Deutsche Gewerkschaft ver.di kämpft für Beschäftigte in Warenhauskette

Foto: Richard Huber

Zahlreiche Standorte und tausende Arbeitsplätze sind in Gefahr.

Nach der vollständigen Übernahme von Karstadt Galeria Kaufhof durch das österreichische Immobilienunternehmen Signa Holding GmbH ist die Zukunft des Warenhauses weiterhin ungeklärt. Die für den Einzelhandel in Deutschland zuständige Gewerkschaft ver.di fordert daher zurecht ein tragfähiges Zukunftskonzept für die tausenden Beschäftigten des Unternehmens.

Zusammenschluss und Übernahme von Karstadt und Galeria Kaufhof

Bereits im November 2018 hatten die beiden Eigentümer, die österreichische Signa Holding GmbH und der kanadische Warenhauskonzern HBC, den Zusammenschluss der Einzelhandelsaktivitäten von Galeria Kaufhof und der Karstadt Warenhaus GmbH vollzogen. Dadurch entstand ein Warenhauskonzern mit ca. 32.000 MitarbeiterInnen, 243 Innenstadt-Standorten und einem Gesamtumsatz von rund 5 Milliarden Euro.

Signa-Holding hat den Kaufhausriesen Galeria Karstadt Kaufhof nun durch den Erwerb der restlichen 50 Prozent der Anteile zur Gänze von HBC übernommen. Zum Kaufpreis von einer Milliarde Euro.

Der österreichische Immobilienunternehmer Rene Benko, Gründer der Signa Holding GmbH, hat dadurch ein Großunternehmen zu einem vergleichsweise günstigen Marktwert erworben. Der Verdacht, dass Signa die Veräußerung des wertvollen Fillialnetzes, das sich über sämtliche deutsche Innenstädte erstreckt, anstreben könnte und weniger an der Sicherung der damit verbundenen Arbeitsplätze interessiert ist, bleibt bestehen.

Missmanagement durch Geschäftsführung

Die Galeria Kaufhof Gruppe war bis zum Verkauf an den kanadischen Warenhauskonzern HBC ein erfolgreiches Unternehmen. Erst nach der Übernahme begann jene Misswirtschaft, die sich vor allem durch ein gänzlich umgestelltes Warenhauskonzept und durch interne Mietpreiserhöhungen, durch die Geld aus dem Unternehmen geschleust wurde, ausdrückt.

Karstadt hingegen schrieb, vor allem wegen einer verfehlten Sortimentspolitik, bereits seit mehreren Jahren rote Zahlen.

Geschäftsführung saniert auf Rücken der Beschäftigten

Der Chef von Galeria Karstadt Kaufhof, Stephan Fanderl, hat vor der Fusionierung bei Galeria Kaufhof bereits massive Einsparungen auf dem Rücken der Beschäftigten angekündigt. Rund 2600 Vollzeitstellen sollen dort gestrichen werden, der Ausstieg aus der Tarifbindung wurde ebenfalls in Aussicht gestellt. In den Kaufhof-Warenhäusern gibt es zahlreiche Teilzeitkräfte, was die Gesamtzahl der bedrohten Arbeitsplätze weiter steigen lassen dürfte. Geschäftsführer Fanderl hat übrigens auch verlautbart, diese Einsparungen auf Kosten der Beschäftigten nach der Fusion mit Karstadt fortsetzen zu wollen.

Gewerkschaft ver.di fordert Zukunftskonzept

Die für den deutschen Einzelhandel zuständige Gewerkschaft ver.di fordert von der Geschäftsführung und den neuen Eigentümern nun ein tragfähiges Zukunftskonzept für den Warenhausriesen mit Perspektiven für die Beschäftigten. Die bereits gescheiterten Modelle der Geschäftsführung zur Sanierung dürfen keinesfalls nun auch noch auf die gesamte Gruppe übertragen werden. In einigen Filialen wurden mittlerweile bereits Paketabholstationen für Amazon eingerichtet. Darüber hinaus fordert ver.di die umgehende Rückkehr in die Tarifbindung.

Die Deutsche Dienstleistungsgewerkschaft ver.di fordert ein tragfähiges Konzept für die Beschäftigten.
Foto: Ver.di

Signa Holding – Österreichs größtes privates Immobilienunternehmen

Die Signa Holding GmbH verfolgt Aktivitäten im Immobilien-, Medien- und Handelsbereich und ist mittlerweile in Österreich, Norditalien, Deutschland und den USA tätig. Im Jahr 2018 verzeichnete die Signa Holding einen Jahresgewinn von einer Milliarde Euro. Ihr Gründer-Rene Benko-ist Multimilliardär und zählt mit einem Vermögen von knapp fünf Milliarden Euro zu den reichsten Personen Österreichs. Benko hat sich über ein komplexes Netzwerk seiner beiden Privatstiftungen mehr als 87 Prozent der Anteile an der Signa Holding gesichert.

Das Benko-System: Verurteilt und Verdeckt

Der rasante Aufstieg des Immobilieninvestors Rene Benko wurde 2012 durch eine strafrechtliche Verurteilung des Wiener Landesgerichtes gestoppt. Benko hatte zuvor seinen Steuerberater beauftragt, dem ehemaligen kroatischen Premierminister Ivo Sanader Schmiergeld in der Höhe von 150.000 Euro anzubieten, wenn dieser im Gegenzug seine guten Kontakte nach Italien nütze, um ein dort anhängiges Verfahren gegen Benko zu dessen Gunsten zu beeinflussen. Der Immobilieninvestor und sein Steuerberater wurden daraufhin zu einer bedingten Haftstrafe von einem Jahr verurteilt.

Benko hat immer wieder auf Berichterstattungen über seine Verurteilung in österreichischen Medien mit Unterlassungsaufforderungen reagiert, diese waren teilweise sogar erfolgreich. Der Immobilieninvestor kann es sich schlichtweg leisten, Medien in Grund und Boden zu klagen, wenn diese über strafbare Handlungen aus seiner jüngsten Vergangenheit berichten.

Nach seiner Verurteilung zog sich Benko aus der operativen Führung der Signa Holding zurück und übernahm lediglich den Vorsitz des Beirates der Signa-Gruppe. Von nun an kontrolliert Benko die Aktivitäten seiner Holding über ein Konstrukt an verschiedensten Vertrauenspersonen, die offiziell Funktionen bekleiden und auch die direkte Verantwortung dafür tragen, im Hintergrund zieht jedoch Benko weiterhin die Fäden.

Einstieg bei Kika/Leiner, Kurier und Krone

Die 2017 bereits schwer angeschlagene Kika/Leiner Gruppe musste zu Jahresende eine Luxusimmobilie auf der Wiener Mariahilfer Straße veräußern um eine drohende Insolvenz abzuwenden zu können. In einer Nacht und Nebelaktion erwarb Rene Benko mit tatkräftiger Unterstützung von Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz diese Immobilie um 60 Millionen Euro. Brisant ist dieser Deal deshalb, weil zeitgleich ein weiteres Angebot eines anderen Investors vorlag, das bei mehr als 90 Millionen Euro lag. Der Pfandwert des Gebäudes betrug zu diesem Zeitpunkt 95 Millionen Euro und lag somit deutlich über dem Kaufpreis. Im Juni 2018 kaufte die Signa Holding für 600 Millionen Euro die Möbelkette Kika/Leiner mit 6.500 Mitarbeitern zur Gänze auf.

Im November 2018 stieg Benkos Signa Holding mit 49 Prozent in das Auslandsgeschäft der deutschen Funke-Mediengruppe ein, welche knapp 50 Prozent Beteiligung an Kurier und Krone hält. Die Signa Gruppe von Benko erwarb damit Medienbeteiligungen am Kurier (24,22 Prozent) und an der Krone (24,5 Prozent). Bemerkenswert ist dies deshalb, weil Benko in der Vergangenheit Medien immer wieder verklagt hatte, wenn diese eine ihm nicht zuträgliche Berichterstattung publizierten. So musste der langjährige Kurier-Chefredakteur Helmut Brandstätter das Blatt verlassen, unter anderem aufgrund von Konflikten mit dem Aufsichtsrat.

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