Der Betriebsratsgründer

Foto: Adobe Stock

Stefan Schwarz verbindet beruflich seine Sportbegeisterung und sein Herz für Kinder. Der Sportwissenschafter und Trainer ist seit 2009 in Graz in der städtischen Nachmittagsbetreuung von VolksschülerInnen tätig. 2020 gründete er gemeinsam mit KollegInnen einen Betriebsrat und kümmert sich nun als freigestellter Betriebsratsvorsitzender um die Interessen von 400 MitarbeiterInnen.

Ja, doch, er vermisse die tägliche Arbeit mit Kindern schon, erzählt Stefan Schwarz. Da er aber weiter nebenbei als Trainer, etwa mit fußballbegeisterten Kindern, arbeite, müsse er nicht ganz darauf verzichten und dann seien da ja auch noch seine beiden Söhne, drei und sieben Jahre alt, der ältere kickt schon fleißig. Die Betriebsratsarbeit sei aber „total spannend“ und vor allem kann er so sein Anliegen umsetzen, dafür zu sorgen, dass das Arbeitsleben für alle MitarbeiterInnen angenehmer werde. „Mir ist es wichtig, dass mit den KollegInnen gerecht und fair und wertschätzend umgegangen wird.“

Der Anstoß, für die Belegschaft der Städtischen Tagesbetreuung Graz GmbH, die in der steirischen Landeshauptstadt an 50 Schulstandorten VolksschülerInnen nachmittags betreut (hier ist die Mehrzahl der rund 400 MitarbeiterInnen tätig) sowie zudem Förderung für Kindergartenkinder etwa durch Logopädie oder Ergotherapie anbietet (in diesem Bereich sind an die 40 entsprechende Fachkräfte im Einsatz), einen Betriebsrat zu gründen, kam von einem guten Freund Schwarz’, dem GPA-Regionalsekretär Andreas Katzinger. Er selbst habe zudem zunehmend gespürt, dass eine bessere Vernetzung der KollegInnen, die einander oft nicht kennen, da sie an verschiedenen Standorten arbeiten, deren Interessen und Sorgen aber oft ähnliche sind, von Vorteil wäre. So kam die Initiative ins Rollen, einen Betriebsrat zu gründen. Bei der Wahl im März 2020 trat dann eine Liste an: die ULF, die Unabhängige Liste Freizeit- und Tagesbetreuung Graz.

Pandemie erschwert persönliche Kontakte

Als die Wahl organisiert wurde, war von der Coronapandemie noch keine Rede. Als die Wahl abgehalten wurde, war man auf Grund des inzwischen verhängten ersten Lockdowns froh, diese als Briefwahl angelegt zu haben. So konnte sie trotz Pandemie ordnungsgemäß über die Bühne gebracht werden. Als Listenerster steht Schwarz seitdem dem Betriebsrat als Vorsitzender vor. Die Pandemiesituation erschwerte dann einerseits, sofort mit allen MitarbeiterInnen persönlich in Kontakt zu treten. Andererseits war es so für die Belegschaft leichter, ihre virusbedingten Sorgen und Anliegen gebündelt dem Dienstgeber zu kommunizieren.

„Wir sind bisher zwei Mal in Kurzarbeit gewesen“

Stefan Schwarz

„Wir sind bisher zwei Mal in Kurzarbeit gewesen“, sagt Schwarz. Eltern seien angehalten worden, ihre Kinder zu Hause bleiben zu lassen. „Das schafft bei den MitarbeiterInnen natürlich Unsicherheit – werde ich meinen Job behalten?“ Da allerdings dann der Betreuungsschlüssel heruntergesetzt worden sei, hätten doch wieder mehr MitarbeiterInnen als zuvor gedacht, ihre vollen Stunden machen können. „Aber man muss sagen: das war und ist eine unsichere Zeit.“

Unsicherheiten gab es bei den MitarbeiterInnen aber auch bezüglich ihrer Gesundheit und ihrem Ansteckungsrisiko. „Die Frage war: wie kann man mit Masken, Abstand, Hygiene die Betreuung für alle möglichst sicher durchführen?“ Sorgen machten sich vor allem Schwangere und KollegInnen, die einer Risikogruppe angehörten. Sie wurden teils freigestellt, teils Maßnahmen erarbeitet, damit sie keinem Risiko ausgesetzt sind.

Daneben wurden in vielen Gesprächen, die Schwarz in diesem Jahr mit KollegInnen (zwar nicht persönlich, aber doch in vielen Telefonaten und Online-Konferenzen) führte, aber auch die grundsätzlichen Problemlagen klar. Während die einen PädagogInnen es schätzen, das Programm mit den zu betreuenden Kindern selbstständig und damit auch recht frei gestalten zu können, wünschen sich andere klarere Vorgaben. Und: obwohl es sich bei allen 50 Standorten um öffentliche Schulen handle, würden einige Einsatzorte als „das gelobte Land“ empfunden, andere seien so genannte Brennpunktschulen. Wovon das abhänge? „Vom Einzugsgebiet“, betont Schwarz. Es gebe Schulen mit überwiegend Kindern aus gutbürgerlichem Elternhaus und dann eben auch Schulen mit überwiegend Kindern aus Familien mit Migrationshintergrund.

Herausforderung „Brennpunktschulen“

Wobei Schwarz betont: nicht der Migrationshintergrund per se werde hier zum Problem. Womit die PädagogInnen an den Brennpunktschulen zu kämpfen hätten, seien einerseits schlechte Schulleistungen vieler Kinder, andererseits erhöhte Konfliktpotenziale, Raufhändel, insgesamt Aggressivität. „Mir ist es aber hier wichtig zu sagen: es ist nicht der Migrationshintergrund, der hier für Aggressivität steht.“ Es gehe vielmehr darum, wie Kinder zu Hause aufgehoben seien, was für einen Rückhalt sie in der Familie bekämen. Wenn Kinder unglücklich mit sich oder der Situation seien, würden sie „leichter aus der Haut fahren“. Kurz: es geht um die soziale Situation der Kinder.

„Es ist ein sehr fordernder Beruf. Und wenn man teilweise mit 25 Kindern alleine ist, dann wird es schwierig, wenn da auch noch ständig Konfliktlösungen unterschiedlicher Natur notwendig werden.“

Stefan Schwarz

Und hier kommt dann für die MitarbeiterInnen, die in der Betreuung von Kindern tätig sind, ein grundsätzliches Problem besonders zum Tragen: der Betreuungsschlüssel. „Es ist ein sehr fordernder Beruf. Und wenn man teilweise mit 25 Kindern alleine ist, dann wird es schwierig, wenn da auch noch ständig Konfliktlösungen unterschiedlicher Natur notwendig werden.“ Hier möchte Schwarz auf Arbeitgeberseite auch weiterhin Bewusstsein schaffen, dass weniger Kinder pro PädagogIn nicht nur eine bessere Betreuung für die Kinder schaffen, sondern auch die Arbeitsbedingungen für die MitarbeiterInnen verbessern.

Was er in seinem ersten Jahr als Betriebsratsvorsitzender schon erreicht habe? Eine bessere Vernetzung der MitarbeiterInnen einerseits, eine bessere Kommunikation mit der Geschäftsführung andererseits. Und es konnte ein Arbeitsmediziner installiert werden. Gerade in der Pandemiesituation habe sich zudem gezeigt, dass die Geschäftsführung ihrerseits über den Betriebsrat gezielter mit den MitarbeiterInnen kommunizieren konnte. „Da sieht man auch, dass es nicht immer schlecht für den Arbeitgeber ist, dass es einen Betriebsrat gibt.“ Im Vordergrund stünde aber natürlich, die Vertretung der Belegschaft zu sein.

Zur Person

Stefan Schwarz, geb. 1982 in Graz, nach der Matura Studium der Sportwissenschaften an der Uni Graz. Nach dem Abschluss zunächst selbstständig tätig, nach der Insolvenz eines großen Auftraggebers Wechsel in die Freizeitbetreuung an einer Volksschule. Inzwischen seit 2009 für die Städtische Tagesbetreuung Graz GmbH (bzw. ihre Vorgängerorganisationen) tätig. Seit März 2020 Vorsitzender des auf seine Initiative neu gegründeten Betriebsrats und für diese Tätigkeit freigestellt. Schwarz ist verheiratet und Vater zweier Buben. In seiner Freizeit sportelt und kocht er gerne.

Scroll to top