Seit Jahren weisen Beschäftigte in Kindergärten auf die problematischen Rahmenbedingungen ihrer Arbeit hin. Im südlichsten Bundesland gibt es nun nicht mehr nur Worte, sondern auch Taten: Ein neues Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz bringt eine stufenweise Verkleinerung der Gruppen in Kindergärten und Kindertagesstätten (also Krippen) sowie eine Erhöhung der Gehälter von AssistentInnen und ElementarpädagogInnen.
„Ja, das ist definitiv ein großer Durchbruch“, freut sich Silvia Igumnov im Gespräch mit der KOMPETENZ. Sie ist Frauenvorsitzende der GPA Kärnten und stellvertretende Betriebsratsvorsitzende der Arbeitsvereinigung der Sozialhilfe (AVS) in Kärnten. Das Land Kärnten habe hier in den vergangenen Monaten intensiv mit der Gewerkschaft und dem Städte- und Gemeindebund verhandelt, über Feedbackschleifen waren auch Trägerorganisationen miteingebunden. Vergangenen Freitag präsentierte dann Landeshauptmann Peter Kaiser den Entwurf für das neue Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz, das nun in Begutachtung geht und voraussichtlich kommenden Februar im Landtag beschlossen werden wird. Schlagend werden soll es dann mit Beginn des Kindergartenjahres 2023/24. GPA-Vorsitzende Barbara Teiber sieht „ein Signal für ganz Österreich“. Der Gesetzesentwurf zeige, „dass eine wirklich fortschrittliche Umsetzung besserer Rahmenbedingungen im Bereich Kindergartenpädagogik möglich ist“.
Kleinere Gruppen
Was wird sich nun in Kärnten konkret ändern? Viel. Schrittweise wird bis 2027/28 die Zahl der Kinder pro Gruppe von derzeit 25 auf dann 20 abgesenkt. Das hebt die Qualität der Kinderbildung für die Buben und Mädchen, das entlastet die beschäftigten AssistentInnen und PädagogInnen. Ihre Arbeitszeit wird zudem verkürzt: Die 37-Stunden-Woche hält Einzug. Außerdem werden die Vor- und Nachbereitungszeiten erhöht, von derzeit 2,5 auf dann fünf Stunden pro Woche für gruppenführende PädagogInnen. Alternativ kann es vier Stunden pro Woche und eine jährliche Vorbereitungswoche geben. Sowohl für ElementarpädagogInnen als auch für AssistentInnen (in Kärnten heißen sie offiziell KleinkinderzieherInnen) gibt es drei Tage für Fortbildung und Supervision pro Jahr.
Erhöht werden aber auch die Gehälter. Damit einher geht eine Zusammenführung von bisher sechs Gehaltsschemata für Angestellte privater Träger. Damit gibt es künftig statt bisher sieben nur mehr zwei Gehaltstabellen: Die der Gemeindebediensteten und jenes für MitarbeiterInnen in privaten Einrichtungen, das sich an den Kollektivvertrag der Sozialwirtschaft Österreich (SWÖ) anlehnt. Endgültig Geschichte ist damit der Mindestlohntarif in Kärntens Kindergärten. Nach diesem werden österreichweit nach wie vor viele ElementarpädagogInnen und AssistentInnen bezahlt.
Mehr Gehalt
Je nach Dienstjahr bringt das neue Gehaltsschema nun unterschiedlich hohe Gehaltserhöhungen für die in Kindergärten Beschäftigten. Über die massivste Erhöhung können sich jene AssistentInnen im siebenten Beschäftigungsjahr freuen, die derzeit unter den Mindestlohntarif fallen: Sie erhalten um 42 Prozent mehr Gehalt, wie Ralph Sternjak, in der GPA Kärnten für den Bereich Kindergärten zuständig, vorrechnet. Bisher betrug ihr Bruttolohn 1.808 Euro, künftig wird er bei 2.562 Euro liegen. Bei den ElementarpädagogInnen steigen wiederum vor allem die Einstiegsgehälter. Eine gruppenführende Pädagogin erhält nun im ersten Jahr statt bisher 2.443 Euro brutto 2.682 Euro und damit um zehn Prozent mehr als bisher. Bei dieser Veränderung noch nicht miteinberechnet sei allerdings der Umstieg von der 40-Stunden-Woche im Mindestlohntarif auf die nun vorgesehene 37-Stunden-Woche, so Sternjak.
„Es zeichnet sich aber ab, dass auch wir Personalprobleme bekommen. Wir stehen einerseits vor einer Pensionierungswelle in den nächsten Jahren.“
Silvia Igumnov
3.600 Beschäftigte arbeiten heute in Kärntens Kindergärten und Kindertagesstätten, davon 1.700 in privaten Einrichtungen. Derzeit können noch alle Gruppen weitergeführt werden, man sei also noch nicht so sehr in der Bredouille wie andere Bundesländer, wo Gruppen wegen Personalmangels geschlossen werden müssten, sagt Igumnov. „Es zeichnet sich aber ab, dass auch wir Personalprobleme bekommen. Wir stehen einerseits vor einer Pensionierungswelle in den nächsten Jahren. Und wir sehen andererseits, dass oft sehr wenige AbsolventInnen eines Jahrgangs der BAfEP (Bildungsanstalt für Elementarpädagogik) in den Kindergarten gehen, der Großteil entscheidet sich für ein Studium.“ Immer wieder sei zu hören, dass diese KollegInnen zwar grundsätzlich gerne im Beruf arbeiten würden, aber die Rahmenbedingungen derzeit einfach nicht stimmten. „Durch die schrittweise Reduzierung der Gruppengröße, die Anpassung der Arbeitszeit und die Erhöhung der Gehälter können wir da nun gegensteuern, um vor allem die PädagogInnen zu bekommen, die wir brauchen“, so die Kärntner GPA-Frauenvorsitzende.
„Durch die schrittweise Reduzierung der Gruppengröße, die Anpassung der Arbeitszeit und die Erhöhung der Gehälter können wir da nun gegensteuern, um vor allem die PädagogInnen zu bekommen, die wir brauchen.“
Silvia Igumnov
WiedereinsteigerInnen
Damit werde künftig auch Frauen allgemein geholfen, betont sie. „Wir bekommen inzwischen vermehrt Anfragen von Frauen, die wieder in den Beruf einsteigen wollten, aber den Arbeitsplatz nicht annehmen konnten, weil sie keinen Kinderbetreuungsplatz bekommen haben. Es geht also nicht nur um die KollegInnen in den Kindergärten. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie betrifft alle.“ Vom Barcelona-Ziel, das Betreuungsplätze für zumindest 33 Prozent der Unter-Drei-Jährigen vorsieht, sei man derzeit in Kärnten noch weit entfernt. „Wir liegen jetzt bei 25 Prozent bei den Unter-Drei-Jährigen. Da müssen wir wirklich aufholen.“
Gelingen soll auch das nun durch die Umsetzung des neuen Kärntner Kinderbildungs- und -betreuungsgesetzes. Denn dieses verpflichtet die Gemeinden Plätze in Kindertagesstätten und Kindergärten für alle Ein- bis Sechsjährigen im Ausmaß von mindestens 20 Wochenstunden zur Verfügung zu stellen.
Der Kindergarten und die Kindertagesstätte sind seit diesem Kindergartenjahr übrigens für alle Kinder in Kärnten ab einem Jahr kostenfrei: Hier greift das Kinderstipendium. „Kindergarten ist Kinderbildung“, betont dazu Igumnov, „für die Schule zahle ich auch kein Geld, warum also soll Kinderbildung im Kleinstkindalter die Eltern etwas kosten“. Damit sei auch gewährleistet, dass Eltern ihre Kinder nicht auf Grund der aktuellen Teuerungen vom Kindergarten oder der Kindertagesstätte abmelden.