Sparkassen setzen heute auf Qualifizierung für morgen

Für die rund 15.000 Beschäftigten der Erste Bank und der Sparkassen in Österreich trat nun ein neuer Bildungs-Kollektivvertrag in Kraft.  Ein wichtiges Ziel des KV ist, die Employability, also die Beschäftigungsmöglichkeit von Mitarbeiterinnen auch in einer sich ständig wandelnden Branche durch zukunftsorientierte Qualifizierungsmaßnahmen zu erhöhen.

Wie auch der neue „Kollektivvertrag Sparkassen Bildung“ wurde auch dieser Artikel ausschließlich in der weiblichen Form verfasst.

Der „Kollektivvertrag Sparkassen-Bildung“ könnte auch anderen Branchen als best practice Beispiel dienen:

Dem neuen Bildungs-KV wurde das Modell einer Pyramide zu Grunde gelegt. Da gibt es zunächst die Basisinformationen, die allen neuen Mitarbeiterinnen zur Verfügung gestellt und geläufig sein müssen. Dabei handelt es sich zum Beispiel um die Strategie des Unternehmens, um Sicherheitsfragen, um Compliance, Markpositionierung oder Datenschutzfragen. Auf der zweiten Stufe finden sich Lerninhalte, die den Beschäftigten helfen, ihre aktuellen Aufgaben gut erfüllen zu können. Dabei wird eine Kundenberaterin andere Impulse brauchen als eine Mitarbeiterin in der Wertpapierabwicklung. Die dritte Stufe der Pyramide ist schließlich in die Zukunft gerichtet:

  • Welche Aufgaben und Arbeitsweisen werden künftig gebraucht?
  • Wo kann und möchte sich die Mitarbeiterin hin entwickeln?
  • Was könnte ihr helfen, um sich auf ein neues Tätigkeitsfeld vorzubereiten?

Christian Trixner, Betriebsratsvorsitzender der Sparkasse Oberösterreich und Vorsitzender Bundesausschuss Sparkassen, betont, dass es hier eben auch um die Themen individuelle Karriereentwicklung und berufliche Zukunft geht. Chancengleichheit im Bildungs-KV bedeutet nicht nur gleichen Zugang zu Fortbildungsmöglichkeiten für Männer und Frauen. Es bedeutet auch, dass sowohl Vollzeit- als auch Teilzeitbeschäftigte ein vollumfänglicher Zugang zu Weiterbildungsangeboten, unabhängig von ihrer Rolle und Funktion garantiert wird.

Lebenslanges Lernen

Aus- und Weiterbildung trägt nicht nur dem Wandel des Bankenbereichs, sondern auch der Bedeutung des lebenslangen Lernens Rechnung. Sie findet heute nicht mehr nur in Seminarräumen und in mehrtägigen Fortbildungskursen statt. Zu 70 Prozent werden neues Wissen und neue Skills direkt am Arbeitsplatz, oft in Form von Training on the Job erlernt, schildert Ilse Fetik, Betriebsratsvorsitzende der Erste Bank. Nur mehr 30 Prozent der Weiterbildung erfolgen in Seminaren, davon wiederum nur ein Teil in Form von Präsenzunterricht, der andere Teil über webbasiertes Training. Gerade jetzt in Corona-Zeiten hat sich eine Kombination unterschiedlicher Lehr- und Lernmethoden bewährt.

Im Sinn des lebenslangen Lernens wird der Bereich Bildung zudem viel weiter gefasst: ich bilde mich auch weiter, wenn ich unter Anleitung einer Kollegin eine neue Funktion des EDV-Systems ausprobiere, gibt Fetik ein Beispiel, „oder wenn ich mich in die neuen Compliance-Vorgaben des Unternehmens einlese“. 

Die Jobs, die von den rund 15.000 Beschäftigten der Branche ausgeübt werden, entsprechen laut Helga Hons von der GPA rund 12.000 Vollzeitäquivalenten. Damit gibt es viele Teilzeitbeschäftigte. Der KV trägt in seinen Formulierungen den   mehrheitlich weiblichen Beschäftigten im Sparkassensektor auch sprachlich Rechnung: „Für personenbezogene Bezeichnungen wird insbesondere als Zeichen des hohen Stellenwertes von Gender-Diversität in der Sparkassengruppe einheitlich die weibliche Form gewählt; diese gilt im Sinne des Gleichbehandlungsgesetzes naturgemäß für alle Angestellten unabhängig von ihrem Geschlecht.“

Trixner unterstreicht, dass in dem KV bezüglich Aus- und Weiterbildung die gleichwertigen wichtigen Rollen sowie das Zusammenspiel von Mitarbeiterinnen, Führungskräfte und des Unternehmens festgeschrieben wurden. Aus- und Weiterbildung wird zudem in Einvernehmen zwischen Mitarbeiterin und Führungsebene geplant und in Anspruch genommen. Das gilt im Besonderen für jene Bildungsangebote, die in die Zukunft gerichtet sind und auf neue Aufgaben vorbereiten, also eine Neuorientierung im Unternehmen bedeuten.

Wandel im Bankenbereich

Doch auch diese sind wichtig, um zur Employability beizutragen. Gerade die Bankenbranche unterlag bereits in den Jahren vor der Coronakrise einem großen Wandel und starker Digitalisierung. Aufgaben, die früher von Mitarbeiterinnen ausgeführt wurden, machen die Kundinnen heute via E-Banking oder im Selbstbedienungsfoyer der Bank selbst, sagt Fetik. Gleichzeitig entstehen neue Aufgabenfelder. Trixner ist überzeugt, dass dieser Wandel längst nicht abgeschlossen ist, sondern sich fortsetzen wird. Nur durch Weiterbildung werden Arbeitnehmerinnen also ihre Jobs auch sichern können. Darüber seien sich die Arbeitgeberinnen- und Arbeitnehmerinnenseite einig und wüssten daher auch um die Wichtigkeit dieses Bildungs-KV.

David Gezzele, Arbeitgeberverhandler und Leiter Learning and Development der Erste Bank Österreich, bestätigt: „Gemeinsam ist es uns gelungen – abseits unterschiedlicher Standpunkte und Sichtweisen – ein für uns alle richtungsweisendes Bekenntnis zum Thema zukunftsorientierte Aus- und Weiterbildung zu verfassen. Es unterstreicht einmal mehr wofür wir in der Sparkassengruppe stehen. Dass wir u.a. den Mut haben voran zu gehen und unsere Werte und Bekenntnisse auch verbindlich verschriftlichen. Wie in diesem Bildungs-KV.“

Hons unterstreicht ebenfalls, dass dieser Kollektivvertrag „ein sehr gutes Ergebnis von sozialpartnerschaftlichen Verhandlungen zwischen Dienstgeberinnen und Dienstnehmerinnen“ sei und von beiden Seiten getragen werde. Sie sieht den KV auch als Instrument, um langfristig Jobs in dieser Branche zu sichern. „Der Tenor ist: ich habe gute Leute und will sie so lange wie möglich im Unternehmen behalten, auch wenn sich ihre Aufgabe und Arbeitsweise ändern können.“

Wie der Bildungs-KV greift, soll in den kommenden Jahren regelmäßig evaluiert werden. Die Bildungskommission wird dabei die Daten zu Fortbildungen und Personalentwicklung auswerten und das Angebot auch entsprechend anpassen und weiterentwickeln. Hons findet dies genauso positiv wie die Tatsache, dass der KV vorsieht, dass Aus- und Weiterbildung in der Arbeitszeit stattfinden. Der KV zeigt den hohen Stellenwert von Aus – und Weiterbildung im Sparkassensektor. Fetik und Trixner sind davon überzeugt, dass der Schwerpunkt Bildung und die daraus resultierende Zukunftsperspektive für junge Menschen bei ihrer Berufswahl entscheidend sein wird. Erste Bank und Sparkassen sind damit jedenfalls attraktive Arbeitgeberinnen.

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