Weiterbildung: DigiSkills für alle

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Betriebe leben von den Kompetenzen und der Motivation der Beschäftigten. Diese sollen digitale Tools als Werkzeuge nutzen können und nicht zum Spielball der Algorithmen werden. Karin Steiner vom abif (analyse. beratung. interdisziplinäre forschung) und Thomas Kreiml von der Bildungsabteilung der Gewerkschaft GPA erklären, wie man digitale Kompetenzen mit dem von ihnen entwickelten Online-Kurs ganz einfach erlernen kann.

KOMPETENZ: Ihr habt einen „Massive Open Online Course“ entwickelt. Was genau kann man sich darunter vorstellen?

Karin Steiner: Fangen wir hinten an: Was wir hier vorhaben anzubieten ist ein Kurs (Course). Massive steht für massiv, also dass hunderte Menschen am Kurs teilnehmen können, vielleicht sogar tausende. Open, also offen zugänglich, ist der Kurs, weil jeder Mensch teilnehmen kann und er kostenlos ist. Online, also „im Netz“, ist der Kurs, weil das Ganze im Internet stattfindet. Also haben wir einen offenen Online-Kurs, bei dem sehr viele Menschen gleichzeitig teilnehmen können. Einen Massive Open Online Course.

Thomas Kreiml: Ein MOOC ist besonders, weil er traditionellen Formen der Wissensvermittlung wie Videos, Lesematerial und Problemstellungen mit Foren, in denen Lehrende und Lernende miteinander kommunizieren können, und Quizzes, anhand derer die Lernenden ihren Wissenserwerb überprüfen können, kombiniert. Generell stellen MOOCs aufgrund ihrer multimedialen Aufbereitung einen niederschwelligen Zugang zu wissenschaftlich fundierten Informationen dar. Ein besonderes Kennzeichen ist auch, dass jede Teilnehmerin und jeder Teilnehmer selbst entscheiden kann, wann er/sie sich mit den Kursinhalten beschäftigen und lernen möchte.

KOMPETENZ: Warum sollten sich Beschäftigte für die digitale Welt fit machen, wie Sie sagen? Ist das nicht polemisch?

Karin Steiner: Wir hören oft diese ganzen Statistiken… Wie viele Menschen etwas nicht können in Österreich und der Welt. Wir wissen natürlich, dass es Verbesserungspotenzial gibt bei den Online-Kompetenzen und wir wollen dazu beitragen, dass die Menschen mit Spaß und Freude ihre Kompetenzen verbessern können.

Thomas Kreiml: Immer wieder ist zu hören, dass ArbeitnehmerInnen dies und das können müssen, und jede Person sollte sich am besten selber immer perfekt weiterbilden für den Arbeitsmarkt. Doch die Angebote, die leicht zugänglich sind, fehlen in aller Regel, insbesondere auch direkt in den Betrieben, wo die Menschen viel Lebenszeit verbringen. Die Umsetzung der Forderung, sich lernend anpassen zu müssen, wird gerne in die Freizeit der Menschen verschoben. Wir als Gewerkschaft wollen daher selbst ein erstes, breit angelegtes digitales Bildungsangebot entwickeln und anbieten, an dem man zumindest kostenlos und zeitlich selbstbestimmt teilnehmen kann. Damit wollen wir nicht nur zusehen, sondern die Beschäftigten und BetriebsrätInnen auch unterstützen. Die ArbeitnehmerInnen dürfen nicht zu Passagieren am top down gesteuerten „Digitalisierungs-Dampfer“ gemacht werden – daran müssten nicht zuletzt auch die Arbeitgeber ein Interesse haben.

Was ist das Besondere am DigiSkills-MOOC?

  • Freier Zugang für alle Interessierten
  • Zeitunabhängige Teilnahme am MOOC
  • Sehr hohen TeilnehmerInnenzahl
  • Teilnahme am MOOC auch nach offiziellem Kursende (ohne TutorInnenbetreuung)
  • Freie Weiterwendung und Weiterentwicklung der Kursmaterialien durch andere Bildungsträger

KOMPETENZ: Was sind die Ziele dieses Bildungsangebots?

Karin Steiner: Wir wissen aus der Forschung, dass von BetriebsrätInnen der Bedarf festgestellt wird, Beschäftigte dabei zu unterstützen, digitale Kompetenzen zu entwickeln, um ihre Beschäftigungsfähigkeit („Employability“) für die Zukunft zu sichern. Das wollen wir unterstützen, indem wir ein kostenloses Qualifizierungsangebot schaffen. Aber wir wollen auch die BetriebsrätInnen für das Thema Bildung im Betrieb gewinnen, insbesondere in Verbindung mit den Anforderungen im Zuge der Digitalisierung ist hier die Sensibilität für das Thema gestiegen.

Thomas Kreiml: Wir wollen die BetriebsrätInnen dazu ermutigen, sich vermehrt auch in Angelegenheiten der Personalentwicklung einzubringen, indem diese aktiv am Weiterbildungsangebot mitarbeiten bzw. dieses mitgestalten. Wir wollen Bewusstsein für die Wichtigkeit von Digital Skills durch entsprechende Werbemaßnahmen in den Betrieben schaffen, und zwar auch unter Beschäftigten, die sonst kaum am PC arbeiten und nur über geringe oder keine digitalen Kompetenzen verfügen. Und nicht zuletzt wollen wir den Beschäftigten selbst ein Angebot machen in Sachen Digital Skills durch den Austausch mit ExpertInnen und anderen Beschäftigten neue Perspektiven zu entwickeln.

KOMPETENZ: Wer sind die Zielgruppen? Wer kann mitmachen?

Karin Steiner: Alle Menschen, die sich für das Thema digitale Kompetenzen interessieren und die eigenen Fähigkeiten weiterentwickeln wollen. Wenn Sie es bis ins AMS-Forschungsnetzwerk oder auf iMooX.at geschafft haben, sind Sie gut gerüstet für den MOOC.

Thomas Kreiml: Unser geplanter, im gewerkschaftlichen Umfeld abgestimmter und angelegter MOOC, stellt einen konkreten Beitrag dar, Zielgruppen außerhalb des schulischen Bildungsbereichs mit einem niederschwelligen Angebot zur Schulung digitaler Kompetenzen zu erreichen. Dies sind zunächst alle berufstätigen Personen, die sich für das Thema und die Inhalte des MOOC interessieren. Die niederschwellig angesetzten erforderlichen Vorkenntnisse sollen vor allem Personen die Teilnahme ermöglichen, die in ihrer Arbeit nur wenig oder sporadisch mit einem PC arbeiten. Das sind tendenziell Personengruppen, die über niedrige formale Qualifikationen verfügen.

KOMPETENZ: Warum bieten Sie diesen Online-Kurs in Form eines MOOCs an? Blöd gefragt, was habe ich als Beschäftigte/r davon?

Karin Steiner: Nach erfolgreicher Absolvierung des MOOC erhalten die TeilnehmerInnen ein Zertifikat der Technischen Universität Graz, das den Erwerb von „Basic Digital Skills“ bestätigt. Wer eine Teilnahmebescheinigung erhalten möchte, muss sich mit dem richtigen Namen auf iMooX anmelden und die kurzen Quizze aller Einheiten erfolgreich (75 Prozent der Fragen der 8 Quizzes) abschließen. Diese lassen sich auch wiederholen und tragen so auch zum Lerneffekt bei.

Thomas Kreiml: Das vorherrschende Qualifizierungsangebot in den Unternehmen beschränkt in aller Regel auf „Schulungen“, die die Menschen auf Systeme schulen und an maschinelle Prozesse anpassen sollen. Die betrieblichen Schulungsangebote, die diese Funktion erfüllen sollen, gehen aber an den vielfach von Arbeitgebern geforderten Kompetenzen wie Prozessverständnis, Problemlösungskompetenz, Innovationsfähigkeit und Selbstlernkompetenzen, die effizientes und effektives eigenverantwortliches Handeln ermöglichen, vorbei. Und sie gehen vielfach auch an den informellen Kompetenzen, die die Menschen in den Arbeitsprozess mitbringen vorbei. Den umfassenden Auswirkungen von Digitalisierungsprozessen auf betriebliche Abläufe und Strukturen entsprechend, ist hoher Bedarf an breiteren bzw. umfassenderen Aus- und Weiterbildungen gegeben, durch die Wissen, Kompetenzen und Resilienz der ArbeiternehmerInnen ganzheitlich gefördert werden.

Trailer zu DigiSkills für alle – Machen Sie sich fit für die digitale Welt

KOMPETENZ: Wie wird gelernt?

Thomas Kreiml: In diesem Kurs werden die Beschäftigten neue digitale Kompetenzen spielerisch und im Tun erlernen bzw. vorhandene digitale Kompetenzen weiterentwickeln. Durch die Weiterentwicklung Ihrer Fähigkeiten können die Beschäftigten selbstbewusst in Ihrem Unternehmen und am Arbeitsmarkt auftreten.

Karin Steiner: Ich denke, der Kurs ist sehr leicht zugänglich und für selbstständige Lernen gut geeignet. In diesem Kurs müssen die TeilnehmerInnen nichts theoretisch oder auswendig lernen. Sie lernen durch die aktive Teilnahme und bekommen so ein digitales Grundverständnis: Durch Videos, Quizze, Selbststudium sowie den Austausch mit anderen TeilnehmerInnen im Onlinekurs und in den optionalen begleitenden Treffen – einerseits coronabedingt online via Videokonferenz andererseits perfekt zum Thema passend. Jedes der acht Module besteht aus einem einführenden Video, ergänzenden Arbeitsmaterialien, einer Aufgabenstellung dazu und einem kleinen Test zur (Selbst-)Überprüfung. Zusätzlich gibt es ein Forum zur Diskussion über die Kursthemen.

KOMPETENZ: Welche Inhalte werden in dem 8-wöchigen MOOC abgedeckt und wie wurden sie festgelegt?

Thomas Kreiml: Wir haben großen Wert darauf gelegt, dass die Kursinhalte Theorie und Praxis miteinander verbinden. Wir haben insgesamt vier Workshops mit BetriebsrätInnen aus verschiedenen Branchen gemacht und geschaut, welche Fragen und Themen in den Betrieben diskutiert werden, welche Herausforderungen anstehen und die Leute interessieren, wo die BetriebsrätInnen Unterstützung- und Weiterbildungsbedarf sehen.

Karin Steiner: Genau und wir haben das dann mit dem aktuellsten Stand der Forschung verknüpft. Die Inhalte des Online-Kurses orientieren sich damit an den Erfahrungen und Bedürfnissen in den Betrieben. Durch die Beteiligung der BetriebsrätInnen stellen wir sicher, dass die in den Belegschaften vorhandenen Perspektiven und Interessen so gut wie möglich miteinbezogen werden. Allerdings spannt der festgestellte Bedarf einen weiten Bogen von grundlegendem Know How bis hin zu Spezialwissen auf. Bei der Gestaltung der Kursinhalte sind wir natürlich auch zur Auswahl gezwungen und können nicht überall in die Tiefe gehen, aber da wird interessant werden, wie sich die Diskussionen entwickeln und was die TeilnehmerInnen dann noch einbringen werden.

Thomas Kreiml: Wir haben das österreichische Kompetenzmodell als Vorlage genommen und die 25 Kompetenzen mit den Inhalten aus der Praxis gefüllt (siehe Infobox).

Überblick über Module

  • Modul 1 beschäftigt sich mit den Grundlagen von digitalen Kompetenzen, wie zum Beispiel digitale Geräte zu bedienen, Formen des Zugangs zu digitalen Inhalten nutzen und bereitstellen zu können. Es geht um die Basics.
  • Modul 2 und 3 zeigen den Umgang mit Informationen und Daten auf. Wie recherchiere, suche und filtere ich diese, wie kann ich diese kritisch bewerten und interpretieren sowie verwalten?
  • Modul 4 und 5 decken die Themen Digitale Kommunikation und Zusammenarbeit ab, d.h. mithilfe digitaler Technologien kommunizieren, Daten und Informationen teilen, digitale Technologien für die gesellschaftliche und berufliche Teilhabe verwenden.
  • Modul 6 beschäftigt sich mit der Erstellung digitaler Inhalte, d.h. digitale Inhalte entwickeln, integrieren und neu erarbeiten, Werknutzungsrecht und Lizenzen kennen, sowie Abläufe automatisieren.
  • Modul 7 widmet sich dem Thema Sicherheit, wie kann ich meine Geräte schützen, personenbezogene Daten und Privatsphäre schützen? Wie kann ich mich vor Betrug und Überwachung schützen?
  • Modul 8 trägt zum Problemlösen und Weiterlernen bei. Es geht darum, technische Probleme selbst zu lösen, kreativ mit digitalen Technologien umzugehen und digitale Kompetenzlücken zu erkennen.

KOMPETENZ: Wie lange dauert die Weiterbildung und wie viel Zeit dafür brauche ich?

Karin Steiner: Der MOOC dauert insgesamt 8 Wochen und jede Woche kommt ein neuer Themenbereich dran. Für jeden dieser Themenbereiche – wir nennen sie Module – berechnen wir einen Zeitaufwand von etwa 2 Stunden pro Woche ein. Der erste Durchlauf startet im März 2021 und dauert dann 8 Wochen bis April 2021. Die Teilnahme kann also in oder neben dem Job erfolgen – je nachdem wie es die Weiterbildung in den Unternehmen zulässt.

Thomas Kreiml: Als Bonus gibt es noch freiwillige Begleitgruppen. Wir haben drei Termine für den Austausch mit den TeilnehmerInnen in Form von Online-Workshops geplant. Das ist ein ergänzendes Angebot, das optional angenommen werden kann.

KOMPETENZ: Wer erstellt dieses Angebot?

Karin Steiner: Der MOOC ist ein Kooperationsprojekt von abif (Projektleitung), TU Graz und Gewerkschaft GPA. Ganz herzlich möchten wir uns auch bei der Arbeiterkammer bedanken, denn das Projekt wird aus Mitteln des AK Digitalisierungsfonds Arbeit 4.0 finanziert.

KOMPETENZ: Könnt ihr mir noch abschließend sagen, warum der MOOC unter einer sogenannten Creative Common Lizenz veröffentlicht wird? Was heißt das genau und warum macht ihr das?

Karin Steiner: Konkret sieht das so aus, dass alle Kursmaterialien unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz zur Verfügung gestellt werden. Das ist eine Art der Lizenzierung, die eben nicht auf privates Urheberrecht und die eingeschränkte Nutzung abzielt, sondern darauf, dass die Materialen kostenlos weiterverwendet und sogar verändert werden können. Das erlaubt eine freie Nutzung und auch die Veränderung und Wiederveröffentlichung aller Bestandteile der Videos, Arbeitsmaterialien, Übungen und Testfragen (soweit es sich nicht um externe, d.h. verlinkte Materialien handelt, dann gelten die jeweiligen Bedingungen).

Thomas Kreiml: Wir wollen, dass alle interessierten Menschen und Einrichtungen den MOOC weiterhin nutzen bzw. damit Kurse anbieten können.

Anmeldung zum Kurs

Der Kurs beginnt am 01.03.2020 und dauert 8 Wochen. Bei der Teilnahme ist mit einem Arbeitsaufwand von
etwa 2 Stunden pro Woche zu rechnen.

Hier kannst du dich anmelden: https://imoox.at/course/DISKA

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