ihr Bachelorstudium ‚Soziale Arbeit‘ erfolgreich absolvierte. Ihre Eltern konnten sie dabei nicht ausreichend finanziell unterstützen. „Ich habe am Wochenende in einer Pizzeria gearbeitet. Eine 40-Stunden-Arbeitswoche beim Praktikum und dann noch jobben am Wochenende, da musst du wirklich voll motiviert sein, sonst gibst du auf“, erinnert sich Christina an ihre Studienzeit. Unbezahlte Praktika sind daher auch diskriminierend, denn: „Manche haben Eltern, die das finanzieren können – andere nicht. Der Berufswunsch darf nicht vom Einkommen der Eltern abhängen!“, findet Bundesjugendsekretärin Höferer.

Ferialjob, Praktikum und co.
Für Schüler:innen und Studierende sind Praktika und Sommerjobs meist der Einstieg in die Arbeitswelt. Pflichtpraktika sind Teil der Ausbildung, mit dem Ziel, diese zu ergänzen bzw. Wissen zu erwerben. Daher ist die Entlohnung oft niedrig oder entfällt ganz. Man spricht bei unbezahlten Praktika manchmal auch von einem „Volontariat“. Viele Praktika sowie Sommer- und Ferialjobs sind jedoch reguläre Arbeitsverhältnisse. Sie müssen daher dem Kollektivvertrag entsprechend entlohnt werden! Du hast auch Anspruch auf anteiliges Urlaubsgeld und andere im KV verankerte Vorteile. Wenn du den Eindruck hast, dass dich dein Arbeitgeber übervorteilt: Wende dich an deine Gewerkschaft GPA, wir beraten dich gerne!

Idealerweise hat also jede:r schon Erfahrungen im Betrieb gesammelt, ehe sie/er den ersten „richtigen“ Job annimmt. Die Ausbildung, ob Lehre, Schule oder Studium, ist abgeschlossen, und nun gilt es, eine Stelle zu finden, die den eigenen Wünschen entspricht, aber zugleich auch die Miete bezahlt. „Während Lehre und Praktika bzw. Ferialjobs haben die meisten von uns gelernt, worauf sie achten müssen, ehe sie einen Arbeitsvertrag unterschreiben“, meint Stefan Orieschnig. „Alle, die noch unsicher sind, laden wir ein, zu uns zur Beratung zu kommen!“

Gerade junge Arbeitnehmer:innen legen verstärkt Wert auf ihre Work-Life-Balance, also das Verhältnis von Arbeitszeit und Freizeit. Betriebe, die eine Vier-Tage-Woche bei gleichem Gehalt anbieten, erhalten jede Menge Bewerbungen. „Wir wissen aus Umfragen aber auch, dass junge Menschen Sicherheit wollen“, berichtet Höferer. „Das bedeutet einen stabilen Arbeitgeber und ein regelmäßiges Einkommen.“ Auch leistbarer Wohnraum steht ganz oben auf der Liste.

„Die Teuerung hat ihre Spuren hinterlassen. Junge Berufseinsteiger:innen sagen: Arbeiten um zu leben – nicht um zu überleben“, fasst Höferer zusammen. Als Gewerkschafterin rät sie: „Informiert euch über euren Kollektivvertrag, am besten noch vor der Bewerbung. Fragt nach, ob der Betrieb einen Betriebsrat oder einen Jugendvertrauensrat hat und kontaktiert ihn. Und seid selbstbewusst! Ihr sucht einen Job – doch das Unternehmen sucht auch qualifizierte Fachkräfte.“

Auf Jobsuche

Vom Bewerbungsschreiben bis zum ersten Arbeitstag, dieser Weg will gut geplant sein. Einige Tipps für eine erfolgreiche Bewerbung in 3 Schritten:

  • Mach dich fit für den Bewerbungsprozess. Hilfe findest du z.B. im Bewerbungsportal des AMS, mit Checklisten, Leitfäden, Musterbewerbungen usw.
  • Du brauchst aussagekräftige Bewerbungsunterlagen! In deinem Motivationsschreiben solltest du auf die Firma und die Jobanforderungen eingehen. Ist dein Lebenslauf auf dem letzten Stand? Nicht vergessen: Zeugnisse, Diplome, Referenzen
  • Du bist zu einem Bewerbungsgespräch eingeladen? Bereite dich gut vor! Wenn du weißt, was du willst und was du kannst, hast du bessere Chancen. Einen Leitfaden findest du hier.
  • Bonustipp: Präzise Gehaltsvorstellungen sind auch für Berufseinsteiger:innen wichtig. Das Mindestgehalt findest du im Kollektivvertrag für deine Branche. Wenn du mehr verdienen willst, überleg dir gute Argumente. Oft gibt es auch Prämien oder Zulagen – frag deinen Betriebsrat!
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